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Care & Corona

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Schreibaufruf #1Link kopieren

An dieser Stelle sammeln wir in den nächsten Wochen und Monaten alle eingereichten Beiträge, die uns über careundcorona@kardinal-koenig-haus.at erreichen.
Da die Seite noch im Entstehen ist, wird sich die Darstellung im Laufe der Zeit ändern – wir freuen uns aber jetzt schon über Ihre Beteiligung!

Nadja Sattmann, Pädagogin und Programmassistentin, Kardinal König Haus
Klaus Wegleitner, Assoc. Prof. Universität Graz, Obmann Verein Sorgenetz
Patrick Schuchter, stv. Leiter Hospiz, Palliative Care, Demenz, Kardinal König Haus, wiss. Mitarbeiter Universität Graz

Alle Infos zur Aktion:

PDF-Datei: Care & Corona – Informationsplakat

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Osteopathie in Zeiten von Corona

In gewisser Weise befinden wir uns gerade in einem kollektiven Trauma, jede von uns je nach ihrer persönlichen Geschichte etwas anders davon betroffen. Wir haben große Möglichkeiten der Resilienz, das gibt uns Hoffnung, gut damit umgehen zu können, aber da ist etwas, das mit uns allen passiert:

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Unsere Körper müssen geschützt werden und der einzige Schutz, den wir ihnen anbieten können ist, sie aus dem Leben möglichst auszugrenzen, abzuspalten. Wir sind in gewisser Weise kollektiv dazu aufgerufen, unseren Körpern keinen
Platz mehr in der Gemeinschaft zu geben. Gemeinschaft kann momentan nur in virtuellen Räumen im virtuellen Kontakt stattfinden. Reale Begegnungen bedeuten Gefahr. Gelebte Körperlichkeit bedeutet Gefahr für die Integrität des
Körpers, dabei ist ja Körperkontakt die Voraussetzung für Beziehung und das Erleben von Kohärenz des eigenen Körpers und der Situation.

Dieses Dilemma verdichtet sich für unsere Tätigkeit als Osteopathinnen in besonderer Weise und es ist eine große Herausforderung, damit umzugehen. Es wird immer deutlicher, dass wir auf längere Zeit nicht so arbeiten werden
können, wie wir es gewohnt sind. Und damit sind nicht nur Monate, sondern vielleicht Jahre gemeint. Die Zeit des social distancing wird in unserer Art des Soziallebens Spuren hinterlassen, wir werden es nicht mehr gewohnt sein,
Menschen zufällig zu berühren, in der Straßenbahn beiläufigen Körperkontakt mit wildfremden Menschen zu haben.

Für mein therapeutisches Selbstverständnis und für meine therapeutische Praxis bedeutet das, dass jedes direkte Körperkontakt-aufnehmen mit viel mehr Bedeutung beladen ist, weil es auch eine potentielle Gefährdung darstellt. Berühren bedeutet, mich und den anderen vielleicht in Gefahr zu bringen. Das wird abfärben auf den Moment des Berührens, es wird sich immer die Frage einschleichen, ob das jetzt wirklich notwendig ist oder ob ich den Impuls auch anders vermitteln oder initiieren kann oder ob die Patientin diesen Impuls sich vielleicht selber geben kann? Wir werden uns innerlich umorientieren und nicht mehr aus dem gewohnten Flow heraus arbeiten können. Das kann einen Verlust von Rhythmus und von Reziprozität bedeuten, einen Bruch in der Resonanz, die zwischen mir und meiner Patientin abläuft und den therapeutischen Prozess mitbestimmt. Das, was ich mir über lange Zeit erarbeitet habe, dass ich ein Bewusstsein für das therapeutische Feld entwickelt habe, erleidet einen radikalen Schnitt. In den unmittelbaren
Erlebens-Prozess schiebt sich ein kognitives Abschätzen, Abwägen ob, das, was aus der Situation heraus angebracht scheint, auch unter den gegebenen Umständen vertretbar ist.

Wie kann ich unter diesen Umständen sinnvoll arbeiten?
Ich stelle mir vor, wie ich einer Patientin mit Schutzmaske und Schutzkleidung begegne, schon der erste Moment der Begegnung, das einander in die Augen schauen, sich aufeinander mimisch einstellen, ist verändert. Ich sehe die
Augen, aber nicht, ob ich angelächelt werde oder ob sich im Gesicht Spannung abzeichnet, wir können einander nicht die Hand geben und sind bemüht, einander nicht zufällig zu nah zu kommen. Wir klären die Situation ab und ich beginne mit Schutzkleidung und Plastikhandschuhen zu arbeiten. Was kann ich mit den Handschuhen wahrnehmen? Das erste haptische Empfinden, das ich habe, sind die Handschuhe selbst, der Reiz, den sie auf meine Haut ausüben. Es ist ein Engegefühl und ein Fremdkörpergefühl, eine Grenze, die zwischen mich und meine Patientin eingezogen ist. Ich muss versuchen, diese Empfindung zu überwinden, zu ignorieren, um das haptische Erleben des (Haut)Kontakts mit
der Patientin wahrnehmen zu können, die actio palpationis als das zentrale Agens der osteopathischen Behandlung (A. Kaiser, 2018). Diese Situation ist verändert, aber ist sie handhabbar? Wie kann ich diese Situation gestalten,
sodass das zentrale Moment der therapeutischen Beziehung, nämlich die Begegnung, trotzdem stattfinden kann? Was sind meine persönlichen Parameter, an denen ich festmachen kann, ob ich mich noch in einer therapeutischen Beziehung befinde oder ob die Behandlung zu einer mechanischen Handlung geworden ist?

Das zentrale Moment der Begegnung ist für mich, wenn im therapeutischen Raum so etwas wie eine Dichte entstehen kann. Eine Dichte, die aus der Begegnung mit der Patientin in ihrer Körperlichkeit entsteht. In diese Wahrnehmung der Dichte hat sich aber etwas hineingeschoben, nämlich Zwischenschichten von Gummi(handschuhen) und Angst und Vorsicht, die sich aus der speziellen Situation heraus ergeben. Kann ich diese Dichte, die sich aus dem Kontakt heraus ergibt, trotzdem wahrnehmen? Was kann mir helfen, in Kontakt mit der Situation, mit der Patientin, mit meinem Erleben zu bleiben?

Wenn wir uns in so einer veränderten Situation befinden, und die Situation, in der wir uns befinden entspricht durchaus einer Stresssituation oder sogar einem kollektiven Trauma, gilt es, sich auf Ressourcen zu beziehen, mit Ressourcen in Kontakt zu treten und diese aufzubauen. Was sind diese Ressourcen speziell für uns Osteopathinnen? Ich denke ein wichtiger Aspekt ist unsere Erfahrung. Wir können auf einen reichen Schatz an haptischer Erfahrung, aber auch an Beziehungserfahrung zurückgreifen. Wenn wir einen Menschen in seiner Mimik nur teilweise sehen können, können wir – auch wenn wir nicht das ganze Gesicht sehen - vielleicht aus der Wahrnehmung der Augen heraus mithilfe unserer Erfahrung und Intuition das Gesicht vervollständigen und erkennen, ob er lächelt oder angespannt ist. Wir entwerfen auch aus dem, wie sich ein Mensch bewegt aus unserer Erfahrung heraus ein Bild von den feinen Nuancen der Bewegung,
auch wenn der Mensch bekleidet ist und wir nicht unmittelbar sehen können, auf welchem Niveau der Wirbelsäule eine Blockade ist. Wir verknüpfen, wir kreuzen dieses unmittelbare Erleben mit unserer Erfahrung, mit dem was sich
an haptischen Inputs in unserem Körper zu einem Referenzsystem entwickelt hat, in das neue Erfahrungen eingeordnet werden können.

Genauso haben wir ein Referenzsystem für Berührung in uns, wir haben sozusagen unsere Hände im Kopf. Und damit kann es uns gelingen, das, was im Hier und Jetzt nur unter erschwerten Bedingungen spürbar ist, zu übersetzen,
vorausgesetzt, es gelingt uns, trotz widriger Umstände im Hier und Jetzt präsent zu sein. Präsent zu sein meint, mit dem unmittelbaren Erleben in Kontakt zu sein, auch wenn dieses Brüche aufweist. Präsenz meint, mit diesen Brüchen, Widersprüchen sein zu können, ohne aus dem Erleben hinauszukippen. Es meint, in einer inneren Verbundenheit, in einer Kohärenz mit der Situation sein zu können und den daraus entstehenden Spannungen freundlich zuzuschauen, ohne sie wegzudrücken. Es meint auch, mit dem eigenen Körper in einer Verbundenheit zu sein, mit dem eigenen Körper so in
Kontakt zu sein, dass die Hände aus der inneren Wahrnehmung der Situation heraus berühren können. Es meint „Körper sein“ und nicht den Körper mechanisch einzusetzen, ohne damit innerlich verbunden zu sein. Es meint, achtsam zu sein, ob ich unter den erschwerten Bedingungen wirklich mit mir, der Patientin und der Situation in Kontakt bin oder ob ich mich aus der Situation zurückziehe und meinen Händen beim Arbeiten zuschaue. Dann wäre ich im Modus der Trennung von Körper und Geist und in diesem Modus gelingt es nicht, die Komplexität der osteopathischen Behandlungssituation zu
erfassen. Dann wäre ich in einem Zustand der Dissoziation, wie es traumatisierte Menschen sind, wenn die Wahrnehmung der Situation zu schmerzhaft wäre und die Dissoziation eine Strategie ist, diesen Schmerz nicht
wahrnehmen zu müssen.Es gilt also, sich das Irritierende in einer guten Dosierung - titriert – zuzumuten, damit es in der Situation da sein kann, ohne dass ich aus der Situation hinausgehen muss. Wir sind also in der momentanen Situation in unserer Selbstregulation auf eine besondere Art gefordert und es braucht eine
besondere Art der Selbstfürsorge.

Regina Novy

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eine einladung
(nach Joh 20,19-31)

eintreten ist gerade nicht erlaubt
auch nicht durch offene türen
hier im zimmer ist kuchen und kaffee
durch den mundnasenschutz kannst du es riechen
(mit einem baby-elefanten-abstand)

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anhauchen ist eindeutig verboten
du wohnst nicht im gemeinsamen haushalt
versteh: in offene wunden greifen geht nur
mit ffp3-maske und einmalhandschuhen
beides ist gerade nicht zu bekommen
und wird in den krankenhäusern dringender gebraucht
ich lege dir meine frage vor die tür
auf den fußabstreifer
dort kannst du auch die antwort hinstellen
im einkaufssackerl mit dem wechselgeld
wasch deine hände mit seife:
daran werde ich dich erkennen

Michaela Hirzer-Weiß

a4854

Ich komme mit der aktuellen Situation der Corona Krise mittlerweile ziemlich gut klar.

Es war am Anfang ziemlich ungewohnt und auch ein bisschen verängstigend. Nach einiger Zeit muss ich aber sagen, dass man dann schnell seinen Tagesablauf findet und auch mal Zeit für andere Sachen hat, zum Beispiel Sport.
Ich habe gemerkt, dass es auch positive Seiten hat, zuhause zu sein. Man kommt viel mehr dazu, mal auf seine Gesundheit zu schauen. Jeden Morgen gehe ich jetzt laufen und nachmittags Radfahren.

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Mit meinen Freunden kann ich mich ja jetzt leider nicht treffen, aber auch für das gibt es eine Lösung. Ich chatte jeden Tag mit meinen Freunden auf Houseparty mittels Video. Wenigstens kann man sich dann dabei sehen.
Leider war das Osterwochenende nicht wie immer, keine Familienfeiern oder Sonstiges.
Es ist schon gut so, denn wenn wir alle zusammenhalten und so wenig wie möglich unter Menschen sind, können wir wieder schneller zur Normalität zurückkehren.

Jasmin, 16 Jahre

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Corona-Krise: die größte Challenge unserer Zeit

Schulen und Kindergärten werden geschlossen, Veranstaltungen werden abgesagt, Geschäfte werden geschlossen und das alles von heute auf morgen. Mundmasken und Abstand halten werden von nun an zu unserem Alltag gehören. Die Auswirkungen des Coronavirus sind drastisch, ein sehr großer Schreck für alle. Wir verbringen nun mehr Zeit zu Hause, statt in Fußballstadien oder in den Lokalen. Plötzlich ist Zeit im Überfluss vorhanden.

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Diese Zeit ist nicht nur für Schüler, sondern auch für Lehrer eine große Umstellung. Auf einmal heißt es E-Learning und Homeoffice. Viele haben immer davon geträumt, alles von zu Hause aus zu erledigen, doch ob damit alle zufrieden sind, ist schwer zu sagen. Es gibt nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile, die man aus der Zeit mit Corona bzw. Covid-19 ziehen kann.
VORTEILE:
•    Mehr Zeit für die Familie, Kinder, …
o    Filme schauen
o    Gesellschaftsspiele spielen
•    Mehr Zeit für sich selbst
o    Sport
o    Lesen
o    Musik
•    Mehr Zeit für Renovierungsarbeiten
o    Garten, Haus,…
•    Mehr Wert auf Hygiene
o    Mundmasken
o    Desinfektionsmittel
o    Handschuhe
•    Natur und Umwelt Verbesserungen
o    Delfine an den Küsten
o    Luftqualität steigt (Abgaswerte sinken)
o    Klares Meerwasser (Bsp. in Venedig)


NACHTEILE:
•    Viele fühlen sich eingesperrt und einsam
•    Kein Kontakt mit Verwandten, Großeltern, Freunden,…
•    Vieles geschlossen
•    Viele Arbeitslose
•    Geringerer Lohn
•    Kleine Unternehmen sterben aus
•    Urlaube, Konzerte, Sportveranstaltungen bzw. allgemeine Veranstaltungen fallen aus oder werden verschoben
•    Umstellung für Schüler, Lehrlinge und Arbeiter

Vanessa, 18 Jahre

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Corona-Zeit

Zu Beginn dieser Zeit war es für mich eine große Umstellung, mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, zu Hause zu sein. Meine Freunde und Familie vermisse ich sehr, jedoch nutze ich viele Apps z.B. Houseparty oder Facetime, um mit ihnen in Kontakt zu bleiben.

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Distance learning war für mich am Anfang sehr ungewohnt und ich hatte Probleme mich zurecht zu finden, aber mittlerweile komme ich ganz gut damit klar und bin besser organisiert.
Ich bin noch immer wahnsinnig traurig darüber, dass wir nicht nach Irland geflogen sind. Finde aber, wir haben die bessere Entscheidung getroffen, auch wenn ich gerne das Praktikum absolvieren wollte.
Ich hoffe weiterhin, dass meine Freunde und Familie gesund bleiben und diese Krise bald endet.

Celine, 17 Jahre

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Ich bin froh, dass die Regierung früh genug reagiert hat

... weil es hätte viel schlimmer ausgehen können. Für mich ist es noch angespannter, weil meine Großeltern im gleichen Haus wohnen, wie ich. Natürlich gehen wir auf Abstand. Ich finde, wir haben es besser erwischt, dass wir ein Monat „normal“ Schule hatten und jetzt die restliche Zeit e-learning. Mir fehlen meine Freunde sehr, wir telefonieren jeden Tag über Video, aber das ist halt nicht das Gleiche. Bin noch immer sehr traurig wegen Irland, weil ich 2 Jahre auf diesen Moment gewartet habe. Leider ist es nicht in Erfüllen gegangen. Hoffe, es wird alles bald wieder normal sein.

Marco, 18 Jahre

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CORONA Zeit

Es ist ungewohnt mit dieser Situation umzugehen, jedoch gewöhnt man sich sehr schnell daran. Am schwierigsten finde ich, den Kontakt zu Freunden und Familie komplett zu reduzieren. Sehr froh bin ich, dass wir mit unserem Lernstoff schon sehr weit fortgeschritten waren. Daher ist es sicher leichter, von zu Hause aus Unterricht zu haben.

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Darüber, dass wir nicht nach Irland fliegen konnten, bin ich sehr traurig. Ich finde es jedoch besser, dass wir nicht fliegen durften, denn es hätte passieren können, dass wir nicht mehr zurück nach Österreich hätten reisen dürfen.
Diese Zeit ist für niemanden leicht und jeder würde sich wünschen, dass bald alles wieder normal wäre. Für mich gibt es hier zwei große Vorteile: die Natur und unsere Gesundheit.

Sabrina, 19 Jahre

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Ich komme in der jetzigen Zeit relativ gut zurecht.

Ich habe angefangen jeden Tag zu kochen, mich gesund zu ernähren und regelmäßig Sport zu machen. Da ich in einer Wohngemeinschaft wohne, muss ich auch nicht auf den sozialen Kontakt verzichten. Ich habe meine engsten Freunde um mich herum. Wir spielen Gesellschaftsspiele und reden viel miteinander.

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Mit dem distance learning komme ich nicht so gut zurecht, da mir die Routine fehlt. Des Weiteren habe ich keinen Schreibtisch und werde ständig von meinen Mitbewohnern abgelenkt. Es fällt mir einfach sehr schwer, mich hinzusetzen und die Arbeitsaufträge zu erledigen.
Ich habe es sicher nicht so schwer wie andere, die zum Beispiel ganz alleine wohnen, aber ich bin froh, wenn diese Zeit bald wieder vorbei ist.

Martina, 18 Jahre

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Corona

Jeder Tag hat seinen Sinn
Jede Mühsal auch Gewinn
Was wir wirklich wichtig nennen
Lässt sich richtig erst erkennen

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Wenn dein Alltag nicht mehr ist
Wenn du in der Krise bist
Wonach ich lechze, suche, strebe
Wofür ich arbeite und lebe
Manches droht kaputt zu gehen
Manches bleibt ganz fest bestehen
Mit Hoffnung, Liebe und Vertrauen
Kann jeder in die Zukunft schauen
Und schärft sich langsam erst der Blick
So näher ich mich Stück für Stück
Meines Lebens täglich Brot
Das mich auch durchträgt durch die Not
So werd´ich niemals untergehen
Und die Krise auch verstehen

Maddalena Wengersky

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Wie ich die Coronakrise erlebe

1.    Helferline
In der Coronakrise wurde für viele ältere Menschen der gravierende Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein sehr deutlich. In meiner Gemeinde wurde bereits in der ersten Woche der Krise eine Helferline gegründet, in deren Rahmen Freiwillige ältere Menschen mit dem Notwendigsten, vom Lebensmittel bis hin zu Medikamenten versorgt haben. Da ich selbst zur Risikogruppe zählte, bot ich an, das zu machen, was erlaubt und mir auch leicht von der Hand geht: Telefonieren, Zuhören, Plaudern. In kürzester Zeit führte ich regelmäßige – am Anfang sogar tägliche Telefonate mit 9 älteren MitbürgerInnen, die alle dankbar für die Ansprache waren.

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Geredet wurde nicht nur über die Krise, sondern einfach über den Alltag, was es zu essen gibt oder über Bücher und das Fernsehprogramm. Nach 2 Wochen dann aber war deutlich zu spüren, wie sehr diese Menschen den physischen Kontakt mit den Kindern, Enkel und Nachbarn vermissen. Den gesamten Tag in den eigenen 4 Wänden – vollkommen allein – zuzubringen stellte eine enorme Belastung dar. Da waren die oft sehr langen Telefonate sehr willkommen und ich habe das sehr, sehr gerne getan und habe mich auf meine Gesprächspartner immer sehr gefreut, auch wenn – oder gerade weil - das eine oder andere Telefonat schon sehr viel Tiefgang bekam. Ich war und bin bestürzt darüber, wie einsam manche älteren Menschen sind und ich als Mitbürger davon bisher keine Ahnung hatte. Bis auf einige wenige Ausnahmen sind diese Telefonate wegen der wieder möglichen sozialen Kontakte nicht mehr so notwendig, was aber bleibt ist eine latente unfreiwillige Einsamkeit. Wie schön wäre es, wenn sich diese Menschen auch ohne Krise immer an wen wenden könnten, wenn es in der Seele zwickt? Auch wenn sich viele ehrenamtliche Helfer und großartige Sozialorganisationen um das Notwendigste kümmern, um diesen Menschen zur Seite zu stehen, wünsche ich mir die Bewältigung der Einsamkeit durch uns alle. Es tut gut, für andere da zu sein.


2.    Trauergruppe
Nach einem halben Jahr der 2019 wieder ins Leben gerufenen Trauergruppen des Hospiz Vereins Mödling, fiel die im März 2020 geplante Begegnung dem Shut down zum Opfer. Umso schöner war der Neubeginn im April 2020, mit Mundnasenschutz, Distanz und ganz besonderer Achtsamkeit. Die TeilnehmerInnen und die BegleiterInnen gleichermaßen haben diese monatlichen (jetzt sogar 2 – wöchigen) Treffen so sehr vermisst und waren so glücklich, dass wir einander wieder begegnen durften. Noch bewusster wurde uns die Wichtigkeit des Dialogs, des Austausches und des gegenseitigen Verständnisses in der Trauerphase. Wir reden viel über die einzelnen Schicksale und die Bewältigung der Trauer, sei es durch Kontakte mit der Familie, vielen Gesprächen oder auch über die Bedeutung von Ritualen. Corona hat diese Trauerarbeit nicht gestoppt und wir machen weiter, mit denen, die immer wieder dazu kommen aber auch mit denen, die neu dabei sein wollen. Für mich persönlich ist es sehr schön mitzuerleben, wie sehr der Erfahrungsaustausch über die Trauer und die Anteilnahme und Wertschätzung durch andere Menschen hilft, mit dem erlittenen Verlust besser umgehen zu lernen und wieder für sich selbst gut zu sorgen.

Friedrich Schwarzkopf

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Am Anfang der sogenannten Krise haben wir fast jeden uns entgegenkommenden Menschen gegrüßt

... und haben uns meistens auch angelächelt.
Wir waren hilfsbereit. Ich habe Masken hergeschenkt und selbst z.B. Obst oder ein herzliches Danke bekommen.
Der zurückgekommene Dank hat mein Herz berührt. Weil er so echt war.

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Mit den Lockerungen sind dann auch wieder die Aggressionen gekommen. Im Verkehr, beim Einkaufen überall dort, wo sich mehr Menschen aufhalten. Beim Versuch des Abstandhaltens hat mich eine Frau angepfaucht und mir das Tragen einer Maske empfohlen.
Ich denke immer wieder an die Existenzängste von Menschen, die Vieles in dieser Zeit verlieren oder verloren haben.
Statt der Aufrufe doch wieder zu konsumieren und zu kaufen (mit welchem Geld?), wünsche ich mir soziale Werbung, die Herz und Verstand anspricht und uns an die Freundlichkeit und Achtsamkeit am Anfang dieser Krise erinnert.

Felicitas Pflichter

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Die Pandemie hat uns überrollt wie eine mächtige Welle

Wo wir auch gerade standen: es galt, sich festzuhalten, sich fortlaufend neu zu orientieren, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Es war nicht vorauszusehen, wie schnell und wie heftig es bei uns kommen würde. Diese Unsicherheit löste zeitgleich Aktionen auf verschiedensten Ebenen aus.

Die Welle ebbt ab und hinterlässt eine veränderte Welt. Jetzt scheint die Zeit gekommen, einen ersten Rückblick zu halten zu auftauchenden Fragen, auch aus der Perspektive der Palliative Care – dies im Bewusstsein, dass es nur eine von vielen Perspektiven sein kann.

Dabei beschäftigen mich seit dem Beginn der Krise die folgenden drei Hauptthemen:

Die Frage der Verteilung beschränkter und/oder sich verknappender Ressourcen

Das Reden und Entscheiden über Sterben und Tod – eine sensible Gratwanderung

Der ethische Konflikt zwischen Schutzmassnahmen und Persönlichkeitsrechten

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Allgemeines

Im Raum standen zu Beginn das Fehlen von ausreichend Schutzmaterial für alle Bereiche, die Angst vor den fehlenden Intensivbetten und der Zeitdruck zur Bereitstellung des Allernötigsten. Jede und jeder machte sich Gedanken im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich, musste sich neu organisieren, stiess an Grenzen. Dasselbe geschah mit den Unternehmen, den Verbänden und Institutionen. Die Entscheidungsträger waren stark gefordert, das Schiff auf Kurs zu halten und niemanden dabei zu vergessen.

Professionelle im Bereich der Versorgung von Covid-19 Erkrankten kamen an ihre Grenzen. Die Langzeitpflege, in Sorge um die Gefährdung der BewohnerInnen und konfrontiert mit den Folgen des Besuchsverbots für die Angehörigen, war ebenfalls stark gefordert. Die berufseinschränkenden Massnahmen in den Arztpraxen und Spitälern hingegen führten zu einer paradoxen Unterbeschäftigung.

Versorgungssicherheit und Verteilungsgerechtigkeit

Bald zeigte sich, dass vor allem für den ambulanten Bereich zu wenig Test- und Schutzmaterial zur Verfügung stand, auch, weil man sich sehr stark auf den stationären Bereich konzentriert hatte. Die Organisation des Nachschubs war für viele unübersichtlich und führte gezwungenermassen zur unnötigen Reduktion einiger Dienstleistungen. Palliative ostschweiz z.B. musste zum Schutz der Freiwilligen die wichtige Arbeit der Hospizgruppen gänzlich einstellen, weil nicht genügend Schutzmaterial zur Verfügung stand.

Triagekriterien und Patientenwünsche

Die SAMW stellte Triagekriterien zusammen für den Zugang zur Intensivmedizin1. Die Entscheidung liegt bei den Intensivmedizinern, der Schwerpunkt liegt auf der Prognose. Der Patientenwille wird (in gewissem Gegensatz zum analogen Grundlagendokument der Deutschen Gesellschaft für Intensivmedizin2) vor allem im Fall einer Ablehnung berücksichtigt.

Palliative.ch erhielt vom BAG den Auftrag zur Bereitstellung eines Instrumentes zur Klärung von Behandlungswünschen im Fall einer Covid-19 Erkrankung, also einer Art Zusatz Covid-19 zur Patientenverfügung. Eine aus den verschiedenen Fachgruppen zusammengestellte Taskforce Corona bearbeitete über mehrere Entwürfe den BAG-Auftrag. Der zentrale Bestandteil: ein gut formuliertes Informationsblatt3 über die bis dahin bekannten Verläufe und Prognosen einer Intensivbehandlung als Entscheidungshilfe. In der Endversion fehlend: ein mit der Information kongruentes, einfaches und rechtsgültiges Dokumentationsinstrument des Patientenwillens4. Die Strategie: Das Informationsblatt ist einerseits auf der homepage von palliative ch unter Fokus Corona aufgeschaltet, anderseits wurde die vorletzte Fassung im April den Sektionen und den grossen nationalen Verbänden im Gesundheitswesen zugestellt. Die Vernehmlassung: breit abgestützt in den involvierten nationalen medizinischen Verbänden. Die Trägerschaft: siehe Logos auf dem „Informationsblatt5 zum neuen Coronavirus“– die jetzt aufgeschaltete letzte Version wurde nach dem Erscheinen im April ergänzt um die Logos der Schweizerischen Patientenorganisation und um dasjenige von exit. Dieses erstmalige Zusammengehen von Palliative Care und Sterbehilfeorganisation wirft ethische und politische Fragen auf.

Der Mensch im Zentrum oder das Bedürfnis des Systems?

Die Gesundheitsdepartemente der Kantone ihrerseits beauftragten unterschiedliche in der Palliative Care tätige Gremien mit der Erstellung von an Covid-19 angepassten ACP- und Behandlungsleitlinien für Fachleute. In der Ostschweiz gehören zu diesen sorgfältig erstellten, an die lokalen Gegebenheiten angepassten Dokumenten die für das Gesundheitsdepartement St.Gallen unter der Mitarbeit von palliative ostschweiz erstellten „Leitlinien Covid-19“6, rsp. das „Entscheidungsfindungsinstrument Covid-19“7 sowie die im Auftrag des Kantons Thurgau von der Leitung der Palliativstation Münsterlingen erstellten „Empfehlungen für das Kernteam Hausarzt/-ärztin/Pflegefachperson für die Palliative Behandlung von Covid-19 Patienten und Patientinnen im ambulanten Bereich“.

Die Zielrichtung seitens der SAMW-Richtlinien war gegeben: die Intensivbehandlung sollte primär Menschen vorbehalten sein mit ausreichender Überlebenswahrscheinlichkeit. Um der Selbstbestimmung aller jedoch auch im Fall einer rasch eintretenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes Rechnung zu tragen, sollte in der Gruppe der gefährdeten Personen die vorausschauende Planung ACP gefördert und wenn möglich rechtzeitig und klar dokumentiert werden. Dem ist aus individualethischer Sicht grundsätzlich nichts entgegenzuhalten.

Sozialethisch kann es allerdings heikel werden, wenn Gruppen für die Implementierung der ACP gezielt ausgewählt werden: alte, demente, schwerkranke Menschen oder auch jüngere mit einer Beeinträchtigung. Auch wenn aufgrund der geringen Überlebenswahrscheinlichkeit nach einer längerdauernden Intensivbehandlung die Best Care sehr oft tatsächlich im Verzicht auf letztere besteht, und auch wenn das Gespräch mit dem Ziel, den Patientenwillen gerade hier bestmöglich zu eruieren, sicher mehr als sinnvoll ist, ist der Gedanke an eine gewisse gesellschaftlich gesteuerte Selektion nicht ganz von der Hand zu weisen.

Dieses Problem könnte entschärft werden, wenn die Überlegungen zu gewollten/nicht gewünschten Therapien im Fall einer vor der Tür stehenden schweren Erkrankung von allen gemacht würden, also im Rahmen einer public health Aktion und nicht nur in den Langzeitinstitutionen und auf Palliativstationen. Das aber würde ein gesellschaftliches Umdenken erfordern – sich zu Sterben und Tod Gedanken zu machen, auch wenn man selber (noch) nicht erkrankt ist. Eine nationale Kampagne hierzu – z.B. analog dem Aufruf zur Einhaltung von Hygienemassnahmen - könnte diesen Diskurs anstossen9, wobei auch respektiert werden muss, dass sich manche Menschen mitten in einer Krisenzeit verständlicherweise nicht mit weiteren schwierigen Gedanken belasten möchten.

Schutz um jeden Preis?

Die Schweiz ist vor einer ganz grossen Welle verschont geblieben. Die implementierten Massnahmen haben Wirkung gezeigt. Das Gesundheitswesen wurde in den meisten Kantonen nicht wie befürchtet überlastet. Trotzdem wurde auch so deutlich, dass der Pflegebereich mit allen Mitteln gestärkt werden muss.

Und es gibt Verlierer: neben denjenigen, die jetzt um ihre Firmen und Arbeitsplätze bangen müssen, ist auch an die alten Menschen in den Alters- und Pflegeheimen zu denken. Sie wurden bestmöglich betreut, und in den meisten Fällen erfolgreich vor einer Ansteckung geschützt. Manche konnten sich erstaunlich gut mit der veränderten Situation abfinden, was wohl der Lebenserfahrung, sicher aber auch dem grossen Einsatz der Betreuungsteams zu verdanken ist. Gerade die von einer Demenz Betroffenen jedoch, sowie die schwerkranken und sterbenden Menschen, getrennt von ihren vertrauten Familien, konnten das ihnen Auferlegte zum Teil kaum verstehen und litten ohne Zweifel unter Verunsicherung, Angst und Einsamkeit. Familien konnten ihre Sterbenden nicht wie gewohnt begleiten, und trauernde Hinterbliebene ihre Toten nicht würdig verabschieden.

Auch wenn die Selbstbestimmung aller Generationen in der Pandemiesituation zwingend eingeschränkt werden musste, stimmen Aussagen wie die folgende doch sehr nachdenklich: „Ich würde lieber meinen Enkel vor meinem Tod noch einmal sehen, als geschützt zu sein vor einer Coronaansteckung“. Sie werfen die Frage auf, wo in dieser Situation die ganz persönliche Entscheidungsfreiheit unserer betagten Mitmenschen verortet werden kann. Hierzu nimmt auch der renommierte Altersforscher Prof. Andreas Kruse, Heidelberg, eindeutig Stellung.

Bei all diesen Denkanstössen stellen sich nun für alle Organisationen und Institutionen, gerade auch für die so plötzlich gleichsam ins Zentrum geworfene Palliative Care, die Fragen, was wir beitragen konnten zum guten Verlauf und welche Erkenntnisse wir gewonnen haben, aber auch, welche Werte wir spezifisch in einer Pandemiesituation zu verteidigen haben und was ein nächstes Mal von Anfang an anders angegangen werden müsste.

Christine Luginbühl-Grossenbacher

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Tag und Nacht und auch am Wochenende

„Natürlich habe ich Angst vor Corona“, sagt Shukria, „ich bin ja nicht blöd“. Shukria ist 21 Jahre alt und kommt aus Afghanistan. Seit bald zehn Jahren lebt sie in Wien. Deutsch kann sie besser als Dari, in Wien hat sie den Schulabschluss und ihre Berufsausbildungen gemacht und sie ist stolz, als junge Frau selbstständig und eigenverantwortlich zu leben. Bei einer großen sozialen Organisation arbeitet sie als Betreuerin von COVID19-PatientInnen.

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Nach Österreich geflüchtet ist sie noch als Kind. Mehrere Jahre hat die Flucht gedauert und bis nach Wien durchschlagen musste sie sich ohne Eltern. Ihre zwei kleinen Brüder hat sie an der Hand mitgeführt, über Brücken und Stege getragen und auf dem Weg getröstet, damit sie nicht laut weinen. Eigentlich hatte sie schon als Zwölfjährige die Verantwortung einer Erwachsenen. Zu den üblichen Problemen von Jugendlichen kamen bei ihr die Sorge um die Eltern, die erst Jahre später nach Österreich nachkommen konnten, das Einfinden in die neue Gesellschaft, die Herausforderung, ohne jegliche Unterstützung Deutsch zu lernen und sich dann für eine Berufsrichtung zu entscheiden. Als 15-Jährige engagierte sich Shukria bereits ehrenamtlich als Dolmetscherin und lernte so mehrere Projekte im Sozialbereich kennen. Deswegen stand ihr Berufswunsch bald fest: Betreuerin. Mit nur 21 Jahren hat sie bereits etliche Jahre an Erfahrung gesammelt.

In ihrer Betreuungseinrichtung für Corona-Kranke arbeiten die BetreuerInnen im Wechseldienst: Tag und Nacht und auch am Wochenende. Sie sind AnsprechpartnerInnen für Wünsche und Anliegen der PatientInnen, erkundigen sich nach ihrem Wohlbefinden, erklären geduldig, warum niemand unerlaubt die Einrichtung verlassen darf, leisten erste Hilfe und rufen bei Anlass die Rettung, geben Essen aus und erleichtern den PatientInnen so weit wie möglich ihren Alltag. Shukria schätzt den Umgang durch die Vorgesetzten und das Klima im Team. Man hält zusammen und motiviert sich gegenseitig. Denn die Arbeit im Sozialbereich kann hart sein. Psychisch und körperlich belastend sind Radldienste, die generell im Sozialbereich die Norm darstellen, sowie die Problematiken, denen sich BetreuerInnen in ihrem herausfordernden Tätigkeitsbereich ausgesetzt sehen. Auch die Bezahlung fällt in Betreuungsberufen unterdurchschnittlich aus. Zusammenhalt und Respekt für ihr Engagement ist oft die einzige Wertschätzung, die BetreuerInnen erwarten können.

Respekt vor der Krankheit haben alle im Team, nicht nur wegen der Medienberichte oder der Kranken, die sie tagtäglich umsorgen: Shukrias Oma ist erst vor wenigen Wochen in Afghanistan an Corona gestorben. Umso mehr ist es ihr ein Anliegen, dass die PatientInnen gut betreut werden. Deswegen kommt sie Tag für Tag und auch bei Nacht in den Dienst, achtet auf die strengsten Hygienevorschriften und tritt den Kranken einfühlsam gegenüber.

Ihr Einsatz verdeutlicht zwei Punkte, auf die unsere Gesellschaft hingewiesen werden sollte: Zum Einen verdienen BetreuerInnen mehr Anerkennung, Respekt, bessere Arbeitsbedingungen und ein höheres Gehalt. Und zum Anderen sind es Geflüchtete wie Shukria, die sich für unsere Gesellschaft engagieren und Aufgaben übernehmen, die sich viele andere in diesem Land weigern auszuführen. Viele entsprechen in keiner Weise den pauschalisierenden, Ängste schürenden Bildern, die rechtskonservative Parteien und Medien gerne verbreiten. Shukrias Beispiel verdeutlicht das jeden Tag.  

Olivia Lasser

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Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe

hat schon Albert Schweitzer erkannt und gilt in der Corona-Zeit noch verstärkt.
Jede und jeder, der schon einmal Abschied nehmen musste, der in einem Pflegezentrum oder zu Hause auf  Betreuung und Besuch angewiesen ist, wird das bestätigen. In zehn Jahren ehrenamtlicher Hospiz-Mitarbeit ging es allen begleiteten Menschen vor und während der Corona-Zeit letztendlich um erwiesene, vorenthaltene und schmerzlich vermisste Zuwendung und Liebe.

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Nichts anderes zählt so sehr in den Stunden der Hilflosigkeit, der Ohnmacht und der Einsamkeit.
Eine sorgende Gesellschaft hält Augen und Ohren offen, ruft an, fragt nach, hört zu, geht ein auf Unsicherheiten und Ängste, erinnert sich, erzählt, schreibt, und lässt sich im Innersten berühren, wenn wir uns schon im Äußeren zurückhalten müssen. Wir alle sind gefordert und gefragt. Jeder einzelne von uns.

Gerda Trappl

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Schulaufsatz

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Walter & Karla

Für uns hat sich mit den Corona-Maßnahmen unser Leben insofern geändert, als die Betreuung im Tageszentrum nicht mehr zur Verfügung stand. Meine Frau war dadurch rein auf mich als Beschäftigungsperson angewiesen. Ich habe versucht, den Tagen durch Spaziergänge eine Struktur zu geben. Wir sind sehr viel spazieren gegangen, auch wenn Karla die eine oder andere Strecke nicht so passend fand. Ich habe ihr Material aus dem Internet ausgedruckt, also Aufgaben, die sie selbst lösen konnte, damit sie nicht zu oft Zeit am Computer verbringt.

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Wir haben Karten gespielt, meistens am Abend, Zeitung gelesen und so unsere Tage ein wenig einsam verbracht. Es gab schon immer wieder Gespräche mit den Nachbarn über den Zaun hinweg, die nötigen Einkäufe habe ich allerdings allein erledigt. Es war nämlich sehr mühsam, Karla immer wieder zu erklären, dass man einen Mundschutz in der Öffentlichkeit tragen soll, dass man sich die Hände öfter wäscht und auch desinfiziert – überhaupt musste ich ihr die Corona-Situation immer wieder erklären, bis sie es einigermaßen verstanden hatte.

Daher war ein gemeinsames Einkaufen gehen nicht möglich und wäre für uns beide auch zu anstrengend und risikoreich gewesen. Es ist schön, dass es jetzt wieder Möglichkeiten für Karla gibt, sich mit anderen Menschen zu treffen, denn allein nur mit mir Zeit zu verbringen, macht sie auf Dauer etwas teilnahmsloser.

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Die Frau, die mir nichts sagt und umgekehrt

Dieser Text ist zwar schnell geschrieben worden, kommt aber auch direkt von der Quarantäne-gequälten Seele und soll gegen das dumpfe Gefühl der Einsamkeit ankämpfen.
Ich habe sie nur mit ihrem Mann gesehen, beinahe nie geht sie zum Telefonieren vor die Tür hinaus, wie ich es ignorant und affin für den Austausch durch verbale Kommunikation sehr gerne mache.

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Doch einmal, da hatte sie Panik und das war etwa eine Woche, nachdem ich es mit der Panik zu tun bekam. Der Grund ist jetzt nicht so schwer zu verstehen: Wir rutschen, rattern, zurück in eine Zeit dunkler mittelalterlicher Instinkte und das ist gefährlich für Frauenzimmer, die gerne aus der Reihe tanzen.
Wir gerieten also in Rage.

Ich meinte nicht mich, meinte sie auch nicht sich?
Als ich als erste, mir bekannte meiner Furcht vor der großen Blöße, einer Rückentwicklung schreiend Luft machte, fühlte ich mich sterbenseinsam und alleine gelassen. Als ich sie dann ebenfalls wütend werden hörte, war ich zwar wirklich ratlos, doch auch wieder ein wenig ruhiger. Ist es nicht Restvertrauen, mit seiner Angst nach außen zu gehen, und sei es auch in schriller Form?
Irgendetwas daran missfiel mir gar nicht so sehr.

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Meine Erfahrungen waren sehr positiv!

Ich wohne am Land in Salzburg. Man hat in der Corona-Zeit gemerkt, wie sehr die Nachbarschaften zusammenwachsen und wie einander geholfen wurde oder immer noch wird. Auch ich habe, vor allem meine Großeltern, aber auch eine Nachbarin, unterstützt. Ich ging für sie Einkaufen, sei es in die Apotheke oder Lebensmittelbesorgungen. Meine Mama und ich haben uns immer abgewechselt oder manchmal sind wir auch gemeinsam gegangen, da es schon oft sehr viel war und der Einkauf auch schwer war. Denn meistens haben wir für eine ganze Woche oder zumindest für 5 Tage eingekauft. Aber nicht nur in der Nachbarschaft hat man sich geholfen, sondern auch die Gemeinde in meinem Ort und auch in den umliegenden Orten hat unterstützt. Bei uns war es so, dass die Gemeinde sich mit dem Roten Kreuz zusammengetan hat und das Rote Kreuz hat dann das Essen ausgeliefert.

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Was hat mich dabei berührt/ erschüttert:
Wie oben auch schon oft erwähnt, hat es mich wirklich sehr berührt, dass man so viel Zusammenhalt in den Orten gemerkt hat. Ich finde das so wichtig!! Es gab glaube ich, auch so ein Telefon, wo man anrufen konnte, wenn man sich einsam fühlte. Auch das fand ich, besonders für alte Menschen, echt super!! Erschüttert hat mich, dass mir erst jetzt richtig aufgefallen ist, wie viele ältere Menschen eigentlich alleine sind. Die taten mir besonders leid. Auch für meine Großeltern war es oder ist es noch immer, eine sehr schwierige Zeit. Einerseits, weil ihnen die Familie schon sehr abging und andererseits, weil ihnen prinzipiell der Soziale Kontakt fehlte, also auch einfach beim Einkaufen zum Beispiel.


Was würde ich bewahren/ anders machen?
Ich würde all das was ich auch oben schon erwähnt habe, beibehalten. Solche Dinge sind heutzutage so wichtig und ich persönlich dachte eigentlich, dass die „Sorgende Gesellschaft“, immer weniger wird. Aber Corona hat mich eindeutig überzeugt, dass es doch noch Menschen gibt die sich um andere sorgen.

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Die für mich bedeutendste Schlüsselerfahrung aus der Corona-Zeit

in Zusammenhang mit SorgeTätigkeit, war wahrscheinlich der Respekt für die 24h Pflege meiner Großeltern. Da meine Oma leider letzten Sommer zwei Unfälle hatte, wurde sie daraufhin in die höchste Pflegestufe eingeordnet und meine Großeltern wohnen seitdem mit einer 24h Hilfe zusammen. Bei den beiden Pflegerinnen handelt es sich um zwei ganz liebe slowakische Damen und eigentlich wechseln sie sich alle zwei Wochen ab, jedoch musste Maria, die während dem Lockdown bei meinen Großeltern war, nun leider um ein Vielfaches länger bleiben.

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Maria hat selbst Kinder und Enkelkinder und sie war natürlich sehr traurig, dass sie nicht Heim konnte. Gott sei Dank ist die Beziehung zwischen meinen Großeltern und ihr sehr gut und deswegen haben sie die Zeit gut überstanden. Was mich dabei so getroffen hat ist, dass wir alle nicht meine Großeltern besuchen konnten: Viele in meiner Familie sind Ärzte und kamen in direkten Kontakt mit Corona-Erkrankten (wobei sogar ein paar dann in häusliche Quarantäne mussten), und der Rest hatte einfach generell Angst meine Großeltern anzustecken – immerhin konnte man ja asymptotisch sein!

Normalerweise kriegen meine Eltern jeden Tag Besuch von irgendwem ihrer Kinder oder Enkelkinder, aber jetzt konnten wir ihnen nur mehr über die verglaste Wand des Wohnzimmers zuwinken. Darum hat Maria uns auch irgendwie auf diese Weise vertreten und in der Zeit ein noch besseres Verhältnis zu meinen Großeltern aufgebaut! Andererseits haben auch meine Großeltern versucht ihr so viel Dankbarkeit und familiären Zusammenhalt zu bieten wie möglich – und auch ein „Taschengeld“/Lohn zusätzlich noch hergeschenkt.

Meine Großeltern wohnen in einer sehr ländlichen Gegend, doch leider gab es genau dort einen Ausbruch und viele in der Gemeinde wurden angesteckt. Trotzdem war der Zusammenhalt ganz stark und auch meiner Familie wurde geholfen: unter anderem wurden Einkäufe gebracht damit sich die Pflegerin beim Einkaufen nicht infizieren konnte. Und genau das würde ich mir wünschen, dass das beibehalten wird: dieser Zusammenhalt und die Fürsorge um andere.  Außerdem sollten wir noch mehr Dankbarkeit für Pflegekräfte zeigen – und damit meine ich nicht das Klatschen aus dem Fenster um 18 Uhr – sondern sie mit viel mehr Respekt behandeln, uns darauf besinnen, dass sie hier bei uns sind, anstatt ihre Familie zu sehen und sie auch besser zu bezahlen. 

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Du warst und bist ein Engerl auf ERDEN!

Liebes Team, bei unserem letzten Treffen meinte ich noch, ich sei ein „Auslaufmodell“. Eine Frau, die ihren erlernten Beruf aufgab, drei Kinder hat und Landwirtin geworden ist. Ich war und bin es aber trotzdem mit Begeisterung und aus Überzeugung.

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Die „Corona Zeit“ hat mich bestärkt, dass ich eigentlich ein sehr „WICHTIGES“ Glied bin! Bin so dankbar, für so viele bewegende Begegnungen! Mit Geld könnte man es nicht bezahlen!!!

Ich weiß, dass Gesundheit, Familie und jemandem Zeit schenken die wertvollsten Geschenke im Leben sind!
Es ist mir auch ein großes Anliegen, jenen Menschen, die unentgeltlich viel für die Allgemeinheit tun „DANKE“ zu sagen! Für Nachbarschaftshilfe oder für ÄLTERE Leute Dienste erledigen!

Ein liebes Wort, ein Lächeln, ein Wink ist Balsam für die Seele!
P.S.: Es lag eine Rose vorige Woche vor unserer Haustür mit einem Zettel drauf „Du warst und bist ein Engerl auf ERDEN!“
Schön oder?

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Gedanken: Was haben und schätzen wir

Ich habe einen liebvollen und wertschätzenden Partner und Familie
Ich habe wertvolle Freunde, jeder in seiner einzigartigen Persönlichkeit
Ich habe liebe Nachbarn, wo gegenseitige Hilfsbereitschaft ist
Ich habe stets nette Begegnungen auch mit fremden Personen

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Ich habe wertvolle Zeit, die ich jeden Tag gestalten kann
Ich habe die Gesundheit und den Genuss, vieles neu zu erleben
Ich habe auch Kritiker, woran ich lernen und mich weiterentwickeln darf
Ich habe Kinder in meiner Umgebung, die so unbefangen agieren
Ich habe stets Ziele und Visionen, die ich verwirklichen kann
Ich habe viele soziale Kontakte
Ich habe viele nette ältere Menschen mit Weisheit und Erfahrungen
Ich habe ein Dach über meinem Kopf und einen Garten, in dem ich mich verwirklichen kann
Ich habe mich selbst und ein Leben auf diesem schönen Planeten
Ich habe Interesse für verschiedene Aktivitäten: Bewegung, Musik
Ich habe ein Wohlbefinden und fühle mich fit
Ich habe Mut, Neues auszuprobieren
Ich habe Geduld und Freude am Leben
Ich habe genügend zum Essen, wo ich auch gerne mit anderen teile
Ich habe sauberes Wasser, Luft und eine traumhafte Natur rund um mich
Ich habe wenig Angst und vertraue auf Gutes und Machbares, was kommen mag
Ich habe Frieden im Herzen
Ich habe stets den Glauben, die Hoffnung und Liebe als meinen Begleiter
Ich habe die Zufriedenheit und Dankbarkeit in mir
Ich habe die Gabe und Güte, anderen Menschen etwas von meinen Erfahrungen zu vermitteln und mit ihnen Meinungen zu teilen, anzuhören und gegenseitig zu motivieren

Ich habe auch materielle Güter, über die ich nachdenke, ob ich sie brauche und welche ich mir anschaffe. Ich habe in meiner Jugend gesät, gelernt, gearbeitet, immer geteilt und mich entwickelt zum Menschen, der ich jetzt bin.
Aber wir dürfen in einer sehr schönen, friedvollen Zeit leben und jeder von uns soll spüren, was ist notwendig, um wirklich glücklich zu sein und so lange ich lebe, wird sich mein Bewusstsein erweitern in Liebe

Ich bin und kann von mir sagen:

ICH BIN EIN GLÜCKLICHER und ZUFRIEDENER MENSCH

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Was mein Leben reicher / schöner / sinnvoll(er) macht!

Morgens aufzuwachen und den Tag mit Freude beginnen
Mit meinem Partner, Kindern, Freunden ein gutes Frühstück genießen
Durch den Garten zu gehen, die Vögel singen hören, Schmetterlinge, Bienen beobachten
Im Garten arbeiten, das ist wunderbar, in der Erde zu wühlen und planen, was wird gepflanzt
Die Ruhe im Garten genießen und staunen, in welchem Paradies wir leben dürfen
Im Garten Gemüse säen, mit Freude beobachten, wie wunderbar die Vegetation voranschreitet

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Ernten und genießen dürfen, den lieben Nachbarn, Freunden davon mitnaschen lassen
Familiengemeinschaft pflegen, gemeinsam Feste feiern, plaudern, Vertrauen schenken, Hoffnung geben, Freude teilen, DASEIN füreinander…
Auch denken an die ARBEITENDEN, die unter Schutzmaßnahmen ihre Arbeit verrichten müssen, wertschätzend und lobend entgegenkommen
Mit Freunden in Freude teilen, auch per Handy war dies möglich

Wir genießen heuer schon das 30. Jahr mit 4 Familien, jedes Jahr die Geburtstagsfeiern.
Jeder, der Geburtstag hat, lädt zu Hause ein, da wird den ganzen Nachmittag geplaudert, gespielt, gekocht, gesungen … einfach schön, solche Freunde zu haben, auch in schweren Zeiten sind wir füreinander da. Und kein einziger Geburtstag wurde in diesen 30 Jahren ausgelassen, da stellt sich in unseren Herzen ein Glücksgefühl ein. Am Klopeiner See gibt es jedes Jahr zu Saisonbeginn eine große Wiedersehensfreude.
Wenn ich Älteren oder Behinderten eine Freude bereiten kann, wenn ihre Augen leuchten, das erfreut auch mein Herz.

Erinnerungen, als ich meine Eltern pflegte und die Dankbarkeit noch heute spüre
Glück und Wohlbefinden spüre ich in meiner Gesundheit, dass ich das Bewusstsein erlangen durfte, was ich dazu beitragen kann.

Ein Glücksgefühl besonderer Art verspüre ich am Berg, die netten Begegnungen, die Freiheit, die Stille, die Natur, den Berg zu besteigen, als ob ich dem Himmel näher bin und dann ins Tal zu blicken, die Genügsamkeit erleben. Eine kleine Nichte von mir sagte einst, als wir zwei den Schöckl über die Trasse bestiegen, liebe Tante, das Weltall eröffnet sich. Es ist so wunderschön, daran zu denken wie Begeisterung auf andere Menschen überspringen kann.
Meine Turngruppen vermitteln mir seit über 30 Jahren ein besonderes Glücksgefühl, Harmonie, Freude in der Gemeinschaft zu spüren, gemeinsam aktiv sein, entspannen und vieles mehr, da kommt eine besondere Energie zurück.

Wenn ich koche, Brot backen und genießen kann mit Familie, Freunden …
Wenn ich anderen etwas schenken kann, ohne etwas zu erwarten
Wenn ich Zeit für mich habe
Wenn ich organisieren und gestalten kann
Wenn ich den Sternenhimmel, den Mond, den Sonnenaufgang und -untergang beobachte
Wenn ich den Regen auf meiner Haut spüre
Wenn ich mit meinem Partner gemeinsam genießen darf, anlehnen und Freude teilen kann
Wenn ich Bücher, Gedichte lese, Musik höre
Wenn ich klassische Konzerte besuche, auch online …
Wenn ich die Zufriedenheit in mir spüre, indem ich mich zurückziehe und den Tag Revue passieren lasse

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Es traf uns alle wie ein Blitz aus heiterem Himmel

Am Freitag, den 13. März 2020 wurde bekannt, dass in einer Nachbargemeinde ein positiv bestätigter Coronafall getestet wurde. Es herrschte Chaos. In unserer ländlichen Gemeinde war im wahrsten Sinne des Wortes ein Ausnahmezustand ausgebrochen. Mein Handy wurde von Mitteilungen über Corona und deren Auswirkungen, mit beängstigenden Bildern und Videos überflutet. Mein Verstand kam gar nicht mehr zur Ruhe. Soviele Dinge und Sorgen gingen mir da durch den Kopf.

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Meine Freundinnen erzählten per WhatsApp, dass die Supermarktregale leergeräumt sind. Schlangen von Menschen bildeten sich vor unserer ortsansässigen Apotheke. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Es machte mir Angst. Es war eine unheimliche Situation. Stündlich lauschten wir den Bekanntgaben durch die Regierung, die versuchte die Menschen aufzuklären, aber auch bewusst zu machen, dass wir eine Krankheitswelle versuchen mussten so gut wie möglich einzudämmen. Und dass jeder dazu aufgefordert wird, seine sozialen Kontakte so gut wie möglich einzuschränken.

Wir fühlten uns ohnmächtig, wie in einem schlechten Traum, aus dem wir hoffentlich gleich aufwachen würden! Die Menschen reagierten mit Panik und tätigten Hamsterkäufe, auch ich ließ mich von dieser Angst anstecken und hortete Lebensmittel für mehrere Wochen zu Hause. Es war schrecklich. Auch vom Arbeitgeber wurden wir in den Tagen darauf aufgefordert, vorerst zuhause zu bleiben und soweit wie möglich im Home-Office zu arbeiten. Indes war die Arbeits-Situation meines Mannes noch ganz unklar. Würde er seinen Job verlieren? Wieder überkamen mich Ängste. Wie würde es weitergehen? Konnte ich meine Familie mit meinem Halbtagesjob ernähren? Was würde uns alles noch bevorstehen? Wie würde die Wirtschaft Österreichs das überleben?

Tiefsten Dank und Respekt habe ich für alle, die in dieser Zeit ihre Arbeit und ihren Dienst am Nächsten trotz der Gefahr einer Ansteckung ausübten. Allen Mitarbeitern und -innen im Gesundheitsbereich, in der Lebensmittelbranche, in der Landwirtschaft, im Sicherheitsdienst, im öffentlichen Dienst. Ich kann mir nur im Entferntesten ausmalen, dass es ein Arbeiten am Limit war!

In Erinnerung ist mir auch die Thematik mit den Pflegekräften und den Erntehelfern aus den Nachbarstaaten, die so dringend in unserem Land gebraucht werden und aufgrund der Pandemie nicht einreisen durften. Erst da erkennt man, welche Engpässe es in unserem Land gibt. Ich glaube, im Pflegebereich gab es die größten Hürden zu meistern. Was tun, wenn man einen pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause hat und es selbst einem nicht möglich ist, ihn rund um die Uhr zu betreuen? Was tun, wenn man kein Pflegepersonal aufgrund der Corona-Pandemie bekommt? Es lässt mich erschaudern. Ich hoffe, dass es hier in Zukunft eine Aufwertung für Pflegekräfte gibt! Aber auch im Bereich der Landwirtschaft hoffe ich, dass es uns allen bewusstgeworden ist, welche kostbaren Lebensmittel wir saisonbedingt in unserer Region haben. Es liegt an uns, unsere Bauern und Bäuerinnen zu unterstützen und die regionalen, kostbaren, gesunden Lebensmittel zu konsumieren. Ein jeder von uns trägt am Wohlergehen unserer Wirtschaft bei! Daher denkt um, und kauft vor Ort!

Für meine schulpflichtige Tochter erschien alles easy-cheesy. Juhu keine Schule, lange aufbleiben dürfen und laaaaaaaaange ausschlafen. Tja meine Liebe, das ging leider nur 2 Wochen so, denn danach gab es einen Hausaufgabenplan von der Lehrerin. Somit war mein Kind am Vormittag mit Lernen beschäftigt, mein Mann mit Home-Office und ich mit Haushalt, Kochen, Lehrerinnenjob und Home-Office. Man glaubt gar nicht, was man alles schaffen kann. Zu Mittag setzten wir uns gemeinsam an den Tisch und genossen unser Essen. Es war so schön, alle dazuhaben. Mein Mann und mein Kind, und jeden Tag mit ihnen Zeit zu verbringen. Normalerweise sieht unser Alltag ganz anders aus. Gehetzt und gestresst. Von der Arbeit nach Hause – schnell Essen kochen, oder das Essen, das am Vortag vorgekocht wurde, aufwärmen – dann kommt meine Tochter von der Schule heim und wir essen zu zweit. Dann Küche aufräumen, Geschirr waschen, die Wäsche und und und. Nicht zu vergessen der Hund, der dann auch Gassi gehen will. Inzwischen erledigt meine Tochter ihre Hausaufgaben und danach beschäftigt sie sich mit ihren Haustieren. Natürlich muss ich auch sehr viel mit ihr spielen und komme so gar nicht zu meinen Hobbies. Mein Mann kommt erst spät abends nach Hause und wir erzählen uns nur das Wichtigste vom Tag. Und dann falle ich gegen 22 Uhr total erschöpft ins Bett. Und dann geht das ganze am nächsten Tag um 5:30 Uhr von vorne los. Und das Tag ein Tag aus.

Wer hätte sich gedacht, dass es zu einem Shutdown durch Corona kommt? Ich muss ehrlich gestehen, ich habe diese 4 Wochen, die ich zusammen mit meiner Familie zu Hause war, sehr genossen. Es kehrte eine innere Ruhe und ein warmes wohliges Gefühl ein. Jeden Tag gab es Arbeiten im Garten oder am Haus zu erledigen, die schon seit unzähligen Jahren anstanden. Und gemeinsam etwas zu erschaffen und zu richten – ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Da wurden Fensterbänke montiert, die schon ewig verstaubt in der Ecke standen. Und sogar ein Tomatenhäuschen wurde endlich gebaut. Das Wirtschaftsgebäude wurde auf Vordermann gebracht und jede Ecke des Hauses geputzt. Ja sogar das Putzen machte in dieser Zeit Spaß, denn es gab keinen Zeitdruck. Meistens war es so, dass Besuch sich ankündigt und ich dann in meinen Putzstress verfalle. Obwohl eh alles sehr gepflegt ist, aber so bin ich nun mal. Und jetzt: Alle Arbeiten zu Hause erschienen viel leichter von der Hand zu gehen. Wahrscheinlich, weil ich diese mit Freude und ohne Selbstdruck durchführte. Endlich fand ich auch Zeit für mein Hobby, das Töpfern. Mit meiner inneren Ausgeglichenheit, die ich verspürte, entstanden ganz besondere Töpferwaren. Und auch Zeit hatte ich, köstliches Roggenbrot zweimal die Woche zu backen. Nicht nur mein Gemüt wurde von Tag zu Tag entspannter und heller. Auch die Natur veränderte sich. Da gab es keinen Verkehrslärm, keinen Fluglärm mehr zu hören. Nur der wunderbare Klang der Natur. Erstmals fiel mir auf, wie viele verschiedene Vogelarten in meinem Garten sangen. Herrlich. Endlich hatte ich Zeit, die Natur BEWUSST zu registrieren. Ja, ich sage registrieren, denn eigentlich funktioniert man nur wie eine Maschine und nimmt das Umfeld im Alltagsstress nicht wahr. Und dabei wäre es so wichtig und förderlich für unsere Gesundheit, für uns alle!

In diese Zeit fiel auch das Osterfest, das wir heuer nur zu Dritt zuhause feierten. Wir haben unsere Speisen selbst gesegnet und mit Demut und Dankbarkeit genossen. Dankbar, dass wir genug zu essen haben, dankbar, hier in Österreich zu leben, dankbar dafür, dass es uns gut geht, dass wir gesund sind, und vor allem, dass wir Menschen in unserem Leben haben, die wir lieben und die uns lieben! Ohne Liebe wäre das Leben nicht schön!
Es kam die Zeit – nach 9 Wochen –, wo wieder die Schulen aufmachten und der Berufsalltag seinen gewohnten Lauf nahm. Erschrocken stellte ich fest, wie schnell alle – mich eingeschlossen – wieder in dieses gehetzte Schema fielen. Oft dachte ich an die Zeit zurück, als meine Familie zu Hause war…

In unserem Umfeld gab es keine Corona-Tote. Täglich verfolgten wir die Medien, die über die Nachbarländer, allen voran Amerika, Italien und Spanien berichteten. Unfassbar, wie viele Tausende gestorben sind. Und wie das Gesundheitswesen in diesen Ländern total überfordert war. Das ist die dunkle Seite von Corona. Mein Mitgefühl allen, die in dieser schweren Zeit einen geliebten Menschen verloren haben. Ich finde dazu nicht die passenden Worte. Ich habe gehört, dass sich Angehörige von ihren im Sterben liegenden Liebsten nicht verabschieden durften. Menschunwürdig und grausam sind diese Geschehnisse. Auch die Totenverabschiedung, die Begräbnisse, durften nur im engsten Familienkreis stattfinden, um dem Virus durch Massenansammlungen Einhalt zu gebieten.
Angst hatte ich nie vor dem Virus. Angst machte mir nur, dass ich Überträger sein könnte und andere anstecken könnte. Nicht zu denken, wenn mein Vater, der im Pflegeheim lebt, diesen Virus bekommen würde. Täglich telefonierte ich mit ihm. Ein Besuch im Pflegeheim war untersagt. Auch er durfte als Bewohner das Heim nicht verlassen. Ich verstand und begrüßte diese Vorsichtsmaßnahme sehr, denn die Gesundheit und das Leben meines Vaters ist mir sehr, sehr wichtig. Am Telefon scherzte er täglich und meinte, ihm geht’s gut. „Mir geht doch nichts ab hier. Ich bekomme mein Essen, meine Wäsche wird gewaschen und im Fernsehen gibt es tolle Western- und Heimatfilme zu sehen“. Ich war jedesmal froh, dass er so positiv gestimmt am Telefon war, trotzdem dachte ich mir insgeheim, ob er mir das nur vorspielt, damit ich mir keine Sorgen mache?

Meine Mutter, die alleinstehend ist, versorgte ich einmal in der Woche mit Lebensmittel. Es war befremdend, Abstand zu ihr zu halten, sie nicht umarmen zu dürfen. Aber ich nahm es sehr ernst, ich wollte meine Mutter sowie alle anderen älteren Personen unbedingt schützen. Ich ging für sie einkaufen und stellte ihr die Einkaufstüte auf den Terrassentisch. Sie schaute durch die gekippte Terrassentür und man spürte und erkannte, dass sie sehr einsam ist und sich Sorgen um alle ihre Kinder und deren Zukunft macht. Ich habe zwei Schwestern in der Schweiz, mit denen ich auch täglich in Kontakt stand. Finanziell ging es beiden nicht gut, da sie von heute auf morgen ihren Job verloren hatten. Am meisten erschreckte es mich, als die Grenzen dichtmachten! Ich werde diesen Moment nie vergessen, wie mein Neffe mir ein Foto vom Grenzübergang Kriessern in der Schweiz zusandte und meinte, heuer werden wir uns wohl nicht mehr sehen. Das Bild war für mich wie ein Bild aus einem Kriegstagebuch. Scherengitter und Tafeln, auf denen irgendwas von Corona und „kein Passieren möglich“ stand.

Ein wenig möchte ich noch von den vielen schönen Erinnerungen dieser schweren Zeit berichten. Wir haben sehr nette Nachbarn, mit denen wir aber höchstens 4 Mal im Jahr zusammenkommen. Jetzt, wo alle zuhause waren, tratschten wir mehrmals wöchentlich übern Gartenzaun, riefen uns zu, wenn wir den anderen im Freien wahrnahmen. Und trafen uns, nachdem die Infektionsrate wieder nachweislich in unserm Land sank, auf ein Bier mit Abstand. Corona hat uns wieder zusammengeführt, hat uns ein Gefühl der Gemeinschaft gegeben. Der Slogan „Gemeinsam schaffen wir das!“, den man tagtäglich in den Medien hörte und las, bewahrheitete sich. Die Nachbarschaftshilfe hat in unserer ländlichen Gemeinde großartig funktioniert – und das macht mich stolz, ein Teil dieser großartigen Bevölkerung zu sein.

Corona hat mich etwas Wichtiges gelehrt: Das Wichtigste im Leben ist und bleiben meine Familie und meine Liebsten!
Nimm Dir Zeit für sie! Luxus, Ansehen, Reichtum, Ruhm im Leben machen nur kurzweilig glücklich. All diese Dinge verlieren ihren Wert, wenn du niemanden hast, den du liebst und der deine Liebe erwidert. Und viel zu oft vergessen wir, dass Zeit mit unseren Liebsten wohl das größte Geschenk auf Erden ist. (Leider erkennen es viele erst, wenn es zu spät ist.)

Anonyme Verfasserin aus der Gemeinde Gnas, Mai 2020

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Als Koordinatorin eines sehr motivierten und engagierten Teams

von ehrenamtlichen HospizbegleiterInnen habe ich die letzten Wochen und Monate während der Corona Pandemie als besonders herausfordernd erlebt und bin davon überzeugt, dass uns die Nachwehen dieser Zeit in unserer Arbeit noch länger begleiten werden.

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Da uns von Beginn an klar war, dass wir die von uns betreuten kranken, sterbenden und trauernden Menschen gerade in dieser zusätzlich sehr belastenden Zeit nicht alleine lassen wollen, wurden gemeinsam rasch unterschiedliche Möglichkeiten gefunden, auch ohne physischen Kontakt zu begleiten und zu unterstützen.
Bei Begleitungen wurden alle zur Verfügung stehenden, technischen Möglichkeiten von Telefonaten über SMS-Nachrichten und WhatsApp-Konversationen bis hin zu Zoom-Gesprächen genutzt. Die KollegInnen waren aber auch in der persönlichen Begleitung besonders kreativ, „Zaun- und Balkongespräche“, kleine Aufmerksamkeiten, wie Blumen, Bücher und selbstgebackene Kuchen, die vor die Wohnungstür gestellt wurden sind nur einige der Beispiele der vergangenen Wochen und Monate.

Ebenso war das restriktive Besuchsverbot in Pflegeeinrichtungen, für die Freiwilligen, die sonst regelmäßig und kontinuierlich PatientInnen dort begleiteten bzw. oftmals auch kurzfristig notwendig werdende Sitzwachen abhalten, nicht einfach. Das Wissen darum, dass sie sich nicht wie gewohnt um Menschen kümmern, ihnen Trost und Zuwendung schenken können, beschäftigte sie sehr.

Eine weitere Herausforderung war das Abschiednehmen und die Suche nach möglichen Ritualen für Trauernde. Hier war unter anderem auch die Hospiz und Trauer Helpline NÖ, die vom Landesverband Hospiz initiiert und u.a. von den KoordinatorInnen der NÖ Hospizteams täglich besetzt war, sehr hilfreich, da Angehörige einerseits Fragen nach Möglichkeiten des Abschiedsnehmens klären und ebenso über ihre damit verbundenen Gefühle offen sprechen konnten.

Auch jetzt, nach den Lockerungen der Maßnahmen ist sehr deutlich spürbar wie schwer es manchen fällt um ihre lieben Verstorbenen zu trauern, da ihnen das Abschiednehmen nicht oder nur eingeschränkt möglich war, was für den Trauerprozess aber besonders wichtig ist.

Wir sind auch weiterhin angehalten Abstand zu halten, Mund-Nasen-Masken zu tragen und auf den körperlichen Ausdruck von Trost – wie einer Umarmung oder das Halten einer Hand – zu verzichten, was besonders bei sehr emotionalen Gesprächen schwerfällt.
Dennoch ist uns heute mehr denn je bewusst, wie wertvoll Hospizarbeit ist.

Anita Kohl

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Care trotz Corona mit und für Menschen im Alter

Wie in einem Brennglas macht die Corona-Krise zentrale Themen der Sorge für und mit Menschen im Alter bzw. mit Demenz sichtbar, die oft schon vorher problematisch waren. Sie zeigt aber auch neue Wege auf.

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Dieses Papier möchte zum Nachdenken und zur Diskussion anregen. Es ist zwischen März und Juni 2020 im Rahmen des Netzwerks „Demenz vernetzen“ entstanden, das vom Kardinal König Haus in Wien koordiniert wird. Das Netzwerk bilden Menschen und Organisationen, die sich für die Sorge und Versorgung von Menschen im Alter in Praxis, Bildung und Wissenschaft engagieren. Sie tauschen sich über Probleme und Lösungsansätze aus, die sich in der sogenannten „Corona-Krise“ aus der Sicht der Pflege, Betreuung, Begleitung und Beratung von Menschen mit Demenz und aus der Forschung mit ihnen und ihren An- und Zugehörigen zeigen.

Wir wenden uns mit diesem Nachdenk- und Diskussionspapier an informell Sorgende, an An- und Zugehörige, Ehrenamtliche, nachbarschaftlich und zivilgesellschaftlich Engagierte. Wir wenden uns an formell Sorgende in Betreuung, Pflege und deren Koordination. Wir wenden uns an „Betroffene“ und meinen damit Menschen mit erhöhtem Schutzbedarf und mit Einschränkungen. Und wir wenden uns an entsprechende Organisationen und politische
Entscheidungsträger*innen.

PDF-Datei: Nachdenkpapier

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Ich arbeite als Krankenschwester in einem mobilen Palliativteam

im Weinviertel in Niederösterreich. In der Corona Zeit sind in unserem Bezirk viele Strukturen der normalen Grundversorgung weggebrochen – Hausarztpraxen waren wegen Quarantäne geschlossen, Hospize hatten ihre Aufnahmekriterien sehr eingeschränkt (kompletter Aufnahme Stop, bzw. Aufnahme nur mit neg. Corona Test), der Regelbetrieb in den Krankenhäusern wurde zurück gefahren bzw. umstrukturiert, um genügend Kapazitäten für Corona Patienten zu haben. Ich möchte nun von meinen Beobachtungen aus der Praxis  in dieser herausfordernder Zeit berichten:

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@ PatientInnen in palliativer, onkologischer Betreuung: hier war für mich eine große Verunsicherung wahrnehmbar „soll ich das Risiko einer Infektion im Krankenhaus bzw. am Weg dorthin in Kauf nehmen?“ Oft  hörte ich die Frage “ bin ich ein Opfer von Corona?“ wenn eine Therapie oder ein Nachsorgetermin abgesagt, bzw. dann doch „nur“ verschoben wurde.

@ rein  palliative PatientInnen: waren diese stationär aufgenommen, wurden durch die eingeschränkten Besuchsmöglichkeiten großes Leid verursacht, die Angst, alleine im KH zu versterben, war sehr präsent. Endlich zu Hause, war es dann schwierig, eine professionelle Pflege in der Grundversorgung zu organisieren, da Hauskrankenpflege und 24h Betreuung nur reduzierte Kapazitäten hatten. Aber auch zu Hause litten diese Menschen sehr  unter der eingeschränkten Möglichkeit, Besuche zu bekommen.

@ Angehörige: diese hatten wiederum große Angst, eine Infektion „nach Hause“ zu bringen, bzw. zählten  Angehörige selber zur Hochrisikogruppe, und konnten  somit nicht ausreichend aktiv werden und unterstützen. Andere, meist jüngere, Familien hatten  durch Kurzarbeit die Chance bekommen, die Pflege zu Hause gut zu bewerkstelligen, und wussten die Intimität in dieser ruhige Zeit sehr zu schätzen. Sie brauchten dem Arbeitgeber gegenüber kein schlechtes Gewissen zu haben.

@Ehrenamtliches Team: Gott sei Dank waren unsere „Ehrenamtlichen“ bereit, den Kontakt zu ihren Familien telefonisch weiter zu führen. Unsere hauptamtliche Koordinatorin war  zwar reduziert, aber dennoch im Dienst und wir wussten, im Notfall könnte sie auch im psychosozialen Bereich unterstützen.

@WIR, hauptamtliches MPT , leider auch personalmäßig reduziert: wir hatten  in dieser Zeit eine überdurchschnittlich hohe Zahl von PatientInnen, die in unserem Team aufgenommen waren. Wir haben unsere Aufnahmekriterien bewusst erweitert, d.h. PatientInnen aufgenommen, die unter normalen Umständen von der Grundversorgung, d.h. Hausarzt, HKP begleitet worden wären. Somit sind in dieser Zeit auch überdurchschnittlich viele Menschen verstorben.  Und obwohl wir gewohnt sind , in diesem Bereich zu arbeiten, machen diese vielen Abschiede etwas mit uns, und können auch einmal zu viel werden. Was mir aufgefallen ist, war, dass die Entscheidung der PatientInnen Therapie weiter zu machen, bzw. KH Einweisung JA / NEIN wesentlich klarer getroffen wurde. Da spielte meiner Meinung nach die Angst vor Einsamkeit, bzw. die Möglichkeit, bewusst Zeit mit der Familie zu Hause zu verbringen und zu gestalten, eine große Rolle.

Allerdings war der Druck, die Betreuung pflegerisch und emotional  zu Hause zu schaffen, sowohl für uns, als auch für die Familie umso größer. Einfacher war es wiederum, Medikamente zu bekommen, da einige Hausärzte die Rezepte direkt an die Apotheke faxten, und Angehörige sich Wege und Zeit ersparten.

Nach dem Versterben eines Menschen bekam ich immer wieder die Rückmeldung, dass die Organisation der  Verabschiedung schwierig und für die Trauernden sehr unbefriedigend war.

Es gab aber auch „Geschenke“: unser benachbartes Palliativteam  erklärte sich bereit, in unserem Bezirk eine aufwendige, medizinische Therapiemaßnahme durchzuführen! Da eine onkologische Station aus dem Nachbarbezirk zu uns verlegt wurde, hatten wir die Möglichkeit, das Team besser kennen zu lernen.

Ich glaube, dass wir als kleines „Rädchen“ diese Krise  sowohl  für uns als auch für „das System“ gut gemeistert haben. Es freut mich, durch diesen Schreibaufruf die Möglichkeit zu haben, unser „Rädchen“ sichtbar zu machen, und wünsche mir, die palliative Sorge weiter kreativ und individuell gestalten zu können.

Claudia Zwölfer

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Na gerne doch. Wo fange ich da bloß an? Am besten am Anfang.

Ich heiße Aileen, bin 26 Jahre alt und seit einiger Zeit ehrenamtlich für den Malteser Hospizdienst in Dortmund tätig. Seit Beendigung der Ausbildung zur ehrenamtlichen Sterbebegleiterin betreue ich Olaf und das nun auch schon seit über einem Jahr. Der Dienstag ist zu unserem Tag geworden. Ich besuche ihn in der Einrichtung in der er wohnt und wir verbringen ein bis drei Stunden zusammen. Zeit, in der wir lachen, weinen, Musik hören, Filme schauen, quatschen… ganz „normal“ ALSo. Nunja, quatschen ist bei uns etwas anders.

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Ich quatsche und seine Worte werden durch einen Computer vorgelesen, in dem er zuvor Buchstabe für Buchstabe mit den Augen anklickt. Olaf kann nicht mehr reden, nicht mehr essen, sich nicht mehr bewegen, seine Liebsten nicht mehr umarmen, denn Olaf hat ALS. Amyotrophe LateralSklerose ist eine Erkrankung des Nervensystems, die immer weiter voranschreitet.

ALS ich Olaf kennenlernte, konnte er noch reden und so erfuhr ich viel über ihn, sein Leben, seine Familie und über all das, was ihn als Menschen ausmacht. Bereits nach einigen Wochen viel ihm das Reden zunehmend schwer und schon bald übernahm sein Computer, mit einer speziellen Augensteuerung, das Reden für ihn. Die Augensteuerung funktionierte mal mehr und mal weniger gut, aber wir verstehen uns meist auch ohne viele Worte. Sobald ich seine Wohnung betrat und der Musik lauschte, die er gerade hörte, wusste ich quasi schon, wie in etwa es ihm momentan geht. Musik ist ein großes Thema in Olaf’s Leben. Selbst Musik machen, komponieren und singen, das hat ihm schon immer großen Spaß gemacht und so dauerte es auch nicht lange, bis wir zusammen Musik hörten. Was soll ich sagen… mittlerweile höre ich sogar Metal. Olaf hat meinen Musikgeschmack also wirklich sehr erweitert oder wie er sagen würde „…verbessert“. Auch einen seiner selbst komponierten Songs, die er auch selbst gesungen hat, schickte er mir. Wir tauschen immer mal wieder Songtipps aus und ich freue mich jedes Mal wie Bolle, wenn ich ihm ein Lied zeigen kann, das er noch nicht kennt. Diese Momente sind allerdings sehr selten, da Olaf einfach so gut wie jedes Lied, den passenden Interpreten, das Erscheinungsjahr und meist noch einige Infos zu den Bands parat hat... sehr beeindruckend!

Nun höre ich seit einigen Monaten meist alleine Musik. Aufgrund des Corona-Virus‘ ist der Dienstag nicht mehr unser Tag, denn Olaf gehört zu der sogenannten Risikogruppe, da er beatmet wird. Gerade in den ersten Wochen fiel es mir sehr schwer, ihn nicht besuchen zu können. Zum Glück schrieben wir ab und an über Whatsapp, sodass der Kontakt nie abbrach. ALS ich im März draußen im Wald unterwegs war, dachte ich mir, dass ich ihm einfach ein paar Fotoaufnahmen und Videos aus der Natur schicke, denn Olaf ist ans Bett „gefesselt“ und kann seine Wohnung seit langer Zeit nicht verlassen. Seine Reaktion darauf freute mich sehr, denn er schrieb, dass er die Aufnahmen sehr genieße und so auch bei ihm der Frühling langsam ankomme. Das war der Schlüsselmoment an dem die Idee entstand, ihm immer wieder an meinen Spaziergängen und Unternehmungen teilhaben zu lassen. Mir ist es einfach wichtig, dass Olaf sich nicht allein gelassen fühlt und so kamen seit März insgesamt mehr als 100 Foto- und Videoaufnahmen zusammen. Es ist schon eine Routine geworden, mein Handy und meine Kamera mitzunehmen, sobald ich das Haus verlasse.

Durch Corona sind soziale Kontakte zwar weiterhin eingeschränkt, aber Menschlichkeit ist immer möglich.
„Menschlichkeit ist die Eigenschaft von Menschen. Alles was zum Menschen gehört, ist Menschlichkeit. Was das typische Menschliche ausmacht, darüber streiten die Gelehrten. In einem engeren Sinne ist Menschlichkeit Menschenfreundlichkeit, der liebevolle, auch helfende Umgang mit anderen Menschen.“ (https://wiki.yoga-vidya.de/Menschlichkeit)

Was sollen wir als Gesellschaft deshalb nach der Corona-Zeit anders machen – oder unbedingt bewahren?
… weiterhin Rücksicht nehmen und das nicht nur in Bezug auf Mund- und Nasenmasken.
… weiterhin die kleinen und einfachen Dinge im Leben zu schätzen lernen (Wann hat man sich jemals so über eine Rolle Klopapier gefreut?!).
… Menschen ein Lächeln schenken (Klappt ohne Maske auch garantiert besser).
… Zeit verschenken (…Und wenn es nur ein kurzes Telefonat von 5 Minuten ist).
… Mitmenschen richtig zuhören und ernsthaft nachfragen, wie es ihnen geht (In der Hektik des Alltags fragt man oft eigentlich nur so, wie es einem geht und gibt sich oft mit einer kurzen und knappen Antwort zufrieden.).
… einem Menschen einfach mal ein paar nette Worte sagen oder schreiben (Nette Worte kosten nichts und haben meist eine große Wirkung und zaubern ein Lächeln auf’s Gesicht.).
… sich auch mal Zeit für sich nehmen (Für sich selbst ein leckeres Essen zubereiten, raus in die Natur gehen, sich ein Glas Wein gönnen, Musik hören ……….).

Aileen

a4769

Corona und der geistige Tod

Wer von Ihnen, außer mir, hat das Gefühl bekommen, dass wir jetzt den Preis für unsere Art zu leben und handeln bezahlen?

„Ab sofort geht Körper vor Psyche“ hat ein Freund und Pflegekollege kürzlich zu mir gesagt. Wer daran glaubt, dass Körper und Geist zusammenhängt wird allerdings verstehen, dass es kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch ist. Körper und Psyche.

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Die Bundesregierung tut sehr viel um die gesundheitlichen Folgen für uns abzufedern.
Doch was ist mit der zweiten Seite der Medaille? Wir müssen uns verändern, das Virus zeigt es uns auf. Niemand kann das jetzt mehr ignorieren. Ein weiser Lehrer hat vor über 20 Jahren zu mir gesagt: „Wenn wir nicht hören wollen, bekommen wir vom Leben die Watschen, wenn wir weiter nicht hören wollen, werden die Watschen eben immer schlimmer.“
Waldbrände in Australien. Weit weg.

Todbringende Stürme in Florida. Hab`s gehört.
Kernschmelze in Fukushima durch Tsunami. Schlimm. Betrifft mich aber alles, Gott sei Dank, nicht.
Finanzkrise. Ja, war schon ein bissl mühsam.
So. Nichts gelernt? Jetzt müssen wir in Österreich menschliche Opfer bringen. Sind selber betroffen. Nicht mehr die „Anderen“. Und es wird wieder die Verantwortung von uns geschoben, wenn wir den Finger auf China richten.

Der Technikglauben und unsere Erkenntnis,- und Wissenschaftsparadigmen sind erschüttert. Ver-un-sicherung macht sich breit. Wir erkennen, dass es die vermeintliche Sicherheit nicht gibt und wir den Kontrollverlust auch mit dem Horten von Waren nicht besiegen können.
Wir werden nun alle langsamer, kaserniert mit der Aufgabe uns mit uns selbst zu beschäftigen. In Ruhe zu kommen. Oder steigt doch wieder nur der Fernsehkonsum? Vielleicht ist jetzt die Zeit da, vor der der bekannte Spruch gewarnt hat: „Irgendwann werdet ihr erkennen, dass ihr euer Geld nicht essen könnt“. Großbritannien und Holland waren bis vor kurzem besonders abstoßende Beispiele wie Wirtschaft vor Menschenleben gestellt wird.
Lasst uns jetzt solidarisch zusammenstehen und gestärkt verändert die Krise, in die wir uns selbst hineingezwungen haben, als Chance nutzen um unsere Prioritäten im Leben zu überdenken. Ja uns überhaupt die Sinnfrage zu stellen. Es gibt mehr zu tun. Anderes als die bisherigen persönlichen Schwerpunkte, wenn es denn überhaupt welche gab.

Ist für vieles genau jetzt die Zeit, das zu tun was ich ewig vor mir hergeschoben habe? Ich meine damit nicht die vielzitierte „Bucketlist“ und den Aktionismus vieler, sondern das „warum bin ich hier?“. Was habe ich privat und beruflich zu verändern um mein Talent in die Welt zu bringen, anderen Menschen zu helfen, Gutes zu tun, etwas Sinnvolles beizutragen, zu geben? Ist es genug nur egoistisch fixiert auf mich und meine angehäuften Güter zu starren, weiterhin auf deren Vermehrung hin zu arbeiten und dabei Ressourcenausbeutung und Tierleid in Kauf zu nehmen?

ICH und SOFORT, die zwei wichtigsten Worte heutzutage. Geiz ist geil und die deutsche Postbank proklamierte „unterm Strich zähl` ich“. Der platzgreifende Egoismus ist beschämend für die „Krone der Schöpfung“. So gehen wir dem geistigen (und auch körperlichen) Tod entgegen und zahlen einen, wie wir gerade sehen, unglaublich hohen Preis.
Solche Krisen sind auch in Zukunft nicht mit noch mehr Forschung in der Medizin zu vermeiden, denn es wird wahrscheinlich nie ein Ende von Krankheit geben, sondern nur durch eine Veränderung von uns Menschen. Der emeritierte Abt eines österreichischen Benediktinerstiftes sagt: „Nun kommen die wahren Werte an den Tag. Stopp dem pausenlosen Hasten und Vergnügen“.

Manche Menschen werden auf das „Wegnehmen des bisherigen Lebens“ mit Aggression reagieren, andere mit Depression. Die Hopi Indianer sagen (frei zitiert): Da ist ein reißender, mächtiger Fluss. Die, die versuchen sich am Ufer festzuhalten werden sich zerrissen fühlen. Wir müssen vom Ufer loslassen und in die Mitte des Flusses stoßen, die Augen offen halten und den Kopf über Wasser. Es wird uns an neue Ufer bringen. Wir sind die, auf die wir gewartet haben.

Wer spürt noch in sich eine leise anklopfende, tiefe Sehnsucht nach Liebe und Verbundenheit (auch zu Höherem) unter der Decke der Produktionshektik und des Konsumwahns? Ich denke es braucht mehr Mut dieser glückbringenden Sehnsucht nach Wahrheit und Werten zu folgen und sein Leben bestmöglich danach auszurichten als den nächsten Kredit fürs neue Auto abzuschließen, welches ich vielleicht gar nicht brauche.
„Sinn ist der Kern von Gesundheit“ sagt Zukunftsforscher Matthias Horx. Jetzt bekommt sein Statement von Oktober 2019 ein ganz neues Gewicht. Sinn in der Krise im Angesicht von Corona. Mindfulness, Achtsamkeit waren schon vor Corona die Schlagworte für manche. Ich sage eindringlich: „Aufwachen, die Zeichen der Zeit erkennen, neu orientieren und mutig losgehen“.

Wie das gelingen kann?
-Ab sofort Verantwortung übernehmen für sein Tun in ethisch-moralischer Hinsicht!
-Akzeptanz einer inneren Leere welche mit Konsum nicht gefüllt werden kann!
-Persönliche Wege finden diese Leere zu füllen (Exemplarisch: Was ist [mir] wirklich wichtig? Was berührt mich innerlich? Was ist  der Unterschied zwischen „wollen“ und „brauchen“)

Im Sinne eines bestmöglichen Ausgangs der Krise, die Chance für uns ist, müssen wir uns diese Fragen JETZT stellen und uns gleichzeitig klarmachen, dass wir ganzheitlich auf allen drei Ebenen Körper, Geist und Seele an uns arbeiten müssen. Alles andere ist einseitig.
Obwohl wir alle in diesen Prozess hineingezwungen werden, ist es wichtig sich selbst dafür zu entscheiden den Weitwanderweg der eigenen (Gewissens-)Reifung zu beschreiten.
In Glaube, Liebe und Hoffnung

Michael Stubbings
Krankenpfleger, Coach

a4771

Quarantäne, Covid, Corona - schöner war’s echt ohna!

Zu Hause lernen, denn die Schulen sind zu-
da liegen die Nerven blank im Nu!

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Quarantäne, Covid, Corona -
schöner war’s echt ohna!

Home schooling - was gemütlich klingt,
den Familienfrieden ins Wanken bringt.

Quarantäne, Covid, Corona -
schöner war’s echt ohna!

Home office, Haushalt verwalten
und gleichzeitig Kinder bei Laune halten.

Quarantäne, Covid, Corona -
schöner war’s echt ohna!

Pflege ist systemrelevant!
Immerhin hat man das jetzt erkannt!

Quarantäne, Covid, Corona -
schöner war’s trotzdem ohna!

Coronazeit weit und breit,
uns fehlt die Geselligkeit.

Quarantäne, Covid, Corona -
schöner war’s echt ohna!

Freibad noch zu im Mai,
Corona, da ist der Spaß wirklich vorbei!

Claudia Riedel

a4773

Hospizarbeit heißt vor allem abschiedliche Begegnung ermöglichen,

zugewandt agieren und kommunizieren, den anderen ganzheitlich wahrnehmen. Fast von einer Stunde auf die andere war Begleitung von Zugehörigen reglementiert, auf wenige Menschen reduziert. Nur noch nahe Angehörige begleiteten die Sterbenden. Ehrenamtlichen, die sonst eine tragende Säule der Hospizarbeit sind, wurde Untätigkeit verordnet. Für mich war die Frage im Ehrenamtsmanagement, was kann dennoch möglich sein, welche kreative Ideen helfen noch etwas von der hospizlichen Haltung zu bewahren.

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Gefunden wurden unter anderem Balkongespräche, natürlich die Wiederentdeckung des Telefons und des Briefschreibens, Karten, Grüße, die einfach so im Briefkasten von unbekannten Ehrenamtlichen an Menschen in der Isolation geschrieben wurden.

Was hat mich dabei am meisten berührt – oder erschüttert?
Ostern ohne Gottesdienstgemeinschaft – wie soll das gehen? Frohe Botschaft allein im eigenen Kämmerlein…
Und doch entstand durch kreative Menschen für mich ein besonderes Erleben:
Unsere Hausgemeinschaft erfreute ein Osternachts-Gruß unserer Nachbarn. Beim nächtlichen Blick aus dem Fenster leuchtete in unserem gemeinsamen Garten ein Kreuz. Ich war sehr berührt und dankbar für diese besondere Ostergemeinschaft.

Was sollen wir als Gesellschaft deshalb nach der Corona-Zeit anders machen – oder unbedingt bewahren?
Ein Ehrenamtlicher, der in der freien Wirtschaft eine Leitungsposition inne hat, schrieb am Ende seines Briefes: „Und wahrscheinlich....sind Sie alle unterbezahlt ?“

  • Ja, faire Bezahlung und Wertschätzung für alle (plötzlich) systemrelevanten Berufe!
  • Mehr Unterstützung für nachbarschaftliches Miteinander, politisch gewollt, aber auch finanziert… Denn gerade dieses Engagement hat in der Krise so manche Not abgefedert.
  • Und ich -als Teil der Gesellschaft - lerne, dass vieles Selbstverständliche nicht selbstverständlich ist und von einem Tag auf den anderen unmöglich werden kann. So schaue ich - zumindest jetzt noch - auf vieles in meinem Leben besonders dankbar und hoffe achtsamer zu werden…

Sabine Beier

a4775

Ich denke eine Schlüsselerfahrung war die Tatsche sozusagen...

zum „Nichts-tun“ gezwungen zu sein. Zudem habe ich angefangen mir über Dinge Sorgen zu machen, die für mich vorher nicht sehr präsent waren. Ich habe Zusammenkünfte größerer Menschenmengen nie wirklich hinterfragt oder wie ich die Gesundheit meines Gegenübers negativ beeinflussen kann nur durch meine Anwesenheit. Ich meine, auch schon vor Corona existierten Viren, die sich auf manche Menschen stark auswirken können, die man an sich selbst aber vielleicht gar nicht so bewusst wahrnimmt. Allein sich zu fragen was es zum Beispiel für vorbelastete Menschen für Auswirkungen hätte, wenn ich sie umarme, war bei mir vorher nicht sehr präsent.

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Am meisten hat mich an dieser Erkenntnis erschüttert, dass ich auf die Gesundheit anderer Menschen negativ Einfluss nehmen kann mit Gesten, die ja eigentlich positiv gemeint sind.

Ich denke man sollte vielleicht manch sorglose Geste, die man aus einem Impuls heraus macht, mehr hinterfragen. Zudem sollte die Gesellschaft nicht vergessen den Blick über den Tellerrand zu tätigen, also auch wenn man vielleicht unter persönlichen Einschränkungen leidet, nicht vergessen was man dadurch schon für die Gesellschaft tun kann.

Vanessa Giesen

a4777

Lange überlegt und dann doch versucht, meine Sache auf Papier zu bringen...

Es war klar, daß wir nicht verschont werden. Besonders, da der Flugverkehr nicht eingestellt wurde. Zu dieser Zeit befand ich mich in Mittelburgenland, als es bei uns anging. Fuhr aber dann doch nach Wien, denn in meinem Alter hat man das Bedürfnis gelegentlich einen Arzt aufzusuchen. Da ich gut versorgt wurde, wir befanden uns alle in Ausnahmezustand, ging ich fast nicht weg, was meiner Wohnung guttat.

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Endlich gründlich machen,weil sonst zu fad alles ist. Mit Sicherheitsabstand bekam ich meinegewünschten Sachen, weil mein Sohn sich in Tirol befunden hatte, die Schischulen, kleiner waren alle weg, werden auch nicht mehr aufsperren können. Alle sind auch in Tirol nicht reich.

Er fuhr mit seiner Lebensgefährtin rechzeitig nach haus, allerdings mit Angst im Nacken. Eine meiner Töchter war in Matrei, Lienz und Salzburg singenderweise unterwegs gewesen, ihrerseits mit ihren Gefährten, also, der Himmel meinte es gut, niemand von uns ist bis jetzt krank! Die Angst bleibt, Bussi gibt es länger keines, auch Umarmungen fehlen. Allerdings mir nicht besonders, denn fand das unnötig. Hand reichen tue ich auch nicht sehr gern. Daher bin ich froh, es länger nicht tun zu müssen.

Habe einiges gelernt, leider ohne Hilfe der Familie, in form Pc u Handyanwendung. Ist ja kein Fehler, wenn man sich bildet! Die Angst im Nacken wird noch eine Zeit lang bleiben. Allerdings bin ich in der glücklichen Lage, eine Pension zu bekommen. Die vielen Leute, welche jetzt keine Job haben, tun mit leid. Vielleicht wird es wieder, das Schlagwort unserer Zeit ist sowieso die Flexibilität. Es wird wieder aufwärts gehen, davon bin ich überzeugt.

Brigitta Strauss-Wurzinger

a4778

#whocares – Pflege in der Pandemie

Interview im Rahmen des Projektes #CoronaPerspektiven

Die Besuchseinschränkungen in Pflegeheimen wurden zuletzt gelockert, doch immer noch befinden sich Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen in einer Ausnahmesituation. Die Erfahrungen des direkten Betroffenseins von der Corona-Pandemie sind noch präsent. Wie geht es denen, die sich hauptamtlich um die pflegebedürftigen Menschen sorgen in dieser Situation? Im Rahmen des Projektes #CoronaPerspektiven (s.u.) gibt Stefanie Beck Einblick in ihr Erleben der Pandemie. Sie ist Sozialpädagogin mit dem Schwerpunkt Musiktherapie im Hans-Sponsel-Haus in Würzburg.

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Wie nimmst Du die Situation des COVID-19 Ausbruchs wahrgenommen?
Durch den Ausbruch von Corona wurde meine Musikgruppe komplett gecancelt. Dadurch, dass die Bewohner*innen in Zimmerisolation kamen und zudem viele Kolleg*innen erkrankt waren, habe ich vermehrt hauswirtschaftliche und organisatorische Tätigkeiten übernommen. Was leider eine meiner Tätigkeiten war, war die Isolation der Bewohner*innen aufgrund der Auflagen des Gesundheitsamtes.

Wie ist die Situation jetzt, da wieder Begleitungen möglich sind?
Anfang Mai wurde die Zimmerisolation aufgehoben und die Bewohner*innen dürfen sich wieder frei auf den Wohnbereichen bewegen. Auf unserem Wohnbereich haben wir angefangen, mit den Bewohner*innen an deren Mobilität zu arbeiten, weil die Bewohner*innen, die 6 Wochen im Zimmer isoliert waren, massive Mobilitätsprobleme haben. Gestern konnte ich zum ersten Mal in den Zimmern bei den bettlägerigen Bewohner*innen Musik machen und habe einzelne Bewohner*innen dazu vor ihre Zimmertür auf einen Stuhl gesetzt. Wir hatten wahnsinnig viel Spaß!

Wie war die Begleitung während der Quarantäne möglich und wie reagieren die Bewohner*innen jetzt?
Begleitungen fanden nur in Einzelbetreuungen in den Zimmern statt, etwa mit Stadt-Land-Fluss, Gedichten und Kommunikations- und Gedächtnistraining. Ich konnte wegen der Schutzkleidung keine Musik machen. Nach der Öffnung der Quarantäne reagierten die Bewohner*innen ganz, ganz glücklich. Es herrschte fast eine ausgelassene Stimmung. Die Bewohner*innen saßen sich mit Abstand gegenüber und es waren auch Reaktionen wie „Ach schön, du lebst auch noch“ dabei.

Was ist für Dich die größte Schwierigkeit in dieser Situation?
Für die Bewohner*innen war die Isolation ganz heftig. Sie haben sich zum Teil selbst als Gefangene und die Situation als „schlimmer als im Gefängnis“ bezeichnet. Wir arbeiten auch mit dementen Menschen, die zum Teil als Reaktion auf unsere Schutzkleidung wirklich Angst und Panik bekommen haben. Beispielsweise schrie eine Bewohnerin, sie wolle nicht in die Gaskammer abtransportiert werden. Das Durchführen der Umzüge berührt einen auch persönlich, denn es sind Menschen, mit denen man jahrelang in Kontakt ist, die man kennt, mit denen man schöne Stunden verbracht hat. Plötzlich muss man ihnen erklären: Du bist jetzt infiziert, du musst jetzt isoliert werden. Für die Bewohner*innen im Pflegeheim, die auf einige Quadratmeter begrenzt leben, ist es fast utopisch, dass sie aus der Situation etwas Positives mitzunehmen, denn sie verbringen ihre letzten Tage, Monate oder Jahre im Pflegeheim. Für die Menschen, die zum Großteil den Zweiten Weltkrieg durchlebt haben, ist es natürlich oft eine bittere Erfahrung, am Ende ihres Lebensalters diese totale Isolation durchleben zu müssen.

Erfährst Du als Mitarbeiter*in Wertschätzung und Unterstützung?
Für mich sind aktuell die Gegendemonstrationen schlimm. Da war ich kurz davor, diese Demonstrant*innen ins Pflegeheim einzuladen. Wir hatten Kolleg*innen unter 40, die im Krankenhaus waren und mit Sauerstoff versorgt wurden. Professionelle Unterstützung ist da: Wir haben das Angebot der Krisenintervention und einen psychosozialen Dienst in der Einrichtung selbst. Wobei ich gemerkt habe, dass der Austausch mit anderen Kollegen sehr viel wichtiger war. Das Personal wurde in den Schichten und aus anderen Einrichtungen aufgestockt, wir bekamen Unterstützung von der Feuerwehr, vom Katastrophenschutz. Gerade in der Osterzeit haben wir sehr viel Aufmerksamkeit bekommen, auch von anderen Einrichtungen, die uns mit Durchhaltepaketen für Mitarbeiter*innen und Bewohner*innen versorgt haben. Wir sind als Team enorm zusammengewachsen und man spürt den Zusammenhalt in dieser Krise.

Welches konkretes Erlebnis hat in letzter Zeit einen besonderen Eindruck bei Dir hinterlassen?
Eine ganz liebe, herzige Bewohnerin aus meiner Musikgruppe wurde positiv getestet und ich musste ihr mitteilen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen isoliert wird. Das hat mir in der Seele weh getan. Ich denke gerade an ihre strahlend blauen Augen, ihr liebes Lächeln, eine tolle Frau. Sie saß einfach nur in ihrem Rollstuhl und hat ganz leise geweint und gesagt „Steffi, ich hab so Angst“. Ich habe zu ihr gesagt: „Ich bringe Sie an einen Ort, an dem man mehr auf Sie aufpassen kann.“ Im Hintergrund standen schon die Männer vom Katastrophenschutz, die uns bei den Umzügen unterstützt haben. Anders wäre es nicht möglich gewesen, an einem Tag standen elf Isolationen an. Als ich diese Bewohnerin in ihrem Rollstuhl aus dem Wohnbereich herausfahren musste, tat mir das in der Seele weh. Da musste ich wirklich schlucken und noch mehr habe geschluckt, als ich die Nachricht bekam, dass sie es nicht überlebt hat. Es hat mir unendlich Leid getan, dass ich sie mit ihrer Angst gehen lassen musste und keine Möglichkeit mehr hatte, mich noch einmal von ihr zu verabschieden. Das war dieses Gefühl der Machtlosigkeit: Du stehst diesem Virus gegenüber und musst professionell bleiben, aber im Grunde sterben Menschen und du kannst es nicht beeinflussen. Und du musst es später den anderen Bewohner*innen erklären, die noch leben. So stand ich an unserer Pinnwand und wir haben uns die Bilder von der letzten Weihnachts- und Faschingsfeier angesehen. Dort waren die Bewohner*innen noch in ihren Kostümen abgebildet und heute fehlen einige von ihnen. Wir konnten nicht einmal Abschied nehmen oder mit den anderen Bewohner*innen eine Gedenkfeier machen, ein Bild aufstellen, ein Solarlicht, Lieder singen. Das alles war jetzt in dieser Zeit nicht möglich, weil die Bewohner*innen isoliert waren. Das bewegt mich, ganz klar.

Was wünschst Du Dir für die kommende Zeit?
Dass die Bewohner*innen endlich wieder Besuch bekommen können und dass für sie wieder etwas Normalität einkehrt. Dass kein Bewohner*in mehr an Corona erkrankt und alle, die jetzt gesundheitlich angeschlagen sind, schnell wieder gesund werden.

Wir danken Stefanie Beck sehr für ihre Bereitschaft in dieser herausfordernden Pandemiesituation ihre Eindrücke zu teilen. Das Interview führte Franziska Schmid, Theologiestudentin an der Universität Freiburg.  
Dieser Text ist entstanden im Rahmen des Projektes "Corona-Perspektiven" der Jungen AGENDA, einem Zusammenschluss junger katholischer Theologinnen. Die jeweiligen Autor*innen beleuchten ihre Perspektiven auf die aktuelle Situation im Hinblick auf verschiedene, weniger sichtbare gesellschaftliche Gruppen. AGENDA – Forum katholischer Theologinnen e.V. ist aus dem KDFB hervorgegangen. Die Junge AGENDA wird von der KDFB-Frau Sarah Delere koordiniert.

a4779

Palliative Care in Zeiten von Corona – Kein „Nice-to-have

Neben vielen sozialen und gesellschaftlichen Erkenntnissen – ausgelöst durch die Corona-Pandemie - bestätigt mich vor allem ein wichtiger Punkt: Palliative Care ist kein „Nice-to-have“, sondern ein „Need-to-have“. Fragen zur Gestaltung des Lebensendes, der Verteilungsgerechtigkeit und der Sorge für mich und andere sind 2020 ganz zentral. Palliative Care muss hier breit gedacht werden. Die Reflexion des Begriffs der Sorge (für mich und für andere) spielt dabei eine übergeordnete Rolle. Sie ist von zentraler Bedeutung.

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Wir müssen Gespräche (Dialoge) am und zum Lebensende im Sinne von Zuhören und Erzählen fördern. Wir müssen Sorgegespräche (Care Dialogue) in die Lebenswelt der Beteiligten bringen, um dort anknüpfen zu können. Und wichtiger denn je: Jeder und jede kann diese Gespräche führen. Es gibt hier keine Zugangskriterien, es muss nicht effizient sein und es müssen keine Lösungen präsentiert werden. Wir wären gut beraten, wenn wir die Kompetenz Sorgegespräche zu führen, zunehmend von der Institution an die „sorgende“ Gesellschaft (also an uns alle, in die Familien, in die Kommune, in unser Netzwerk) zurückgeben. Also dorthin, wo sie (auch) hingehören.

Michael Rogner

a4780

Es gab sicher viele „Schlüsselerfahrungen“, aber...

eine ist uns besonders in Erinnerung geblieben:
Corona hat uns alle beschäftigt. Es kam wie eine Flut über uns und es machten sich schnell ganz viele Gefühle breit: Angst, Panik, Schock, Aufregung,….. Was machen wir nun mit unserer Arbeit am Menschen, die sowieso schon schwierig ist und mit ganz viel Feingefühl zu absolvieren ist??

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Uns / mich hat dabei besonders „unser“ Engagement der Ehrenamtlichen und der selbstverständliche Zuspruch für unsere Arbeit von den verschiedensten Ebenen  berührt. Jeden Tag haben wir uns darüber den Kopf zerbrochen, wie wir weiter machen können? Den Menschen weiter begleiten, trotz aller gebotenen Vorsicht und der besonderen Umstände. Wir haben uns dann ganz schnell entschieden, dass wir weiter verlässlich arbeiten wollen und für den Menschen da sein wollen. Gerade jetzt! So ging es gefühlt in Sekunden los. Von allen Seiten kam unaufhaltbare Motivation, neue Ideen, Engagement, vor allem Herz und Haltung zu unserer Arbeit. Und HILFE!

Unsere eigene Nähtruppe ging an die Nähmaschinen und machte Mundschutze. Apotheken machten uns Desinfektionsmittel fertig und gaben es zu tollen Konditionen ab. Und dann brauchte es nur noch Einmalhandschuhe: Auch diese konnten wir ergattern und zackig packten wir unsere eigenen „Schutzpakete“ für unsere Begleiter*innen. Währenddessen kamen plötzlich Spenden ins Haus, um genau das zu unterstützen. Mit den Worten: „Wenn wir auch sonst nicht viel tun können, aber das können wir Ihnen geben!“ Was für großartige Menschen – alle zusammen. Dann noch ein Artikel in der hiesigen Zeitung, um den Bürgern*innen deutlich zu machen: „Wir machen weiter, melden Sie sich gerne, wenn Sie Hilfe benötigen!“ Und dann ging es auch sofort wieder los. Ganz anders, aber wieder da sein und helfen können. Darum ging und geht es uns.

Zusammenhalt und einfach Anpacken!!! Jeder*jede mit seinen*ihren Talenten. Mit Kopf, Hand Herz und Fuß. Sehen, worauf es wirklich in solchen schweren Situationen ankommt und handlungsfähig bleiben.
Was für ein großartiges Gefühl in so einer krisenreichen Zeit!!!

Elisabeth Beerling-Albert 

a4781

Alles ist anders

Auf meinem Fahrrad fahre ich durch die Stadt, das darf ich, denn Sport ist erlaubt. Scheinbar weiß das keiner, aber ich bin mit Abstand die Einzige, die hier in unserer großen Stadt diesen Sport ausübt. Ich bin ins Zentrum gefahren, habe mein Handy dabei und fotografiere, weil so etwas gibt es bestimmt lange nicht mehr. Alles ist leer – die Straßen, die Bürgersteige, die Bänke, das Pflaster, auf dem sonst Tausende Füße herum trippeln – leer.

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Die Läden, in denen sich mancher Trödel stapelt – geschlossen. Die Museen, die sonst von Kunstbegeisterten aus aller Welt gestürmt werden – verrammelt. Die Cafes, in denen man so schön die Zeit verbringen kann mit dem Studium der Leute – dicht. Ebenso die kleinen und großen kulturellen Darbietungen, wie Musik, Theater und Tanz – diese Medien sind auf unbestimmte Zeit nicht er-fassbar.

Was mich daran stört, ist diese Leere, die überall herrscht, ist diese Schockstarre, in die so viele Menschen gefallen sind, ist diese Angst vor etwas Unbekanntem, die uns allen von hinten über den Nacken in den Hals und ins Gesicht kriechen kann. Und wenn diese Angst dann erstmal unseren Kopf erreicht hat, geht gar nichts mehr für die Einen. Stumm ertragen sie alles, was der Fernseher dudelt, verkriechen sich hinter Ihren Laptops und Steppdecken und lassen die Zeit an sich vorüber ziehen. Und verlieren diese Angst nie mehr wieder. Oder sie wachen vielleicht irgendwann auf – und sind wie gereinigt von alldem, was sie früher gequält und behindert hat. Sie fühlen sich, als könnten sie jetzt alles anders machen, als wäre ihnen eine neue Chance gegeben. Sie trauen sich Dinge zu, die sie früher nur anderen zugetraut hätten.

Diese Angst kann sich aber auch in eine kleine immer vor sich hin plärrende Zecke verwandeln, die ihren Platz im rechten Ohr hat. Sie hört nicht auf, sich zu beschweren, wie mühsam jetzt alles sei, und wie sehr man es doch verdient hat, jetzt gerade alles anders zu machen, und dass man selbst gar keine Schuld hat an der Situation – aber es gibt da andere, die beschneiden die Zeit, in der ich auf die Straße kann, die schreiben mir vor, wen ich treffen kann und wen nicht, die mischen sich ein in meine Kleiderordnung, plötzlich soll ich was vorm Gesicht tragen – Bähhh - , die sagen, dass ich arbeiten kann und dann wieder nicht, die sind mir ja so etwas von leid, alle diese Verbote, die auf mir liegen wie bei einem dick belegten Hamburger und alle trampeln auf mir herum. Und inzwischen ist die Zecke weiter gewandert, denn das haben ja Zecken so an sich und plärren ins nächste rechte Ohr.

Die Angst kann aber auch zu ungeahnter Kraft umgewandelt werden, Kraft, die in Worte, in Noten, in Videos, in Lachen, in Aktivität umgesetzt wird. Und dann entstehen Sachen, die, wenn die Angst nicht erst einmal dagewesen wäre, nicht entstanden wären. Die Angst kann sich manchmal auch gar nicht entfalten, da nämlich, wo sie keinen Platz findet, wenn Leben gerettet oder Sterben begleitet wird, wenn Hilfe nötig ist und Hilfe gegeben werden kann und muss. Sie zeigt sich manchmal in einer zitternden Hand beim Zigarette rauchen in der Pause, beim Herzklopfen in der gefühlten langen Pause nach dem Klingeln an einer Wohnungstür und beim Lesen der Mails von nahen, aber jetzt ganz entfernt lebenden Verwandten.

Jetzt ist diese stille Phase schon lange vorbei. Wenn ich jetzt mit dem Fahrrad fahre, muss ich aufpassen, denn irgendein Auto oder irgendein Laster will mir meistens die Vorfahrt nehmen – aber nein, da winkt es aus dem einen Auto und da hupt der Lasterfahrer und lässt mich vorbei – träume ich, oder kann es wirklich sein, dass jetzt ein bisschen mehr Rücksicht da ist? Schwer war es, in der leeren Stadt herum zu fahren, aber muss sie denn immer so voll gestopft werden? Und muss ich wiederum überall hin reisen, nur damit ich sagen kann: ich war auch dort! Müssen denn wirklich so viele Flieger in alle Welt fliegen? Und kann nicht diese Hilfsbereitschaft, die überall aufgeflackert ist, nur ein kleines bisschen erhalten werden? Und kann man denn auch mal mitdenken, auch in einem Job, wo das nicht erwünscht war? Und können manche Menschen nicht den Mut fassen und neue Sachen denken und neue Sachen bewegen, die dem Menschen nutzen und dafür ihre alten Pfade verlassen? Und können Regierungen genauso handlungsorientiert wie in der Krise arbeiten und nicht nur den großen Unternehmen unter der Hand Millionen zuschieben? Und kann ich nicht auch etwas dazu tun, dass diese Welt, in der wir leben, ein kleines bisschen lebenswerter wird?

Alles ist anders jetzt – vielleicht - hoffentlich!

Berit Kaboth

a4782

Der abrupte Stopp der ehrenamtlichen Besuche...

in einem Altersheim, nicht mal Zeit für Abschiede. Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei den Menschen dort und in den vielen anderen Einrichtungen auf der ganzen Welt, die plötzlich auf sich selbst und die überarbeiteten Pflegekräfte angewiesen wurden. Wie erklärten die Pfleger*innen Menschen mit Demenz, weshalb der Alltag plötzlich auf den Kopf gestellt wird und kein Besuch mehr kommt?

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Wie viele einsame und angstvolle Todesstunden mag es gegeben haben? Wie ist es als Angehörige, die geliebten Menschen von heute auf morgen nicht mehr sehen zu dürfen? Die herzzerreißende Berichte aus kanadischen Pflegeheimen, in dem Hilfsbedürftige tagelang nicht mal gewaschen wurden, machte dies zur wahrhaften Passionszeit.

Was ist der richtige Weg für Christen in dieser Situation? Soll das radikale Liebesgebot über Sorgen um Sicherheit und Tod stehen? An große Vorbilder aus der Vergangenheit habe ich gedacht, wie z.B. die „Grauen Schwestern“ in Montreal, die sich im 19. Jahrhundert bei einem Ausbruch von Typhus um die erkrankten Einwanderer am Hafen kümmerten und dabei selbst oft tödlich erkrankten. War nicht das Lebensbejahende, von dem Jesus spricht, immer mit dem aus Menschenliebe Todesbejahenden eng verwoben?

Aber dann wurden diese Fragen etwas geerdet. Todesmütig zu sein hätte nur Sinn, wenn meine Tätigkeit selbst lebensrettend wäre, wie es der Fall mit unseren medizinischen und pflegerischen Fachkräften ist. Und in der heutigen Situation würde ich bei einer Selbsterkrankung unter Umständen die Fachkräfte im Gesundheitssystem noch mehr belasten. Dennoch fällt es sehr schwer, weiterhin untätig zu sein: die „rationalen“ Gründe und das „aktionistische“ Herz stehen in großer Spannung zueinander.

Die Kreativität, die die Welt gezeigt hat, um Yogakurse, Konferenzen usw. während des Lockdowns zu ermöglichen, würde ich mir auch im Bereich der Altenpflege sowie des Ehrenamtes sehr wünschen. In Portugal, schrieben die Zeitungen, wurden Hebebühnen außerhalb Pflegeheime aufgestellt für Besuche am Fenster. Es gab sicherlich noch einige pfiffige Ideen von einzelnen Einrichtungen, aber bei weitem nicht so viele oder so weittragende wie in anderen Bereichen. Die Grundprobleme und -fragen bleiben immer noch bestehen.

Wie eine überdimensionale Zeitlupe hat die Pandemie gravierende gesellschaftliche und strukturelle Ungerechtigkeiten schmerzlich klar ans Tageslicht gebracht. Unsere Mitmenschen, die unter diesen Ungerechtigkeiten leiden, dürfen nicht von uns alleine gelassen werden.

a4783

Unsere Gesellschaft

Zuerst möchte ich mich bedanken, falls hier wirklich alles gelesen bzw. auch akzeptiert wird, denn so eine Idee ist prima. Ich hoffe, viele Leute machen mit und sind ehrlich.

Zu der Frage, was hat die Krise gezeigt, was wir vorher falsch gemacht haben, möchte ich mich in Stichworten äußern:

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1) Die Frage ist verkehrt gestellt, denn vor der Krise ist nichts falsch gemacht worden, sondern alles auf Macht und Geld ausgerichtet,  ohne auf die Belastbarkeit der Menschen zu achten (jedenfalls dem Großteil der Menschen)---genau den Maßstab des kapitalistischem System entsprechend...

Dabei will ich nicht behaupten, der Mensch sei unschuldig! Er baute sich in unserem derzeit besten System unnötige Barrieren auf ...... die Ungerechtigkeit nimmt zu sowie täglich die Schere zwischen arm und reich.

2) Das System wird immer härter, die Pflegepersonalien wurden zusammengestrichen, das Gesundheitssystem kaputt gespart.
Die Krankenhäuser massenhaft privatisiert. Die Pflegekassen immer mehr aufgebläht, statt zu reduzieren. ( Drei Krankenkassen wären genug für Deutschland). Wettbewerb ist gut und richtig, jedoch nicht an jeder Stelle. Die Konsequenzen sehen wir nun in aller Deutlichkeit. Seit über dreißig Jahren, nicht zielführend für uns Menschen, haben wir diese fehlgeleitete Entwicklung fortgesetzt unter dem Mäntelchen Fortschritt, immer mehr Gewinn und für einzellne immer mehr Macht und Geld.

Da selbstverständlich alles im Zusammenhang gesehen werden muss, setze ich hier erst einmal einen Punkt und komme zur Frage, was mich am meisten erschütterte:

Eine Kundin ist im Pflegeheim an Einsamkeit gestorben, nachdem ich sie nicht mehr besuchen konnte durch genannte Situation. Es gefiel ihr schon vorher nicht (Unterbringung im Heim) und ich war ihr einziger Halt.

Desweiteren der psychische massive Druck, der auf jeden Menschen durch die Medien eindrang--bis heut. Es gab Zeiten, da konnte man nicht abschalten überall und tausendfach diese Coronapräsens. Da werden Menschen krank, depressiv und ängstlich. Meine Bemühnungen diesbewzüglich, einigen Sendern mitzuteilen, dass sie mal eine Stunde Coronafrei senden sollten--gelang mir nur im MDR Sachsen.

Zu Ihrer dritten Frage, was danach wir anders machen bzw. wir uns bewahren sollten: Vielleicht äußere ich mich später noch einmal. Allerdings könnte man es auch ableiten, von dem, was ich bis jetzt schrieb.

Ich möchte jedoch nicht versäumen, dass bereits 2013 die Bundesregierung sich damit befasste.
Mit der Drucksache 17/12051 Vom 3. Januar 2013 unterrrichtete die Bundesregierung in  vollem Maße (zweiten Teil). Einzusehen  unter 1722051.pdf

Das sollten wir nicht vergessen.

Abschließend möchte ich Ihnen einen Brief an unseren Bundespräsidenten von mir senden, der bis heute unbeantwortet blieb, vor dem Ausbruch der Krise geschrieben und dieses sagt auch viel zum o.g. Thema.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

Sie riefen mit Ihrer Rede in Zwickau zum Aufstehen gegen Hass auf.
Recht haben Sie unbestritten, doch das reicht bei Weitem nicht! In Ihrer Rede und auch in denen anderer Verantwortlicher Poitiker vermisse ich immer wieder, das kleine Wort WARUM?

Jede Erscheinung, jede aktuelle Tatsache, jede Handlung, jede Entscheidung haben Ursachen.
Diese auszusprechen, dann analysieren und dann negative Ursachen abschaffen. Das wäre der gangbare Weg zur Bekämpfung aber auch zur Erhaltung der Demokratie.

Mir liegt es fern, verwirrende Fehlentscheidung der regierenden Parteien hier aufzuzählen, denn mir ist bewusst, falls Sie jeweils diese Nachricht persönlich lesen, werden Sie mir niemals antworten. Und genau  das ist der erste Punkt, Kritik wird niemals beantwortet...

Trotz alledem schreibe ich Ihnen, das ich in folgenden Kriterien die Ursachen sehe:

Bildungssystem in unserem Land
ständig wachsende Bürokratie, die Menschen werden zerrieben in diesem Rad von Bestimmungen  ( z.B. Datenschutz)
mächtiger Apparat in Brüssel
Niedrigzinspolitik
Internet----keine Kontrolle mehr
arrogantes Auftreten von Politikern
Globalisierung, kein Land kann mehr für sich allein sorgen, da die Machtgier der Konzerne dies verhindern....

Undine N.-Sommerer

a4784

Begleitung von Schwerkranken in Zeiten von Corona

Mein Name ist Burkhard Häfner. Ich bin ehrenamtlicher Hospizbegleiter bei den Aschaffenburger Maltesern und heute ist Christi Himmelfahrt 2020. Wir befinden uns also immernoch mitten in der Coronapandemie. Mit der Himmelfahrt haben es meine Begleiteten nicht so eilig – wie die allermeisten von uns. Trotzdem ist der Tod nicht etwas, das, realistisch betrachtet, noch sehr fern für sie ist.

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Die eigene Sterblichkeit ist im Bewusstsein meiner Begleiteten daher sehr präsent. Dabei ist mein „offiziell“ Begleiteter, ein 88 Jahre alter Herr in einem Altenpflegeheim, für sein Alter noch recht fit. Ihn darf ich aber wegen der epidemiebedingt erlassenen Kontaktbeschränkungen leider nicht mehr besuchen. Mein „inoffiziell“ Begleiteter, den mir die Wochenzeitung Die Zeit im Rahmen der Aktion „Deutschland spricht“ (über Corona!) als Gesprächspartner vermittelt hat, ist erst 52 Jahre alt, Vater einer 8-jährigen Tochter, die er gerne aufwachsen sehen würde, und unheilbar an Krebs erkrankt. Wir skypen ein- oder zweimal die Woche.

Krebs diagnostiziert wurde auch bei meiner Mutter, 88 Jahre alt, wieder. Und das ausgerechnet nachdem sie ihren Brustkrebs fünf Jahre lang rezidivfrei überlebt hatte. Wir wollten das gebührend feiern, doch daraus wurde nichts. Ein Lymphom hatte begonnen ihre blutbildenden Zellen im Knochenmark so weit zu verdrängen, dass sie immer schwächer wurde, wie nach zweimaligem, kurzen Krankenhausaufenthalt zur Abklärung der durch den Hausarzt diagnostizierten schweren Anämie, festgestellt wurde. Während der ersten dreitägigen Hospitalisierung wurde nach Blutungen im Magen oder Darm gesucht. Man fand keine.

Damals konnte ich sie noch täglich besuchen. um ihr Mut zu machen und um ihr ein Stück Kuchen mitzubringen, das sie immer gerne gegessen hat. Die behandelnde Ärztin erklärte uns bei der Entlassung, dass noch eine Knochenmarkpunktion anstehe. Mir war klar, was das bedeutet, denn ich hatte über ein Jahrzehnt in einem Pharmaunternehmen an Medikamenten zur Behandlung von Leukämien und Lymphomen geforscht. Dann verlor ich durch eine Umstrukturierung – ich hatte bereits drei Entlassungswellen miterlebt, war aber von ihnen verschont geblieben – meinen Arbeitsplatz. Mit um die 50 Jahre waren ich und die anderen Entsorgten in diesem Alter wohl zu teuer geworden, denn es wurden zwei Jungwissenschaftler an meiner Stelle eingestellt, die es aber beide kein Jahr bei „uns“ aushielten. US-Manager sind nicht jedermanns Sache. Meine Entlassung traf sich gut - ich kann es heute so sehen. Damals machte sie mir schwer zu schaffen, denn ich hatte viel Herzblut vergossen während meiner Zeit als Pharmaforscher und war auch nicht vollkommen erfolglos gewesen. Warum traf sie sich gut? Weil meine Mutter schon seit Monaten mit einem Knoten in der Brust herumlief, wie sie mir während eines Besuchs bei mir in Belgien zur Zeit meiner damals drohenden Arbeitslosigkeit berichtete. Sie war 83 Jahre alt und lebte seit 1991, nachdem mein Vater an Darmkrebs verstorben war, allein. Meine Mutter hatte meinen Vater drei Jahre lang aufopfernd gepflegt. Ich war weit weg an der Uni. Sie hatte sieben lange Monate auch mir beigestanden als ich 2001 selbst an Krebs erkrankt war und nach einer zehnstündigen Operation fünf Monate nicht arbeiten konnte. Während dieser Zeit erhielt ich auch sechs Wochen lang Strahlentherapie. Dazu machte meine Mutter mein Elternhaus dicht und zog zu mir nach Belgien. Jetzt war es an mir, mich zu kümmern und ich brach meine Zelte in Belgien, wo ich fast achtzehn Jahre lang gelebt und gearbeitet hatte, ab und zog bei ihr ein mit der Absicht nach ihrer Operation und Strahlenbehandlung in Deutschland eine neue Stelle in der näheren Umgebung zu finden. Daraus wurde nichts. Als sie ein Jahr später einen Kleinhirninfarkt infolge einer Thrombose erlitt, gab ich meine zäh verlaufende Stellensuche auf um sie nicht zur Pflege in ein Heim geben zu müssen. Inzwischen hatte ich auch die Ausbildung zum Hospizbegleiter bei den Maltesern in Aschaffenburg absolviert. Ich interessierte mich schon seit meiner Zeit in der Pharmaindustrie für palliative Versorgung, da mir immer deutlicher geworden war, dass wir noch weit davon entfernt sind, viele Krebspatienten durch Behandlung mit Medikamenten heilen zu können. Wie mir die Coronakrise bestätigt hat, war es die richtige Entscheidung gewesen, meine Mutter zu pflegen, denn ich würde sie jetzt schon seit Wochen nicht im Heim besucht haben können. Womöglich wäre ihre erneute Krebserkrankung in der aus der Epidemie resultierenden Ausnahmesituation in Pflegeheimen gar nicht entdeckt und behandelt worden. Ich weiß es nicht. Während ihres zweiten dreitägigen Krankenhausaufenthalts, konnte ich nur mit ihr telefonieren, da Krankenbesuche selbst durch nahe Verwandte nicht mehr erlaubt waren. Das Telefonieren gestaltete sich schwierig. Sie war noch nie technikaffin gewesen und kam mit dem ungewohnten Krankenhaustelefon an ihrem Bett nicht zurecht. Wer weiß, wie es mir mit fast 89 Jahren ergehen würde? Inzwischen hat meine Mutter ihre erste Kombination aus Antikörper- und Chemotherapie im MVZ Onkologie Aschaffenburg erhalten. Das dauerte acht Stunden und man machte eine Ausnahme für sie, so dass ich trotz der strengen, durch die Epidemie bedingten, Regeln bei ihr bleiben durfte, was Angehörigen im Moment eigentlich nicht gestattet wird. Das hat sie sehr beruhigt und man hätte auch keine Pflegekräfte zur Verfügung, um sie im Rollstuhl auf die Toilette fahren zu können, wurde mir gesagt.

Noch vor Ausbruch der Coronaepidemie berichtete mir Christina, eine der beiden Hospizdienstkoordinatorin bei den Maltesern in Aschaffenburg, dass eine liebe ehrenamtliche Kollegin, schwer erkrankt ist. Wieder Krebs und einer, der nur selten kurativ behandelt werden kann. Christina bat mich, doch mal bei ihr anzurufen, da wir beide uns recht gut kennen und verstehen. Das habe ich seither regelmäßig getan. Sie erhält jetzt bereits die zweite Chemotherapie, die ihr, genau wie die erste, zu schaffen macht. So kann man, schneller als man sich das vielleicht jemals vorgestellt hat, von der Begleiterin oder dem Begleiter zum begleiteten Menschen werden.

Die Ausgangsbeschränkungen, die von unserer Regierung erlassen worden waren um die Ausbreitung der Epidemie einzudämmen, haben mich eigentlich nicht eingeschränkt, da ich als pflegender Angehöriger ohnehin ans Haus gebunden bin und sowieso nur zu Einkäufen, Arztbesuchen und Apothekengängen dieses verlassen kann. Da hat man dann viel Zeit um im Internet Zeitung zu lesen - über Corona vor allem. So tauchte eines Tages auf der Webseite der Zeit ein kurzer Fragebogen zur Krise vor mir auf dem Bildschirm auf unter dem Titel „Deutschland spricht“. Ich füllte ihn spontan und aus dem Bauch heraus aus und dachte mir, damit hätte ich gesprochen. Einige Tage später erhielt ich dann eine E-Mail von der Zeit und später selbst einen Anruf durch den zuständigen Redakteur. Man erklärte mir, man hätte einen Gesprächspartner für mich gefunden, der alle Fragen konträr beantwortet hätte, und ob ich nicht mit ihm Kontakt aufnehmen wolle, um mit ihm über unsere unterschiedliche Wahrnehmung der Krise zu sprechen. Das tat ich gerne, vor allem als ich erfuhr, dass er leider an Krebs erkrankt ist und palliativ behandelt wird. Er heisst Stefan und wohnt mit Frau und Tochter in Hamburg. Wir tauschten E-Mails aus, in denen wir uns gegenseitig vorstellten und erlaubten, ungewohnt unisono, der Zeit, über unser darauf folgendes Gespräch via Skype zu berichten. Um Fotos von mir machen zu können, die Teil des von der freien Journalistin Katrin Blum verfassten Artikels werden sollten, reiste sogar eigens eine Fotografin aus Hamburg zu mir. Einige Aufnahmen wurden, des besseren Lichtes wegen, vor unserer Haustür gemacht. Die Nachbarn müssen gedacht haben, ich hätte mich für einen Job als Model beworben. Der interessierte Leser kann den Artikel unter dieser Webadresse aufrufen: https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-05/deutschland-spricht-tod-krankheit-pflege-angehoerige.

Seither haben Stefan und ich noch zweimal geskypt und heute wird es ein drittes Gespräch zwischen uns geben. Es besteht beiderseits anhaltendes Interesse, da wir fanden, dass wir trotz aller Unterschiede in unserer Sicht auf die Coronaepidemie, die auf einer unterschiedlichen Perspektive beruht, viel gemeinsam haben, wie zum Beispiel unser Interesse an wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und ökonomischen Themen - und natürlich unsere Erfahrungen mit der Krankheit Krebs. Ob sich aus diesem mehr oder weniger zufälligen Kontakt eine Art Begleitung aus dem Homeoffice für mich ergibt, wird sich zeigen. Ich fände es jedenfalls spannend zu erkunden, ob und wie das mittels sozialer Medien zu erreichen ist, wenn man sich leider nicht persönlich begegnen kann. Es wäre meiner Ansicht nach nur die zweitbeste Lösung aber noch allemal besser als gar keinen Zugang mehr zu dem begleiteten Menschen zu haben. Man kann natürlich auch telefonieren aber mittels Videotelefonie a la Skype geht das Kontakthalten noch besser, quasi trotz der Entfernung von Angesicht zu Angesicht, da man die Mimik des Gesprächspartners beobachten kann. Häufig sind Begleitete ja gar nicht mehr in der Lage, viel zu sprechen. Natürlich müsste vielen Alten oder Schwerkranken unter ihnen von Pflegenden geholfen werden, die Verbindung über den PC herzustellen. Das ist vielleicht gar nicht so selbstverständlich, wenn man die extreme Arbeitsbelastung der Pflegekräfte gerade in dieser Zeit berücksichtigt. Ich hoffe daher sehr, dass es für alle alten und kranken Menschen zu Hause, in Heimen oder in Krankenhäusern bald wieder Besuchsmöglichkeiten durch Angehörige und uns Hospizbegleiter geben wird.

Burkhard Häfner

a4785

Der Mut zur Verantwortung- jede Entscheidung hat ihre Konsequenz

Mittlerweile haben wir die Woche 11 seit dem Beginn der zahlreichen Maßnahmen, die im Rahmen der Pandemie getroffen und konsekutiv umgesetzt wurden. Mein Arbeitsfeld, in dem ich hauptberuflich tätig bin, hatte primär keine Schaltfunktion im Ablauf konkret gesetzter Maßnahmen im Rahmen einer staatlichen Pandemiebekämpfung. Doch das wurde quasi über Nacht geändert.

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Eine Pandemie setzt völlig neue Spielregeln, vieles ist plötzlich ungültig, per Gesetz werden neue Rahmenbedingungen geschaffen und man hat praktisch keine andere Wahl, als sich neu zu orientieren und den Anordnungen Folge zu leisten. Gehorsam wird verlangt, und wenn man in einer Leitungsposition ist, dann ist man es selbst, der die Anordnungen erteilt und erwartet, dass diese ausgeführt werden.

Doch Gehorsam ist nicht das einzige, das einem abverlangt wird. Dazu gehört selbstverständlich eine 24-Stunden-Bereitschaft, um erreichbar zu sein und bei Bedarf auch sofort aktiv zu Verfügung zu stehen. Dazu gehört weiters, niemals sein Handy abzuschalten, wirklich niemals und auch niemals zu vergessen, seine Dienstpost im Outlook regelmäßig zu checken, am besten man dreht seinen PC erst gar nicht ab – das Hochfahren dieses Gerätes kostet doch nur unnötig Zeit. Dazu gehört schließlich, seine Familie an zweiter oder dritter Position zu reihen, denn der Dienst an der österreichischen Bevölkerung hat Vorrang, Vorrang vor allen persönlichen Belangen.

Die Welt, in der man sich bewegt, wird plötzlich sehr klein und eng, aber nicht, weil man sich in Quarantäne oder im Homeoffice befindet, sondern weil man sich in einem kleinen Kreis von Ausgewählten wiederfindet, der vieles weiß, viele Fäden zieht, vieles in die verschiedensten Bahnen lenkt, jedoch weitgehend unbekannt und namenlos ist. Man wird zu einer unbekannten Masse verschmolzen, bestehend aus sich ständig mühenden, keineswegs besonders herausragenden, beruflich inhomogenen, einzelnen Mitarbeiter*innen, die es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht haben, alles, was sie bieten können, einzusetzen, um ihrer übertragenen Aufgabe gerecht zu werden. Die Beziehungen zueinander werden enger, manches Bild, welches man von dem/der Kolleg*in hat, ändert sich blitzartig, manche Eigenart, die einen Kollegen besonders ausgezeichnet hat, muss plötzlich in einem anderen Licht gesehen werden. Einen Weg hinaus aus dieser Belastung gibt es nicht, zumindest keinen moralisch sauberen Weg, denn unter keinen Umständen lässt man seine Kolleg*innen im Stich. Und die, die sich durch Krankenstände ihrer Arbeit entziehen, verlieren unwillkürlich den Respekt und die Achtung der anderen. Man kann jetzt nicht krank werden, man kann sich keine Schwäche leisten, nicht, weil man unersetzbar und kostbar ist, sondern weil man sonst den anderen Kolleg*innen noch mehr Arbeit anlastet, als ohnehin schon da ist.

Man wird zur Verantwortungsträger*in, man trägt, was andere anordnen, man trägt aber auch seine eigenen Entscheidungen, und man entscheidet ständig und die Entscheidungen sind weitreichend, denn es geht immer um das persönliche Schicksal einzelner Menschen. Das ist in meinem Beruf zwar immer so und daher selbstverständlich, in einer Pandemiesituation allerdings fällt diese Belastung nun auch auf Berufsgruppen, die dieser Verantwortung so nicht ausgeliefert sind. Die Folge: Man trägt daher auch die Verantwortung für jene mit. Man trägt und trägt. Langsam gerät man dann an die Grenzen der eignen Belastbarkeit. Man stellt die Sinnfrage.

Und Freunde? Wie steht es in diesen Zeiten um Freundschaften außerhalb dieses „inner circle“? Wie steht es damit, sich aussprechen zu können, erzählen zu können, was einen bewegt, womit man zu kämpfen hat, was man gerne anders hätte, wo man versagt hat? Eine schwierige Frage.

Echte Freunde müssten in solchen Zeiten sehr viel aushalten, sie müssten die Fähigkeit besitzen zuzuhören, ohne nachzufragen, denn du darfst ja aus Verschwiegenheitsgründen nichts sagen. Sie müssten für dich zeitlich verfügbar sein, während du keine Zeit hast für sie und ihre Bedürfnisse. Sie müssten die Seelenstärke haben, dich in Phasen großer Traurigkeit, heftiger Wutausbrüche und in verzweifelter Stimmungslage dennoch zu mögen und dich auszuhalten und darauf zu hoffen, dass auch diese Zeit einmal zu Ende geht und du dann für sie da sein wirst. Solche Freundschaften sind extrem selten und nur dann real, wenn sie gegenseitig gelebt werden. In solchen Zeiten – und das ist vielleicht das Schmerzhafteste, das ich in Erfahrung gebracht habe – bekommst du ein Gespür, wem DU so ein echter Freund bist und wer dir diese Verbundenheit entgegenbringt. Und es wird dir bewusst, welche prägende Konsequenzen deine Entscheidung für solch eine Freundschaft hat.

Die Situation entspannt sich langsam in einigen Ländern, in anderen Teilen der Welt stehen die Menschen erst am Anfang der menschlichen, sozialen Katastrophe, die eine Pandemie verursacht.

Ich bin müde geworden, aber nicht kraftlos, ich bin routinierter geworden, aber nicht abgeklärter, ich trage weiter Verantwortung und hoffe, nicht allzu viele Fehler zu machen. Und ich freue mich über jeden Menschen, der den Mut aufbringt, sich gerade in solchen Zeiten zu einer echten Freundschaft zu bekennen und diese auch zu leben.

Ulrike Hallwirth

a4786

Die Liebe mehr in die Werke als in die Worte legen – Ein Dank

In Gesprächen und in der Begleitung von Personen, die als Ärztinnen oder Krankenschwestern oder als Seelsorger*innen in den letzten Wochen im Krankenhaus zu tun hatten, bekam ich immer wieder den Eindruck: Hier wird „Liebe mehr in die Werke gelegt als in die Worte“, so wie es der hl. Ignatius empfiehlt. Oft mit einer solchen Ruhe und Selbstverständlichkeit, dass es beschämend wird.

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Ja, beschämend für jene, die große Worte über die Liebe zum Nächsten predigen und jetzt über die Schutzmaßnahmen wie kleine Kinder jammern, weil es eben etwas unangenehm ist, hinter der Maske zu atmen oder auf den Abstand und andere Kleinigkeiten  zu achten. Während Ihr oft stundenlang im Schutzanzug ward, dehydriert, verschwitzt, oder zumindest – und das auch jetzt noch – den ganzen Tag mit der Maske. Neulich war ich wieder einige Stunden im AKH. Alle können damit leben, mit einer solchen Ruhe und zugleich Freundlichkeit, manchmal einen ganzen Tag. Weder von Frau Professorin, noch von den anderen Ärzten, noch von den Krankenschwestern habe ich einen Widerstand gegen Maßnahmen erlebt, die andere schützen. Deshalb enttäuscht mich dieses Jammern auf hohem Niveau von Bürgerlichen, Gesunden und manchen Geistlichen. Nein, es schmerzt! Danke, Ihr alle in den Krankenhäusern, für Eure konkrete Liebe!

Josef Maureder SJ

a4787

"Mensch sein heißt , verantwortlich sein." (Antoine de Saint-Exupery)

Guten Tag! Mein Name ist Andrea Schöpf, ich bin 48 Jahre alt und seit 20 Jahren beruflich im Bereich der Altenarbeit tätig. Als Fachsozialbetreuerin/Altenarbeit (mit Psychiatrischer Pflege und Palliative Care Weiterbildung) befinde ich mich berufsbegleitend in Ausbildung zur Diplomsozialbetreuerin/Altenarbeit (Abschluss
Februar 2021).

Ich möchte gerne ein paar Gedanken aus meiner persönlichen Perspektive und aus der Perspektive meiner Berufsgruppe loswerden.

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Immer wieder hört man von Seiten der Politik, dass es zu wenig "Pflegekräfte" gibt in Österreich, dass man "den Pflegeberuf" attraktiver machen muss, dass man gezwungen ist auf Mitarbeiter aus z.B. Slowenien zurückzugreifen, da es nicht genügend Pflegepersonal in Österreich gibt.

Ich bin der Ansicht, dass das nicht stimmt. Es gibt genug Pflegekräfte, es sind die Arbeits- und Strukturbedingungen unter denen die Betreuung alter Menschen oder von Menschen mit Demenz zu leisten ist, die viele nicht mehr ertragen.

Es ist der Personalschlüssel in langzeitgeriatrischen Betreuungseinrichtungen
(=Pflegeheim), der sich nicht an den Bedürfnissen der zu Betreuenden orientiert, so wie dies im Bereich der Behindertenarbeit gegeben ist, sondern an Interessen der Heimbetreiber, die meist gewinnorientiert arbeiten und mit einem Mindestmaß an Personalkosten ein Maximum an Qualität bieten wollen. Das dies eine Scheinqualität ist, muss jedem klar sein.

Warum ist es für Einrichtungen so attraktiv, vielerorts mit fast ausschließlich slowenischen oder nicht-österreichischen Mitarbeitern im Bereich der Langzeitgeriatrie (Pflegeheim) zu arbeiten?

Es ist ein "gutes Geschäft" für beide Seiten. Die Firma spart Geld mit meist jüngeren Mitarbeitern auf niedriger Gehaltsstufe und diese Mitarbeiter akzeptieren wortlos die Arbeitsbedingungen, da sie in ihrem Heimatland noch schlechtere Arbeitsbedingungen hätten und weil sie als Dienstnehmer in Österreich für jedes Kind, das sie haben, die österreichische Familienbeihilfe beziehen und mit dem Geld unter ganz anderen Lebenserhaltungskosten in z.B. Slowenien leben, wenn sie zur Arbeit pendeln (wobei sie meist Fahrgemeinschaften bilden) und die Pendlerpauschale beziehen. Deshalb ist "die Pflege" in den Pflegeheimen zum Großteil in "slowenischer Hand".

Ich möchte erwähnen, dass ich niemals die FPÖ wählen würde und dass ich grundsätzlich jedem Menschen auf Augenhöhe begegne, von Mensch zu Mensch und es für mich keine Rolle spielt, welche Herkunft, Religionszugehörigkeit oder sexuelle Orientierung mein Gegenüber hat.

Ich möchte auch betonen, dass die Ausbildung der Pflegeassistenz in Slowenien eine sehr gute, fundierte ist, jedoch sehr körperbezogen und medizinlastig und wenig ganzheitlich orientiert.

Weiters spielt gerade in einer qualitativ hochwertigen Betreuung von Menschen mit Demenz die Kommunikation (Deutsch Sprachkompetenz) und Kenntnis über adäquate Techniken und Methoden eine große Rolle. Slowenische Pflegekräfte haben meist keine Kenntnis über Validation, Biografiearbeit, Ressourcenorientierung, einem personzentrierten Zugang der von Empathie, Wertschätzung und Respekt getragen ist. Ausnahmen bestätigen die Regel! Und ja, es gibt auch genug Pflegekräfte aus Österreich, die diese Qualitäten auch nicht besitzen!

Warum ist das so?

Was mich so stört am politischen Diskurs und im Kontext "Pflegenotstand" oder "Die Pflege" ist, dass man damit die Berufsgruppen der Diplomierten Gesundheits- und Krankenpflege (DGKP), Pflegefachassistenz (PFA) und Pflegeassistenz (PA) meint, und die Diskursteilnehmer eigentlich immer DGKP sind mit meist einem BSc oder MSc Abschluss, manche gar nie an der echten Basis gearbeitet haben, direkt durch ein Studium an der FH oder KFU in gehobenere Positionen gekommen sind und sich nun befähigt fühlen, z.B. mich in meiner Funktion als Fachsozialbetreuung (FSB) bzw. angehender Diplomsozialbetreuung (DSB) zu vertreten.

Warum gibt es Fachausbildungen wie die des FSB oder DSB, wenn wir letztendlich immer wieder auf einen Teilaspekt, nämlich den der PA-Ausbildung reduziert
werden? 

Wir haben Fach- bzw. Diplomkompetenz, diese wird jedoch nicht gleichwertig behandelt, da für diesen eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich ein anderes Gesetz zuständig ist.

Wir haben einerseits das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), das die Berufe DGKP, PFA, PA regelt und das Steiermärkische
Sozialbetreuungsberufegesetz (StSBBG), das u.a. für die Berufe FSB und DSB zuständig ist.

Diese Tatsache erschwert in einer bestmöglichen Betreuung alter Menschen oder Menschen mit Demenz so einiges.

Es ist weiters auch nicht nachvollziehbar, warum das Thema so bundeslandspezifisch gehandelt wird. Dafür gibt es keinen nachvollziehbaren Gründe! Die Menschen in Oberösterreich haben in diesem Kontext dieselben Bedürfnisse. Warum ist es jedoch so, dass in Oberösterreich PA fast ausschließlich im Krankenhaus Setting Verwendung finden, während man in den langzeitgeriatrischen Betreuungseinrichtungen (Pflegeheime) fast ausschließlich mit dafür qualifizierten, ganzheitlich und psychosozial umfassend ausgebildeten FSB arbeitet?

Warum ist dies nicht österreichweit so üblich, wenn doch die Zielgruppe nicht bundeslandspezifische Bedürfnisse hat?

Nun, der PA fällt in die Verwendungsgruppe (VWG) 5, ist also kostengünstiger als der FSB mit der VWG 6 und es reduziert sich wiedermal auf "warm, satt, sauber", denn viele Betreiber glauben auch, dass dann der kostengünstigere Seniorenanimateur (eine 2-3 Monate dauernde Ausbildung) schon reicht für die Beschäftigung, oder dass eine kostengünstige Heimhilfe (HH) dasselbe bieten kann im Hinblick auf Sozialbetreuung, Aktivierung, Begleitung, Unterstützung, Beratung, Anleitung…..wie eine FSB oder DSB. Auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel!

Natürlich geht es ums Geld. Die Frage ist jedoch, was ist es uns als Gesellschaft wert, wo wir doch ALLE einmal alt werden bzw. niemand davor gefeit ist eines Tages eine Demenz zu entwickeln.

Für viele Menschen ist es ja so, dass sie sagen "Ich möchte nie in ein Pflegeheim". Warum? Weil sie mit bekommen, hören, sehen, wie dort mit Menschen umgegangen wird, aus Zeitnot, aufgrund von nicht an den Bedürfnissen der Bewohner orientierten Rahmenbedingungen und eines nicht adäquaten Personalschlüssels in diesem Bereich.

Ich habe die Vision eines Paradigmenwechsels im Bereich der Altenarbeit.

Ich habe die Vision von einem Pflegeheim, dass erstens als Betreuungseinrichtung für Senioren bezeichnet wird und das einen Personalschlüssel hat, wie wir ihn aus dem Behindertenbereich kennen.

Denn wo ist der Unterschied zwischen "behindert" und "alter Mensch mit körperlichen/psychischen/geistigen Beeinträchtigungen" bzw. sogar der psychiatrischen Diagnose Demenz?

Wenn Demenz eine psychiatrische Diagnose ist, warum gilt dann in der Betreuung nicht der Personalschlüssel wie er in der psychiatrischen Langzeitbetreuung durch die LEVO geregelt ist?

Warum gibt es so viele nicht nachvollziehbare Modalitäten in der Betreuung alter Menschen?

Genau, weil alte Menschen, Menschen mit Demenz keine Lobby haben, so wie es Menschen mit Behinderung Gott sei Dank schon länger haben.

Ich habe die Vision einer Gesellschaft, die Inklusion lebt, die alte, behinderte, demente, kranke, andersartige NICHT ins Abseits stellt, um nicht damit konfrontiert zu sein möglicherweise oder unter dem Deckmantel sie schützen zu wollen, sondern die im Jahr 2020 und folgenden Vielfalt wirklich lebt und umsetzt, als Ausdruck einer humanistischen Gesellschaft, im Sinne eines humanistischen Menschenbildes, das Empowerment lebt und aus vollwertigen Bürgern besteht.

Es liegt nicht am Geld. Es geht um Prioritäten. Wir brauchen Politik, die nicht egomotiviert ist und nur an eigene Baufirmen oder Prestigeprojekte denkt und defakto über Menschen und Natur drüber fährt, mit rhetorisch gewandtem und charismatischen Auftreten, das bei der Masse ankommt.

Diese Krise, ausgelöst durch ein Virus, auf Globaler Ebene, birgt das Potential einer Veränderung in vielen Bereichen. Es wird gezwungenermaßen dazu führen, da wir nicht nach ein paar Monaten zu gewohnten Verhaltensweisen übergehen können und da der Shutdown eine jahrelange Wirtschaftskrise nach sich ziehen wird (meine persönliche Sicht). Ich sehe aber gerade darin die Chance zu Veränderung im Sinne einer Verbesserung.

Es ist möglich, dass wir uns wieder auf Grundwerte besinnen, dass wir wieder in ein maßvolles Wirtschaftssystem finden im Einklang mit der Natur.

Dass wir wieder unsere solidarische und empathische Grundnatur als Menschen finden. Der Mensch ist von Natur aus so angelegt, mit anderen in Harmonie zu leben (siehe Joachim Bauer). Es muss der Politik wieder um das große Ganze gehen und nicht um egomotivierte, konkurrierende Machtdemonstrationen.

Das ist unsere Chance und z.B. Graz will sich ja "demenzfreundlich", "kinderfreundlich" nennen. Wie wäre es, wenn wir einfach" menschlich" sind, im Sinne eines Miteinanders, das niemanden ausschließt. Das wäre doch mal was Neues! Und höchste Zeit! Beginnen wir jetzt!

Corona - diese Krise - hält uns als Gesellschaft einfach den Spiegel vor.
Corona - diese Krise - macht Missstände sichtbar und zwingt uns dazu endlich hinzusehen, da wo wir so lange weggesehen haben.

Ich wünsche mir einen Diskurs auf sozialpolitischer Ebene, mit Menschen, die Erfahrung haben, an der Basis, Erfahrung mit den Menschen, die es betrifft.

Ich möchte mich einsetzen für die Menschen, die das nicht mehr können oder denen die Kraft oder der Mut dafür fehlt. Ich möchte gerne Fürsprecher, Sprachrohr sein für eine Menschengruppe, mit denen ich seit 20 Jahren zusammen arbeite. Ich möchte nachhaltig etwas bewegen auf gesellschaftlicher Ebene und stelle Forderungen an die Politik - die erste Forderung ist: holt die Berufsgruppen aus der Sozialbetreuung dazu, wenn es um Konzepte, Gesetze etc. geht. Das wäre zumindest ein Anfang!

Denn, "Mensch sein heißt, verantwortlich sein." (A.d.S.Exupery)

Andrea Schöpf

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Mein Erfahrungen und Gedanken

Ich lebe seit einigen Wochen bei meinem Freund im Elsass/Frankreich.

Dieses Gebiet liegt in der sogenannten „roten“ Zone, also in der Gefahrenzone des Corona- Virus. Hier gab es im Februar eine mehrtätige religiöse Versammlung der evangelischen Freikirche mit fast 3000 Teilnehmern. Die Gläubigen kamen aus Deutschland, Belgien, der Schweiz und ganz Frankreich. Nach dem Ende dieser Zusammenkunft ist die Zahl der Virus Erkrankten in die Höhe geschnellt.

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Obwohl man jetzt, im Nachhinein, vermutet, dass dieser Virus schon länger sein Unwesen treibt, wurde erst Ende Februar/Anfang März dessen Gefährlichkeit erkannt. Es gab zum Beispiel im Süden von Österreich, in Kärnten bereits im Dezember Personen. die alle Symptome dieser Krankheit aufwiesen. Die zu Hause wegen Grippe behandelt wurden, die tagelang mir fast 40 Grad Fieber, starken Husten, Schwindelanfällen im Bett lagen. Niemand dachte damals an diesen neuartigen Virus der Wochen später buchstäblich explodierte und das tägliche Leben lahm legt.

Zurück zum Elsass, zu Frankreich. Die Zahl der Todesopfer – und es ist die Zahl der erfassten Fälle von Krankenhäuser und Heimen -  beträgt fast 28000. Wobei die Todesfälle nicht erfasst wurden die in ihrem eigenen Heim verstorben sind. Nun, Frankreich gehört neben Italien und Spanien zu dem am stärksten betroffenen Land in ganz Europa.

Mitte März wurde eine Ausgangssperre verhängt, ein paar Tage darauf wurde diese auch auf die Nachtstunden ausgedehnt. Das heißt, zwischen 21 Uhr und 6 Uhr früh durfte niemand auf der Straße sein. Die Stadt Mulhouse in der ich mich noch immer befinde, glich einer Geisterstadt in der Polizisten ihre Patrouille gingen.

Was mich besonders berührte und an die Erzählungen meines Schwiegervaters, der in Kriegszeiten im Lazarett arbeitete, war das Lazarettspital das am Parkplatz vor dem größten Krankenhaus in Mulhouse aufgestellt wurde. 300 Zelte, ausgestaltet mit allem medizinischen Komfort weil das Krankenhaus total überfüllt war. Man hatte zu wenige Beatmusgeräte zur Verfügung sodass schwerstkranke Patienten nach Strasbourg ausgeflogen wurden. Jedes Mal wenn man das Geräusch eines Hubschraubers hörte, wussten alle, dass jemand mit dem Tod kämpft.

Ebenso ergreifend waren die Fotos von Krankenschwester, Ärzten, Pflegepersonal  die ihr Gesicht zeigten nachdem sie die Masken abgelegt hatten. Ihr Gesicht war aufgeschwollen, gerötet und die Räder der Maske hatten einen hässlichen Abdruck hinterlassen. Nun ist das Schlimmste vorbei, die Geschäfte dürfen wieder öffnen, Schulen bleiben noch geschlossen, sowie auch Restaurants, Cafés, Hotels. Das Tragen der Maske wurde zur Normalität. Doch es gab auch schöne Momente: Nachdem das Feldkrankenhaus abgebaut war, sang und spielte die Polizei für das Personal des Krankenhauses. Es war ein kleines „Dankeschön“ welches mit Rührung aufgenommen wurde.

Was wir nach der Krise anders machen sollen? Ich denke, wir sollten das MITEINANDER mehr pflegen, wir sollten Dankbar dafür sein was andere Menschen in einer Krisensituation für uns leisten.

Elfriede Mach

a4789

Es ist Anfang April. Ich gehe...

mit meiner Freundin Johanna spazieren. Zum ersten Mal bin ich wieder im Freien, noch geschwächt nach einem langwierigen Infekt, der zu einem mir vom Körper verordneten Rückzug geführt hat, parallel zum kollektiven Rückzug. Johanna arbeitet an der Klinik, fühlt sich gesund, hat aber große Bedenken, dass sie mich anstecken könnte: in 5 Monaten gehöre ich altersbedingt zur Risikogruppe, ich bin in der Rekonvaleszenz eines viralen Infektes; wie bei Covid-19 waren meine Bronchien in Mitleidenschaft gezogen. Risiko also auch von daher.

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Die Freundin ist eine, die körperliche Nähe mag. Normalerweise umarmen wir uns, berühren uns im Reden und im Gehen. Jetzt rückt sie von mir weg, hält Distanz. Logisch! Sie macht das aus Rücksicht. Wir sprechen das aus. Und stellen dabei fest, wie dissonant sich das anfühlt: Aus Rücksicht Distanz halten? Geht das denn?

Für uns beide wird das gehen. Im Aussprechen, in der Reflexion, auf der Basis unserer langen Freundschaft.

Aber geht es auch für uns als Menschengemeinschaft? Kommunikationsexperten sagen uns, dass wir nonverbale Signale viel intensiver aufnehmen als verbale. Finden wir eine Sprache, die nonverbal distanzierende Zeichen kompensieren kann?

Und doch gibt es da auch eine Hoffnung: Dass wir diese Sprache, die wir unbedingt brauchen, mit einer neuen Entschiedenheit suchen, eine Sprache, die keine Masken trägt und Distanzen überbrückt.

 

Elisabeth Medicus

a4790

Ich arbeite als Seelsorgerin und Psychotherapeutin...

Mein wohl berührendster Moment der letzten Monate war wohl jener, als ich die letzte Person war, die einen sterbenden Herrn im Spital mit seiner Familie in Kontakt bringen konnte. Es war am Anfang der Coronazeit, als Besuche von Angehörigen überhaupt nicht möglich waren. Es war der Wunsch der Familie, ihn noch einmal zu sehen oder zu hören.

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Ich speicherte die Nummer, packte das Smartphone in eine Plastikhülle und ging verkleidet zu dem Herrn, den ich mittlerweile schon gut kannte. Ich war die Einzige, die ihn noch besuchen konnte. Das Personal stand ihm aber auf liebevollste Art und Weise zur Seite. An diesem Tag war er munter und scherzte noch ein wenig über meine Verkleidung. Als ich dann die Nummer seiner Frau wählte, war das, als würde er sie zum ersten Mal anrufen – und eigentlich war es ja das letzte Mal. Ich war ebenso aufgeregt wie er. Dann erschien sie per Video auf dem Bildschirm, sie sah ihn und er sah sie, es war so bewegend. Nach eine kleinen Stille packte er sein Lebensresümee, seine größte Erkenntnis in neun Worten unter: „Unsere Liebe ist das Wichtigste in meinem Leben gewesen.“ Stille am anderen Ende der Leitung. Sie antwortete mit einem erstickten und tief vom Herzen kommenden „Ich liebe dich!“ Dann gab es Blicke, die jegliche Weite und Entfernung übersprangen, sie waren sich so nah. Dieser Moment hatte einen Hauch von Ewigkeit, er war Ewigkeit.
Wenige Stunden später verstarb der Herr, friedlich, mit dieser großen Liebe im Herzen.

Katharina Schoene

a4791

Corona! – Was nun?

Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich mich vorstellen:

Ich bin eine 84jährige Frau, gehbehindert und daher mit einem Rollator unterwegs, gesundheitlich altersbedingt nicht mehr in allerbestem Zustand, jedoch fähig, den Alltag selbständig zu bewältigen, d. h. mir selbst zu kochen, einzukaufen, die gewöhnlichen Haushaltstätigkeiten – langsam zwar – aber immerhin selbständig zu erledigen. Ich nehme 1 x in der Woche für die beschwerlicheren Arbeiten, wie Staubsaugen, eine Hilfe in Anspruch.

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Zur Not und für meine eigenen Bedürfnisse ausreichend, kenne ich mich mit Laptop, Internet, Smartphone und Whatsapp aus. Ich betreue in meiner Pfarre eine Meditationsrunde und eine Frauengruppe, gehöre also noch nicht zu den pflegebedürftigen Senior/inn/en.

Und nun zu einigen Erfahrungen in den vergangenen 7 Wochen der Coronakrise.

Als Anfang März die Meldungen und Bilder aus China über das  Auftreten und die Auswirkungen  eines unbekannten, aggressiven  Virus in mein Wohnzimmer flatterten, bedauerte ich zwar die betroffenen Menschen, fühlte mich aber durch die große Entfernung nicht direkt bedroht. Doch das änderte sich schlagartig. Bereits eine Woche später war Corona in Europa angekommen und damit auch in Österreich. Die Einschränkungen begannen. Ich musste, wie alle anderen, meine beiden Gruppentreffen absagen und wurde selbst als über 65jährige in Isolation geschickt. Als brave Staatsbürgerin folgte ich sofort, aber ziemlich ungern, der Aufforderung. Da ich Medikamente benötigte und sie über die Hausärztin i

n der Apotheke erhalten konnte, nahm ich die inzwischen eingerichtete Pfarrhof-Hotline für Senioren in Anspruch. Mir wurden die Medikamente besorgt, allerdings in falscher Dosierung geliefert. So beschloss ich, am nächsten Tag die Sache selbst in Ordnung zu bringen. Da ich noch ein Geburtstagspäckchen aufzugeben hatte und sich das Postshop neben der Apotheke befindet, wollte ich beide Dinge gleichzeitig erledigen.

Als ich das Postshop betrat, wurde ich sofort mit einer ausgiebigen Schelte bedacht, dass ich – wo doch gerade wegen der Senioren alle Einschränkungen angeordnet waren – das Ausgehverbot missachte!

Ziemich eingeschüchtert ging ich zur Apotheke und reihte mich in die kleine Warteschlange ein. Zwei Männer, jeder mit einer Bierflasche in der Hand und schon leicht alkoholisiert, schlenderten sehr knapp an uns vorbei und verhöhnten uns, die wir „so deppert“ seien, zu glauben, was in Radio und Fernsehen über Corona gemeldet werde. Sie beide seien „ned so bled“!  Wir trugen es mit Fassung und mir wurde in der Apotheke gedankt, dass ich selbst zur Aufklärung ausgegangen war. Das Medikament musste allerdings in dieser Dosierung erst bestellt werden. Ein weiteter Besuch wurde also notwendig...

Am Heimweg begegnete mir eine Schar gut gelaunter Jugendlicher, die mich und meinen Rollator provokant streifend, überholte...
Ich begab mich also etwas bedrückt in Isolation. Einige gute Bekannte aus der weiteren Nachbarschaft boten sich fürs Einkaufen an, was ich sehr dankbar annahm. Mein unmittelbarer Nachbar, der mindestens zweimal am Tag die Wohnung verließ, fragte kein einziges Mal, ob ich irgend etwas benötige, geschweige denn, wie es mir gehe. Er interessierte sich allerdings eines Tages telefonisch, ob ich wüsste, wer auf unserem Laubengang so auffällig gehustet habe...
Und dann trudelten sie alle ein: die Freunde, alte Bekannte, mit denen ich schon lange keine Verbindung hatte, Leute aus lockeren Beziehungen, aus dem Ausland, aus den betreuten Gruppen – per Telefon, E-Mail, SMS, Whatsapp... Lange Gespräche, oberflächliche oder mit gewichtigem Inhalt. Die Zeit wurde gedehnt wie ein Gummiband, denn wenn schon Isolation, dann wenigstens Kommunikation! Und das Thema Corona hatte immer auch seinen Platz. Irgendwann hatte man alles erzählt. Die vorerst so intensiven Gespräche ebbten allmählich ab, andere Betätigungsfelder taten sich auf...  

Ich widmete mich (wie ich auch von anderen erfuhr) einer schon lange fälligen Inventur: Der Inhalt jedes Kastens, jedes Kästchens, jeder Lade, wurde überprüft; nicht mehr Brauchbares, Ungewolltes, Überflüssiges ausgesondert, alles entstaubt, gewaschen, um- oder wieder eingeräumt. Das befriedigende Gefühl stellte sich ein, Dinge, die schon lange unerledigt dahin dämmerten, Corona sei Dank, erledigt zu haben.  Schau, die Krise ist doch zu etwas gut, ging es mir durch den Kopf!

Aber man kann nicht 7 Wochen lang das Unterste zu oberst kehren! Die Sonne lachte draußen vom Himmel. Spaziergänge in der nächsten Umgebung wurden uns Risikogruppen-Angehörigen anscheinend nach diesbezüglichen Anfragen erlaubt. Also! Ich erkundete umrundend meine Wohngegend. Neue Gebäudekomplexe waren in den letzten Jahren entstanden. Nie hatte ich mir die Zeit genommen, meine Schritte dorthin zu lenken. Jetzt habe ich diesen Teil meiner unmittelbaren Umgebung kennen gelernt. Der Kleingartenverein mitten drinnen offerierte mir ein Stück gepflegter Natur: Blühende Obstbäume, grünende Sträucher und Rasen, bunte Blumenbeete – Frühlingsduft! Kein Autolärm von der nahen Schnellstraße hörbar, eine fast auspuffgas- und staubfreie Luft zum Atmen! Wunderbar!

Und doch! Trotz aller positiver Arrangements stand ich immer unter einer eigenartigen Spannung. Etwas drohend Ungewisses überlagerte alles. Die medialen Botschaften, angereichert mit Statistiken über das Verhältnis von Gesunden zu Erkrankten und Verstorbenen machte deutlich, wie schnell man von einer Gruppe in die andere geraten kann und dass die angeordneten Maßnahmen nicht mehr sind als Versuche, die heimtückische Gefahr in den Griff zu bekommen.

Je länger dieser Ausnahmezustand dauerte, umso öfter beschäftigte mich der Gedanke, warum die gesammte Gruppe der ab 65jährigen pauschal in den Hausarrest geschickt wurde. Senior/inn/en unterschiedlichen Alters, die, wie ich, bis zu Beginn der Krise ein selbstbestimmtes Leben geführt hatten, sollten nun Einkaufshilfen in Anspruch nehmen und das Haus nur mehr zum Füßevertreten und Luftschnappen verlassen (die beschwerlicheren Arbeiten im Haushalt ohne Hilfe – wegen Besuchsverbot -  oder 7 Wochen gar nicht verrichten?). Ich löste dieses Paradoxon eigeninitiativ, indem ich, trotz der negativen Erfahrung im Postshop, das Einkaufen, natürlich maskiert und Abstand haltend, in die Spaziergänge integrierte. Immer öfter begegnete ich anderen Rollatorbenützer/innen, die es ebenso hielten... Hausverstand neben Problembewusstsein gegen Abgleiten in die Depression.

Und dann kam Ostern! Draußen blühendes Leben! Für Christen das höchste, wichtigste Fest ihres Glaubens, das immer im gemeinsamen Feiern seinen Ausdruck findet, 2020 in Isolation!

Und doch: Gerade in der Kargheit dieses Feierns gewann für mich das Wesentliche eine berührende Dichte und Tiefe, was sonst von so viel schmückendem Beiwerk verdeckt wird. Eine Erfahrung des „Weniger ist mehr“!

Kirchlicherseits hätte ich mir ein akzentuierteres Krisenmanagement gewünscht. Der spirituellen Angebote gab und gibt es viele und das ist gut so. Aber in Zeiten wie diesen wäre es wichtig gewesen, ein starkes und stärkendes Zeichen zu setzen, d. h. die Zusammengehörigkeit in der großen Gemeinschaft der Gläubigen durch die Verbundenheit über den gleichen Fernsehkanal, im gleichen Programm, zur gleichen Zeit zumindest in den Kartagen am Bildschirm erlebbar zu machen. Dazu hätte offiziell eingeladen werden sollen. Die Fotos auf den Bänken des Stephansdomes waren eine gute Idee und weisen in die aufgezeigte Richtung.

Und die Moral von der Geschichte? Corona ist noch nicht vorbei. Das Virus kann uns noch lange beschäftigen. Aber jede und jeder Einzelne kann eine Lehre aus den bisher gemachten Erfahrungen ziehen.

Für mich gilt: Achten wir gemeinsam darauf, dass aus dem gut gemeinten Social Distancing  nicht eine gut geübte HALTUNG wird. Dann bleibt nämlich das Kleine, Feine, Besondere, das gerade in dieser unheilvollen Zeit zu sinnhafter Veränderung Aufgebrochene auf der Strecke. Aus der Distanz ist es  nicht mehr sichtbar. Wir kennen alle das Sprichwort „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Es wäre schade um vertane Chancen...  

Eveline Weiss

a4792

Coronagedanken

Von der Coronakrise wurde ich erfasst nach der Rückkehr vom Kardinal König Haus nach Innsbruck, ich wurde sofort für 2 Wochen in Quarantäne gesteckt, konfrontiert mit erstaunlichen Reaktionen, fast Panik.

40 Tage – Quarantäne kommt ja aus dem Italienischen, 40 Tage mussten Schiffe warten, bis sie in den Hafen von Venedig einlaufen dürfen. Angst. Angst vor dem Unbekannten. Bedrohung der Sicherheit.

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Quarantäne funktioniert nicht ohne Feindbild. Der Virus, vor dem man sich schützen muss. Menschen, die den Virus vielleicht übertragen. „Ausländer“ – gerade in Österreich mit seiner Geschichte ein absurder Begriff -, andere Hautfarbe, andere Sitten und Gebräuche – verdächtig! Ausser zur Feldarbeit unter unmenschlichen Bedingungen, Pflege…

Immer wieder wurde ich überrascht von heftiger Ablehnung, Skepsis, manchmal hasserfüllten Blicken über den Masken, wenn man mich als Bedrohung wahrnahm, ob man mich als Priester gesehen hat oder nicht. Oder Hass und Trotz von Menschen, die bewußt ohne Maske im Krankenhaus oder bei Ämtern unterwegs sind. Beschimpfungen übelster Art, wenn man sie drauf aufmerksam macht.

Wo war bzw. ist die Kirche, wir?
Sicher, es wurden neue Wege gesucht, teilweise hart an der Grenze zum Kabarett, etwa die Kommunion in Schachterln, Drive in Gottesdienste, sozusagen McJesus…
Messen sind ja bald wieder möglich. Was hat den Menschen gefehlt am sonntäglichen Kirchgang? Der Tratsch? Der anschließende Gasthausbesuch? Die Kirchen, die während der Quarantäne offen waren und die ich besucht habe, waren meist leer…Kirche, täusch Dich bloß nicht! Viele wissen ja nicht mal mehr, was eine Messe ist, im Unterschied zum Wortgottesdienst z.B..für viele ist der Glaube lebens- und überlebenswichtig, aber sicher nicht für alle.

DASEIN wenn die Menschen uns brauchen, nicht nur digital, mit frommen Sprüchen im geschützten Raum.
DISTANZ – Beziehungskiller.
Nein. So wie es Papst Franziskus unlängst gesagt hat, wie hat Jesus getröstet?
NÄHE – WAHRHEIT - HOFFNUNG.

Herbert Karsten

a4793

Eine Schlüsselerfahrung war das Ausgeliefertsein...

an die politische Entscheidung von oben, die zu einem abrupten Abbruch meiner seelsorglichen Tätigkeit in einem Alten- und Pflegeheim führte, und damit der Wegfall meiner Entscheidungsfreiheit diesbezüglich. Eine weitere Schlüsselentscheidung für mich war, wie sehr ich vorsichtig sein musste mit meiner kritischen (differenzierten) Einstellung bzgl. Bewertung von Covid 19 und der einschränkenden Sicherheitsmaßnahmen.

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Eine weitere wichtige Erfahrung: Je mehr jemand als Seelsorger/in in die Struktur eines Alten- und Pflegeheimes eingebunden ist, desto mehr konnte er/sie auch in der akuten Krise weiterhin tätig sein, was für die Bewohner/innen und jetzt auch für die Angestellten wichtig war. Ehrenamtliche Seelsorger/innen wurde einfach ausgesperrt.

Das heißt, das Geld entscheidet, wer tätig sein darf. Und es heißt auch, dass Seelsorge noch nicht als Bestandteil einer ganzheitlichen Sorge um den alten Menschen gesehen und anerkannt ist.

Was hat mich am meisten berührt bzw. erschüttert?

Mich hat erschüttert, dass ich der oben genannten Verordnung ausgeliefert war und dass fast alle dieser uneingeschränkt und unhinterfragt Folge geleistet haben, einschließlich der Berichterstattung in den Medien. Andere Sichtweisen und Diskussionen darüber gab es in den öffentlichen Medien nicht. Darüber bin ich echt empört; und das macht mir Angst.

Wie Teile der Regierung fast täglich im Fernsehen aufgetreten sind und die neuesten Bestimmungen kundgetan haben, war teilweise schon furchteinflößend.
Am meisten empört bin ich jedoch über die politische Entscheidung - und das nach Abflachung der Pandemie - in den öffentlichen Einrichtungen einen Mundschutz ("Maulkorb") auf unbestimmte Zeit tragen zu müssen, der zudem gesundheitsschädlich sein kann und dessen Tragen für mich in keinster Weise über eine stichhaltige Begründung verfügt. (In der akuten Krise gab es mehr Freiräume und Freiheiten.)

Auch war ich darüber empört, wie angepasst die Kirche (katholisch) reagiert hat, wie unhinterfragt sie die Vorgaben der Regierung übernommen hat.
Erschüttert hat mich auch die Fokusierung auf die Alten (Menschen ab 60 hieß es einfach allgemein) und vor allem der Menschen in den Alten- und Pflegeheimen als Risikogruppen, was die Gefahr einer Ausgrenzung/Selbstausgrenzung und Diskriminierung/Selbstdiskriminierung nach sich zog/zieht.

Positiv berührt haben mich manche kreativen Wege, um Kontakte aufrecht zu erhalten, und die intensivierte Sorge von Pflegenden gegenüber
Heimbewohner/innen.

Was sollen wir nach der Coronakrise anders machen oder unbedingt bewahren? Was ist deshalb ein wichtiger Baustein für eine "Sorgende Gesellschaft"?

Bewahren sollten wir uns den Sinn für die großen zusammenhänge des Lebens, das ein großes Ganzes ist. Ebenso sollten einfacher leben, d.h. weniger Konsum, weniger Gier, weniger Ausbeutung, weniger Billigreisen, dafür mehr die Menschen um sich herum (be-)achten und diese Beziehungen pflegen, mehr auf sich und andere schauen,nmehr die Natur um sich (be-)achten, lokal produzieren und einkaufen -ohne den globalen Denkhorizont und die globale Solidarität zu vernachlässigen. Den Bedürfnissen des Herzens, die in vielen jetzt erwacht sind, Raum geben -das wäre mir ein Anliegen!

Beibehalten sollten wir die vielen kreativen Wege der Solidarität, des füreinander Sorgens.

Personal in den Alten-und Pflegeheimen, vor allem Pflegepersonal, braucht mehr Beachtung, bessere Ausbildung und Bezahlung und eine Aufstockung. Ebenso braucht es einen Entwicklungsprozess, um Seelsorge als wesentlichen Teil einer ganzheitlichen Pflege (gerade in Krisenzeiten) zu etablieren.

Es müsste nachgedacht werden über ein neues Wirtschafts-und Finanzsystem, das alle Bereiche des Lebens im Blick hat (Soziales, Umwelt, Arbeit ... ).

Und es braucht dazu dringend wieder die Weitung des Blickwinkels über die nationalen Grenzen hinaus.

Ebenso ist es notwendig, Abhängigkeit/Aufeinander angewiesen sein/Sorge füreinander als wesentlichen Bestandteil des Lebens (nicht nur im Alter!)
anzuerkennen!

Es bräuchte auch Vorkehrungen für wiederkehrende Krisen, um in diesen zu differenzierten Lösungen vor Ort zu kommen, was den Kontakt zwischen
Heimbewohner/innen und deren Angehörigen bzw. Personal (einschließlich Seelsorge) betrifft. Dies ist umso wichtiger in der Sterbe-und Trauerbegleitung und bei der Verabschiedung Verstorbener. Zusperren kann nicht der Weg. sein.

Insgesamt kann ich sagen: Der Mensch muss wieder mehr in den Mittelpunkt kommen!

Rudolf Wiesmann

a4794

Die Coronapandemie hat auch durchaus gute Seiten:

Scheinbar Unwichtiges, Belächeltes, Heruntergemachtes, aus dem Leben Verschmähtes, erfährt plötzlich Anerkennung.

Familienfeste und Verwandtschaft, oftmals verhasst oder als notwendiges Übel betrachtet, fehlen den Menschen jetzt.

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Dass nichts selbstverständlich ist, darauf weist der Ausnahmezustand hervorgerufen durch das Virus im Besonderen hin.

Ehe, Partnerschaft und Familie werden nach der Corona-Zeit sicherlich eine neue Form der Aufwertung erfahren.

Was können wir mitnehmen

Es gibt gewiss vieles das wir aus der Zeit der Ausnahmesituation hinaus in das Leben, in den Alltag mitnehmen dürfen. Dankbarkeit weil man selbst gesund geblieben oder wieder genesen ist. Ebenso vielleicht geliebte Menschen.  Die Kontakte weiterhin pflegen die vielleicht in der Corona Zeit wieder neu entstanden sind. Dass man vieles nicht aufschieben sollte. Auch dann wenn die Normalität wieder eingekehrt ist. Sich der Stille, der Ruhe und dem Rückzug widmen. Freude empfinden über Begegnungen welche nun wieder von Angesicht zu Angesicht und mit einer herzlichen Umarmung stattfinden dürfen. Den Augenblick genießen. Die Natur als Heilmittel wahrnehmen. Menschliche Nähe suchen und sich daran erfreuen. Tätigkeiten und Hobbys welche in der Krisenzeit gut waren auch weiterhin pflegen. Familienfeste, Feiern, auch Verwandtschaft als Freude empfinden. Es gibt unendliche Möglichkeiten. Wertvoll unter bestimmten Gesichtspunkten war sie allemal die Zeit der Quarantäne und Selbstfindung, nehmen wir das in positiver Weise mit hinaus in den Alltag in das Leben.

Monika-Maria Ehliah Windtner

a4795

Die Seele muss Heimat finden

Krankheit, Pandemie, Epidemie, Seuche, Ausgangsbeschränkungen, Kurzarbeit, Todesfälle und viele weitere Schlagwörter der vergangenen Wochen sind oder waren nicht gerade das, was die Menschen ins seelische Gleichgewicht gebracht hätte. Ausnahmezustand im Land, in den Köpfen, Herzen und Seelen. Es musste langsam gelernt werden mit der neuen Lebenssituation umzugehen.

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Eine Gegebenheit in der die Bevölkerung trotz aller Angebote zur Beschäftigungstherapie und Ablenkungsangeboten, dennoch auf sich selbst und das eigene Leben zurückgeworfen wird. In unzähligen Momenten mit herrlichem Erleben ist das eine Wohltat für die Seele. Bei allem was gut tut findet die menschliche Seele ein Stück Wohlmodus.  Ein kleines angekommen sein. Dennoch sind diese Augenblicke meist nur von kurzer Dauer und somit vorübergehend.

Demnach wird nach dem nächsten kleinen ankommen gesucht und auch gefunden. Doch auf lange Sicht ist das zu wenig. Viel zu wenig, denn die Seele muss Heimat finden. So wie man das Glück niemals im Außen finden kann, sondern in sich selbst, ist es auch mit der Seele. Diese Heimat kann sie nur in jedem Menschen selbst finden. Der menschliche Körper ist der Tempel der Seele. Doch ist es wichtig, ihr wirklich und wahrhaftig eine gute, vertrauensvolle, standhafte Heimat zu schenken. Gerade jetzt in dieser herausfordernden Zeit, wäre doch ein idealer Zeitpunkt sich darin zu üben und die eigene Seele im Innersten, in der Mitte des Seins herzlich willkommen zu heißen.

Postcoronale Menschwerdung

Positive Neuerungen, Erfindungen,  Entwicklungen welche der Menschheit dienlich sein sollten, sind in ihrer Verwendung missbraucht worden. Sie dienten nicht mehr ihrer wahren Bestimmung. Nämlich der das Leben zu erleichtern. Das Gegenteil war der Fall. Die Menschen haben sich zum Slaven gemacht. Anstelle Technik zu nutzen, wurde sie zweckentfremdet.  Unlauterer Wettbewerb, Machtmissbrauch, Ausbeutung auf allen Ebenen. Das gehörte zur normalen Geschäftsgebarung. Viele Bevölkerungsschichten, schwangen sich auf diesen zerstörerischen Lebens-Modus ein.  Selbstsucht, Egoismus, Narzissmus, Gier, Gleichgültigkeit.  Faktoren die sich alles in allem ungünstig auswirkten. Mächtige, globale Zerstörungsmechanismen kamen in Bewegung.
Achtsamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Menschlichkeit hatten nicht Platz in der  (Geschäfts) - Welt. Schon gar nicht in Köpfen und Herzen vieler. Dann kam Tag x mit  SARS-CoV-2 und somit Stillstand.

Etwas das nicht zu sehen, zu riechen, zu fassen oder zu fühlen. Dieses Unfassbare - ein Virus. Ein zerstörerisches noch dazu. Nichts war so, wie es gestern noch war.

Gewiss ist, dass es eine Zeit nach Corona geben wird. Noch nicht gewiss ist, wie die Menschen sich danach verhalten werden. Ob sie dort weiter machen, wo sie aufgehört haben, oder ob es eine postcoronale Menschwerdung geben wird. Indem sich die Menschheit auf andere Wertigkeiten besinnen wird. Ich vertraue auf eine bessere Welt.

Monika-Maria Ehliah Windtner

a4796

Trauerbegleitung in Corona Zeiten / Trauerbegleitung ohne physischen Kontakt

Zuletzt, als wir noch zusammenkommen durften beim „Trauerfrühstück“ im Februar, äußerten mehrere Teilnehmende etwas sehr Erfreuliches: „Mein Leben ist jetzt anders gut.“

Anders jedenfalls: Ein lieber, im Alltag naher Mensch ist nicht mehr da – und zwar endgültig. Vieles fehlt und zugleich werden die Belastungen mehr: Einsamkeit, neue Rollen finden, alles allein entscheiden, so viele Erledigungen,… Aber doch, die Erfahrung ist: mit der Zeit wird es auch wieder!

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Stunden und Tage, wo der Schmerz überwältigend zurückkommt, gibt es, aber doch weniger stark, vielleicht seltener… So sagen die trauernden Menschen also: „Mein Leben ist jetzt anders gut.“

In Nicht-Corona-Zeiten haben sich die Menschen entschlossen, zu einer Veranstaltung zu gehen, in eine (anfangs fremde) Gruppe – das kostet gerade in der Trauer Kraft, Mut, manchmal Überwindung.

Umso schöner zu sehen, wie Menschen dabei mit der Zeit auch einander kennenlernen, Interesse aneinander finden, weil sie einander so nahe und füreinander heilsam sind, eben weil einer das Schicksal der anderen kennt und nachfühlen kann. Manche beginnen, neuen Interessen nachzugehen, manche finden sich auch zu gemeinsamen Unternehmungen zusammen (Sport, Bummeln, Essengehen,…): es zeigt sich schon „neues Leben“.
Und jetzt wieder alles anders: Corona! Für trauernde Menschen ein Rückschlag!

Auch für mich alles anders: Homeoffice, Trauerbegleitung per Telefon.
D. h. anders begleiten, denn „mit jemandem … mitgehen, eng verbunden … sein“ (vgl. Duden) ist ohne physischen Kontakt nicht so gut möglich.

Obwohl: Auch beim Telefonieren „hören“ wir, wenn das Gegenüber lächelt, oder nehmen wahr, wenn aufsteigende Tränen die Stimme schwanken lassen,…
Am Telefon braucht es mehr Aufmerksamkeit, denn die Signale, die wir „im Normalbetrieb“ als Körpersprache und Gestik, Blicke und Mimik, Tonfall,… leibhaftig wahrnehmen, sind jetzt nicht unmittelbar zugänglich.

Anders ist es, auch schwieriger – und doch gibt es einige sehr erfreuliche Erfahrungen:

  • Die Menschen freuen sich, dass wir an sie denken, ihnen „nachgehen“, per Telefon nachfragen, wie es geht.
  • Viele fragen nach den anderen aus der Gruppe und bitten, Grüße auszurichten. Und sie freuen sich, wenn es dann – hoffentlich bald – wieder losgeht!
  • Manche telefonieren und bestärken einander: „Unsere gemeinsamen Pläne sind nur aufgeschoben, nicht abgesagt!“ Eine erfreuliche Zukunftsperspektive!
  • Und diesen Gedanken äußerten einige: „Ich bin so froh, dass mein/e Angehörige/r schon verstorben ist, nicht jetzt in dieser Corona-Zeit mit Besuchsverbot, ohne Abschiednehmen der Familie, ohne die körperliche Nähe…“ Sie konnten ihre Lieben unter guten Bedingungen begleiten, das ist etwas sehr Tröstliches inmitten der Trauer.

Trauerbegleitung am Telefon – eben anders gut!

Christa Steiner

a4797

Wenn die Wellen über mir zusammenschlagen,
tauche ich hinab, nach Perlen zu fischen (Mascha Kaleko)

Heute Morgen kam mein Sechsjähriger weinend zu mir. Wieder hat er geträumt: Die ganze Welt ist überflutet. Wir sitzen in einem offenen Boot, aber die Wellen sind einfach so hoch. Das können wir doch gar nicht schaffen. Er vermisse seine Freunde so sehr…..

Später bemalt er einen Stein, dann noch einen und noch einen. Die bringen wir heute einem Aufruf der Eltern-Whatsappgruppe folgend zum Schultor. Er sagt: Ich bin der eine Stein.

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Die anderen sind für die Kinder, die nicht zur Schule können, weil sie so weit weg wohnen. So ist für jedes Kind ein Stein da, wenn viele mitmachen. Der Stein bleibt, bis wir endlich wieder in die Schule dürfen. An der Schule wirft er seine siebenjähige Schwester in die Lavendelbüsche. Er ist enttäuscht. Es liegen mal gerade sieben weitere Steine da. Ich beruhige ihn: Bestimmt bringen die anderen ihre Steine noch. Doch ich denke etwas
anderes: Welches Elternteil hat eigentlich die Zeit zum Steine bemalen? Noch ein Job dazu.

Auch wenn er nur 15 Minuten dauert: Stifte rauskramen, Stein finden, Kind machen lassen und dann alles wieder weg räumen und Tisch und Kind putzen. - Ich verstehe alle Eltern, die mit ihren Kindern keine Steine bemalen oder Regenbögen an die Fensterscheibe kleben, denn mir geht es ähnlich: Fröhlich lächelnde Kinder mit fröhlich lächelnden Eltern machen mich wütend. Alles ganz einfach bei den anderen. So wirkt es. Die Kinder lernen fleißig und voller Elan, kochen und backen gemeinsam mit Eltern und Geschwistern, legen Gemüsebeete an. Toll , Ihr Superpowereltern! Die Wahrheit ist, wir Eltern geben natürlich unser Bestes. Es geht ja um unsere Kinder. Doch es sind Kinder. Sie verstehen das alles nicht. Sie vermissen ihre Freunde, sie vermissen ihre Bezugspersonen, sie vermissen ihren Sport, sie vermissen die Spielplätze, die Schwimmbäder, sie vermissen das Lernen, die Geduld und Gelassenheit ihrer Eltern, sie vermissen Unbeschwertheit und Sorglosigkeit.

Und wir Eltern sind bemüht, so sehr. Aber die Kinder - sie funktionieren einfach nicht.

Drei Tage im Homeoffice arbeiten wie Mama oder Papa ist spannend. Drei Wochen Homeoffice, geht auch noch, damit Oma und Opa nicht sterben oder vielleicht auch Mama oder Papa, oder die Schwester. Sterben auch Kinder? Die Kinder haben Angst. Da ist man lieber lieb, bevor ein Lieblingsmensch stirbt. Aber nach den Osterferien noch immer nicht die geliebte Lehrerin, die beste Freundin, den besten Freund zu treffen macht traurig. Vielleicht öffnen Kindergärten und Schulen nie mehr?

Wo sind die Superpowereltern, die ihre Kinder problemlos zurück in die Grundschul-Videokonferenz und an das selbstständige Lernen zum Homeschooling gebracht haben? Vielleicht in der Schlucht der Verzweiflung, auf dem Berg des Zorns oder am Ozean der Perspektivlosigkeit? Selbst wenn ich ganz viel Zeit hätte, habe ich schon nach der ersten Runde „Lotti Karotti“ keine Lust mehr weiterzuspielen. Auch bin ich ungern Barbies Ken oder der grüne Ninja.

Und dann gibt es diesen einen Glücksmoment am Tag. Den teilen wir in den sozialen Medien: zum Mutmachen oder zum Beweisen: Ich schaff das. Wir bekommen es gut hin. Meine Superkraft: „Mom“ oder „Daddy“.

Wir sollten unsere dreckigen Wohnungen zeigen, die Streitereien zwischen Eltern und Kindern, den Geschwistern, den Ehepaaren, das Heulen und Verzweifeln, die Erschöpfung, die Hilflosigkeit, die unendliche Müdigkeit, die Unkonzentriertheit. Aber wir sind Eltern. Und wir machen zusätzlich unsere Jobs oder verlieren sie gerade. Ach ja, und essen müssen wir ja auch noch. Selbstverständlich füllt sich der Kühlschrank von alleine….

Im Fernsehen berichtet man von Autos, Flugzeugen und den Milliarden Rettungs-Euros. Wen interessieren Kinder in diesem Land und Familien?

Immerhin, nun dürfen die Spielplätze wieder öffnen. Wir gehen mal nachschauen im neu angelegten Stadtviertel der Bundesgartenschau 2019: Das Betreten der Spielplätze ist verboten. Die Polizei wacht. Auf den Sitzgelegenheiten, wo im letzten Sommer die Kinder ausgelassen und fröhlich getobt haben, sitzen nun alte Damen, 75 plus, schlecken Eis und trinken Latte Macciato von der Eisdiele um die Ecke. Da muss man jetzt nicht mehr das Eis vorbestellen. - Als ich mein Kind ein bisschen im Sand am Rand buddeln lasse, ernte ich strafende Blicke. Kinder verboten! - Aber dort am Fenster: Regenbögen: Meine Kinder hüpfen: Schau mal Mama, da gibt es auch Kinder...„hinter unsichtbaren Gittern“, denke ich.

Seit Montag ist wieder Schule, aber nur für meine Abiturientin. Nach dem ersten Geschrei, weil der Mundschutz weder positive Auswirkungen auf das Hautbild hat, noch annähernd irgendwie stylish ist, hat sich meine große Tochter selbst eine Verhüllung gebastelt, in der sie wenigstens noch atmen kann. Mundschutz und Sonnenbrille, dann erkenne man sie vielleicht nicht in der peinlichen Maskerade. „Burka“, schlage ich vor. Dass sich alle hinter den Masken verstecken müssen, ist nur ein schwacher Trost.

Rechtslauf, Einbahnwege, Mindestabstand, Hygienevorschriften, getrennte Pausenplätze, J2 im Westen auf die Klos, J1 im Osten auf die Klos. Wenn mich mal wieder ein Brief des Kultusministeriums mit all dem Dank und Lob für die Pädagogen - und ein bisschen auch für die Eltern - erreicht, muss ich aufs Klo: Akuter Brechreiz. Elternsuperpower bringt hier nur noch an der Stelle etwas, wo die Pubertät noch nicht zu weit vorangeschritten ist oder schon einigermaßen überwunden. Oder haben Sie sich als Teenager von Ihren Eltern ins Zimmer verbannen lassen? Es fehlen die Peers.

Meine Große hat zum Glück einen Weg für sich gefunden. Sie lernt für ein gutes Abitur trotz und gerade wegen Corona. Und sie unterstützt uns bei der Geschwisterbetreuung und ein bisschen beim Spülmaschineausräumen. Freundinnen werden depressiv, aggressiv oder kippen ihren Kummer mit Alkohol runter. Oder sie halten sich „nur“ einfach nicht an Absprachen.

Meine früheren Klassenkameraden organisieren gerade unser 25 jähriges Abijubiläum im Herbst. Was meinen Sie, werde ich hingehen, wenn meine Tochter keinen Abiturball bekommt, keine feierliche Übergabe der Zeugnisübergabe stattfindet und dieser Lebensabschnitt sang- und klanglos endet? Gerade diese Abschlussklassen 2020 erbringen so viel mehr Leistung neben der schulischen.

Meine zwei Jüngeren sind wütend: Warum darf die Große zur Schule und sie nicht?

Ich bin übrigens nicht nur Mutter, ich bin auch systemrelevant. Ich habe gelernt, dass dieser Begriff dehnbar ist wie Kaugummi. Ob ich auch noch systemrelevant bin, wenn Prämien für die ausgezahlt werden, die in der Coronakrise Patienten versorgen? Prämien sind nett, aber wieso verdient mein Mann im Homeoffice als IT-ler dreimal so viel wie ich?

Ich bin Dipl.Kunsttherapeutin FH auf einer Kriseninterventionsstation. Unsere Patienten haben kein Covid19. Aber: Ist eigentlich jemand, der sich aufgrund der Isolation und Perspektivlosigkeit suizidiert, auch an Corona verstorben?

Wir arbeiten. Anders. Mehr. Ob die Bezahlung angemessen ist - in der Coronakrise oder ohne - ist diskussionswürdig. Wir arbeiten sogar weiter, während wir auf das Corona-Testergebnis warten, und auch, wenn wir positiv getestet sind und keine Symptome zeigen. Die Quarantäne gilt dann nur für zuhause.

Die Dame der Corona-Hotline schüttelt mit mir zusammen den Kopf. Sie hört täglich absurde Geschichten. Ob diese jemals der Öffentlichkeit erzählt werden? Da ist mein Arbeitgeber noch wirklich bemüht. Es gibt andere , die sich besser und auch schlechter um ihre Mitarbeiter sorgen. Meine Geschichten sind somit nur ein bisschen absurd. Während meine Kinder nicht zur Schule dürfen, sitze ich in beengten Räumen mit mindestens zehn Kollegen im Team. Man kann ja die Fenster öffnen. Anders geht es nicht. Wir arbeiten mit Menschen für Menschen. Video- und Telefonkonferenzen kennen und können wir nicht gut. Spätestens, wenn Sie selbst in einem Krankenbett liegen und auf Hilfe angewiesen sind, wissen Sie warum nicht.

Die Wellen auf den Weltmeeren sind hoch. Wir sitzen in unseren Booten und suchen nach Leuchttürmen und Seekarten. „Kinder und Frauen zuerst“ heißt der bekannte Satz. Die Frauen stehen an dieser Stelle stellvertretend für alle Sorgenden, Begleitenden, Pflegenden.

Wir können das Steuer in die Hand nehmen, denken und die Boote lenken. Jeder einzelne. Also bitte tun Sie es auch: Denken Sie nach! Und verändern Sie!

Sandra Deistler

a4798

Gespräch mit „CORONA“

Du besuchst uns unerwartet und ohne Ankündigung deines Besuchs.

In deiner Anwesenheit sind wir still und ruhig geworden, wir trauen uns kaum zu bewegen damit wir nichts falsch machen.
Wir sind uns näher gerückt und halten zusammen während deines Besuchs, hoffen wir dass es so bleibt wenn du dich wieder von uns verabschieden wirst.

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Es ist nicht leicht zu akzeptieren und anzunehmen was wir plötzlich anders sehen.
Dein Besuch hat uns fähig gemacht, für den Nächsten da zu sein, hilfsbereit und ohne eine Vergeltung zu erwarten.

Du gibst uns zum Nachdenken darüber, was wir bis jetzt falsch gemacht haben und wohin unser Weg, den wir bis jetzt gegangen sind, uns führt.
Wir haben diese Erde kaputt gemacht in der Meinung sie gehört uns und nur uns Menschen, aber du hast uns gezeigt wie wichtig der Mensch ist der von GOTT geschaffen ist um diese Erde zu bewohnen und zu erhalten damit die nächste Generation auch auf ihr leben und sich freuen kann.

Hoffen wir, dass das was jetzt wichtig ist auch nach deinem Besuch wichtig bleibt.

Du hast allen, auch denen die meinen sie sind mächtig auf dieser Erde, zu verstehen gegeben was wirklich wichtig ist, und was wir „gemeinsam“ tun sollen damit der Mensch, der von Gott geliebt und für den andern bestimmt ist, gemeinsam diese Erde bewohnt und sie erhalten lässt.

Wenn du wieder vor hast uns zu besuchen, dann bitte sei nachsichtig und bleibe nicht allzu lange, damit wir unser Leben in gewohnter Weise weiter leben können und uns des Lebens freuen können.


a4799

Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Telefonseelsorge Wien...

haben in den vergangenen Wochen Menschen für die Dauer eines Gespräches begleitet. In sehr vielen Gesprächen ist es um das Thema Corona und die Auswirkungen um das Leben gegangen: Das eigene Leben, wie sich Corona auf Beziehungen auswirkt, was es für den Alltag bedeutet, welche Unsicherheiten und Ängste damit verbunden sind,…,…,… Die Gespräche waren ein Abbild von dem, was sich in Österreich ereignet hat, wie die Gesellschaft geprägt wurde.

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Und auch unsere ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren in ihrem Alltag mit dieser neuen Situation konfrontiert.

Einige unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ihren Dienst in den vergangenen Wochen ruhend gestellt. Veranlasst hat sie die Sorge von Angehörigen, die Sorge um die eigene Gesundheit und die Achtsamkeit von Kolleginnen und Kollegen der Stelle. Es ist den meisten nicht leichtgefallen, die Telefonseelsorge „gerade in Zeiten wie diesen“ nicht unterstützen zu können. Was aber wirklich spürbar war, war die Achtsamkeit im Umgang miteinander und das gefühlte Getragen- und Unterstützwerden von denen, die von zu Hause aus mitgedacht haben.

Andere unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben auf einmal ganz andere Zeitressourcen gehabt und das Team in der Stelle unterstütz. Das war in den ersten Wochen besonders wichtig, weil da die die tägliche Anruferzahl um die Hälfte gestiegen ist. Mittlerweile entspricht die Zahl der Anrufenden wieder der von Anfang März.

Ich habe die letzten Wochen als eine sehr intensive Zeit erlebt, in der es wichtig war, die Kolleginnen und Kollegen in der Stelle zu begleiten. Man ist sich anders näher gekommen, man hat die Bedürfnisse und auch die Befindlichkeiten der Menschen, mit denen man viel zu tun hat und zusammenarbeitet, anders und neu kennengelernt.  Genauso wichtig war und ist die Begleitung der Kolleginnen und Kollegen, die zu Hause waren und vielleicht auch noch länger sind. Intensiv spürbar bleibt die Verbundenheit, die Achtsamkeit und das Gefühl und Wissen, dass jede und jeder einzelne wichtig ist, damit eine Stelle wie die Telefonseelsorge funktionieren kann.

Carola Hochhauser

a4800

Ich möchte eigentlich nur sagen,...

dass man die Arbeit der Beschäftigten in der Pflege, in der Betreuung von psychisch und physisch beeinträchtigten Menschen, in Krankenhäusern, in Heimen, in der integrativen Beschäftigung, in der Seelsorge usw. (das kann man gar nicht alles vollständig aufzählen) nicht hoch genug schätzen kann.

Der Wert, den diese Menschen für die Gesellschaft leisten, ist unermesslich, und daher sollten sie (vielmehr als manch andere) als die vielzitierten "Leistungsträger*innen" gesehen und behandelt werden.

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Dies bedeutet, dass man ihnen nicht nur applaudieren soll, sondern dass man ihnen tatsächlich mehr Wertschätzung, Anerkennung, Dank und Unterstützung zuteil werden lassen sollte - und zwar dauerhaft, in den Arbeitsbedingungen und monetär! Denn es ist wichtig, diese Care-Arbeit, in welcher Form auch immer, tatsächlich so zu entlohnen und arbeitsrechtlich zu gestalten, wie es dem Wert und der schweren Arbeit entspricht. Dies gilt auch deswegen, damit die (ebenso vielzitierten, jedoch leider ansonsten oft vernachlässigten) wichtigen Pflegeberufe auch ergriffen werden.

a4801

Erfahrungen und Gedanken für eine „Sorgende Gesellschaft“

Ich bin weder in der Pflege noch im Gesundheitsbereich tätig. Dennoch erlaube ich mir etwas zu sagen: Sich für- und umeinander sorgen, sollte Selbstverständlichkeit in jeder Familie und jeder Gesellschaft sein. Warum sagen wir social distancing und meinen physical distancing? Vielleicht lehrt die Corona-Zeit eins: Studieren kannst du überall. Warum irgendwohin gehen, wo man nicht zu Hause ist, sich nicht zu Hause fühlt?

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Berührt hat mich ein häuslicher Gottes- und Menschendienst zu Gründonnerstag mit Fußwaschung und die Mail eines Arztes, der mich darum bat, ihm Statements zu schicken, was Theologen sagen über die Corona-Pandemie. Ich habe große Hochachtung vor den in Pflegeberufen Tätigen. Dennoch war ich irgendwann der vielen Testimonials überdrüssig, die im Social Web verbreitet wurden. Eine Pandemie, die weltweit grassiert, braucht nicht noch derart medial verstärkt werden. Nach wie vielen Charity-Galas hat Mutter Teresa eingesehen, um uns diese anthropologische Weisheit mitzuteilen: "If you want to change the world, go home and love your family“?

Benedikt Winkler

a4802

Langzeitpflege, Hauskrankenpflege und 24h Betreuung...

bleibt aufrecht. 24 h Betreuer werden aus Rumänien eingeflogen und kommen 14 Tage in Quarantäne. Wird alles vom Staat bezahlt. Aber jene Personen die auf eine Tagesbetreuung angewiesen sind (weil Partner noch berufstätig ist, oder die Person alleine lebt ) lässt man fallen. Man bekommt keine Hauskrankenpflege und das Tageszentrum sperrt man und macht dort eine Covid Station. Dieses Tageszentrum befindet sich dort wo auch ein Heim für Langzeitpflege besteht. Gerade dort wo die gefährdeten Personen sind , dort macht man eine Covid Station. Nein, nicht in den leeren Kuranstalten oder beim Bundesheer.

a4803

Protokoll eines Frühstückgesprächs

Ich lebe derzeit mit drei (Ordens-)frauen zusammen. Aufgrund unseres unterschiedlichen Alters, der unterschiedlichen Berufe und der unterschiedlichen Herkunft ergeben sich da immer spannende Gespräche am Frühstückstisch. So wie vor kurzem.

Ich arbeite als Lehrerin. Gerade in „Corona-Zeiten“ wird noch sichtbarer als sonst, welche Kinder/Jugendlichen zuhause Unterstützung bekommen (können), welche nicht (je nachdem, ob die Eltern z.B. „systemrelevanten“ Berufen nachgehen oder nicht).

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Wie war das bei uns, als wir Kinder waren? Wer hat uns zugehört, als wir das eine oder andere „G‘schichtl“ aus der Schule erzählen wollten – und zwar dann, wenn die Aufregung oder Freude noch „brühwarm“ war, nicht erst um 18 Uhr?
Aus meiner Erfahrung in der Nachmittagsbetreuung weiß ich, wie viele Kinder einfach jemanden bräuchten, der ihnen zuhört – in einem nach Stundenplan extrem getakteten Schüler*innen- (und Lehrer*innen)leben ist das fast nicht möglich. Es waren zwar immer genügend Betreuungspersonen da – aber meist keine Kontinuität. Die braucht es aber, um Vertrauen und Beziehung aufzubauen. Die Betreuung war gesichert, ja – aber die „Sorge“?

Wie haben unsere Eltern die Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit gelebt? Wer war wofür zuständig? Und wer würde den Preis dafür bezahlen, sollte die Paarbeziehung dann doch nicht lebenslang halten? Und wie hoch wäre dieser Preis? (Stichwort: Altersarmut von Frauen, Mini-Pensionen aufgrund von Kinderbetreuungszeiten usw.)

Was verlockt Frauen und Familien (immer noch), das „klassische Modell“ (Frau steckt für einige Jahre beruflich zurück, Mann macht dafür Überstunden und evtl. Karriere) zu leben? Bei immer noch sehr ungleichen Löhnen in typischen Frauen- und Männerberufen ist da schon sehr, sehr viel an „good will“ nötig, um aus Gründen der Gerechtigkeit auf einen durchaus beträchtlichen Teil des Familienbudgets zu verzichten.

Doch auch ohne eigene Familienpflichten und direkte „Care-Aufgaben“ zuhause, betrifft das viele Frauen: Meine Mutter ist Ergotherapeutin und hat immer wieder erzählt, dass in den Gesundheitsberufen viele Leute keine 100%-Anstellung anstreben, weil sie das Gefühl haben, dann nur wie am Fließband zu arbeiten und den Menschen dabei nicht gerecht zu werden. Was als Konsequenz dann natürlich ein noch geringeres Gehalt und erst recht eine noch geringere Pension als ohnehin bedeutet.
Dass es sich dabei nicht um rein individuelle Entscheidungen handelt, sondern um ein „schiefes“ System, zeigen die Proteste und Forderungen einer 35 Stunden-Woche der Sozialwirtschaft, die mit den Corona-Beschränkungen ein abruptes Ende genommen haben. Dafür hat der Applaus auf den Balkonen begonnen. Wird sich der Applaus nach der Krise in gerechteren Löhnen manifestieren?
Was heißt das, wenn jetzt in der Krise das Motto „Menschenleben gehen über alles“ postuliert wird (und ja, ich finde das gut und richtig so!) – werden wir als Gesellschaft auch weiterdenken, wie eine diesen Menschenleben gerecht werdende Verteilung von Löhnen, von Erwerbs- und Sorgearbeit aussehen soll?

Mein Bruder, als Jungpapa derzeit in Karenz, und seine Partnerin haben sich die Kinderbetreuung meines Neffen ziemlich genau fifty/fifty aufgeteilt – was vor allem deshalb möglich ist, weil die beiden ähnlich viel verdienen. Mit Interesse beobachte ich, wie sie das machen. Und freue mich, dass sich doch ein bisserl was ändert auf diesem Gebiet. Ein bisserl was – beim Babyschwimmen war er doch meist der einzige Mann…

Maria Ladenhauf

a4804

Die Bedeutung ethischer Auseinandersetzungen für das Leben...

1. Was ist Deine Schlüsselerfahrung aus der Corona-Zeit im Zusammenhang mit Deiner Sorge-Tätigkeit, oder der Anderer?
Die Bedeutung ethischer Auseinandersetzungen für das Leben wurde schlagartig sichtbar und erfahrbar. Plötzlich war der Alltag von vielen Menschen voll von ethisch relevanten Entscheidungen: z.B. meine 80jährige psychisch kranke Tante steht 10 Tage nach dem Shutdown kurz vor der Einweisung in die Psychiatrie, nach einigem Hin und Her wurde klar, sie hat sich nicht zum Arzt getraut, ein Rezept zu holen für ihre Medikamente, so war sie ca 14 Tage ohne Medikation.

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Es war ganz schlimm für sie, eine Klinikeinweisung konnte durch rasches Vorgehen v.a. des Facharztes am Telefon verhindert werden. Ich musste mich am Telefon als Vorsorgebevollmächtigte nicht ausweisen, die DSGV wurde stark eingeschränkt. und dadurch war eine unkomplizierte Lösung möglich.

2. Was hat Dich dabei am meisten berührt – oder erschüttert?
Berührt hat mich die Erfahrung dass ich als Mensch, wir als Individuen wirklich bezogen sind auf ein Du, ein Antlitz, ein Gegenüber – wie gut tut es, einen Menschen zu sehen und mit einem Menschen zu sprechen mit und ohne Mundschutz. Erschüttert hat mich, wie schnell menschenrechtliche und demokratische Grundrechte wie zum Beispiel die Religionsfreiheit außer Kraft gesetzt werden und keinen stört es! Je länger der Shut down dauert, desto lauter werden Stimmen, die Kritik üben, das beruhigt mich etwas. Erschüttert hat mich weiters, wie schnell einzelne Menschen und auch Familien in die Vereinzelung und Einsamkeit rutschen. Derzeit erschüttert mich auch, wie wenig kreativ wir sind, und die Lösungsstrategien auf den gleichen wirtschaftlichen Prämissen aufbauen, die vor dem Shut down schon fragwürdig waren.

3. Was sollen wir als Gesellschaft deshalb nach der Corona-Zeit anders machen – oder unbedingt bewahren? Was ist deshalb ein wichtiger Baustein für eine „Sorgende Gesellschaft“?
Nach der Wirtschaftskrise 2008 wurde das Sozial – und Gesundheitswesen in Österreich noch stärker kapitalisiert mit erschreckenden Folgen für Träger und Anbieter. Ich rechne in diesen kommenden Monaten und Jahren mit noch verstärkten Entwicklungen in diese Richtung. Verschiedene wirtschaftliche und politische Interessen prallen noch stärker aufeinander. Ein wichtiger Baustein für eine „Sorgende Gesellschaft“ – Neben Solidarität mit Betroffenen ist es auch die Verantwortung des einzelnen, die stärker thematisiert werden sollte, kein angenehmer Diskurs – wie ich vermute. Freiheit gibt es nur in Verbindung mit Verantwortung, mein Eindruck geht in die Richtung, dass viele Menschen die Freiheit für sich sehr gerne in Anspruch nehmen, dass das Gegenüber auch freiheitliche Rechte besitzt, ist schon nicht mehr so bewusst, und v.a. diese Freiheit braucht immer auch die Rückbindung in die Verantwortung – auch jedes Einzelnen, jeder Einzelnen.

Michaela Koller

a4805

Ungewissheit aushalten und mit aller Kraft relativieren

Ungewissheit aushalten und mit aller Kraft relativieren.
Widersprüche aushalten und nicht dazu schweigen.
Ratlosigkeit aushalten und anderen trotzdem (oder gerade deswegen?) eine Stütze sein.
Hilflosigkeit aushalten und mit anderen teilen, damit es erträglich bleibt.

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Das, was die derzeitige Situation für mich so speziell macht, ist, dass alle oben genannten Zustände alle Welten betreffen, in denen ich mich bewege.

Sie betreffen mich als Tochter von Eltern, die in die Risikogruppe fallen.

Sie betreffen mich als Mutter von Kindern, die weder „Superspreader“ noch „schwierig im Homeschooling“ sind. Meine, unsere, Kinder sind, ebenso wie wir „Erwachsene“, Menschen, die aus ihren Peergruppen gerissen wurden, die sich nicht auskennen, verunsichert sind, konfrontiert werden mit Situationen, die so gar nicht „Alltag“ sind.

Die genannten Situationen betreffen mich als Freundin und Schwester, als Studienkollegin und Bekannte von Menschen, die mir scherzhaft fern sind – was eigentlich paradox ist, denn seit „Corona“ habe ich viel mehr telefonischen oder virtuellen Kontakt mit meinen „Peers“. Aber trotzdem, es fühlt sich nicht „vollwertig“ an, die Umarmungen, der physische Kontakt, fehlen und fehlt.

Die Zustände betreffen mich aber auch als Leiterin eines Tageszentrums, als Kollegin, als Beraterin von An- und Zugehörigen.

Jeden Tag aufs Neue versuche ich meine eigenen, privaten Zustände – so gut es geht, denn ich bin auch nur Mensch – zur Seite zu schieben und trotzdem kongruent zu bleiben.

Ich lasse mich auf die Ängste ein, auf die Fragen, die Ungewissheiten, die Sorgen, die Einsamkeit, die Traurigkeit, die Wut. Ich höre zu, ich versuche, das mir Anvertraute mit zu (er) tragen, ich versuche, Hoffnung zu leben und zu geben.

Ich versuche, in meiner Kraft zu bleiben.

Wir mir das (einmal besser, einmal schlechter) gelingt?

Ich bin unverbesserlich in meinem Glauben an die Menschen. In meinem Glauben, dass wir für die, die sich nicht wehren können, eintreten müssen. In meinem Glauben, dass wir denen, die nicht gehört werden, eine Verstärkung ihrer Stimmen sind. In meinem Glauben an die unbedingte Notwendigkeit der Reflexion und des kritischen Hinterfragens. In meinem Glauben daran, dass auch in dieser „Krise eine Chance liegt“ (das ist furchtbar abgedroschen, aber es stimmt – zumindest für mich).

In meinem Glauben daran, dass wir, jeder einzelne und als Gesellschaft, einen Weg finden werden. Einen Weg, den wir gut gemeinsam gehen werden. Dieser Weg wird vermutlich anders aussehen, als wir uns dies noch vor wenigen Wochen vorgestellt haben – aber er wird gangbar und von uns gestaltbar sein.

Bis wir diesen Weg gefunden haben werde ich weiter zuhören, mittragen, mitaushalten, mitlachen, mittrauern und ich sein.

Marianne Buchegger
 

a4806

Sie werden wahrscheinlich entsetzt sein über meine Aussage,...

aber für mich hat die Corona-Krise etwas Positives gebracht. Es waren zwar ohnehin nur noch zwei Tage pro Woche, an denen ich mich um meine derzeit 93-jährige Schwester kümmern musste, (den Rest der Woche teilten sich eine bewundernswert gute Freundin meiner Schwester und das Personal eines Pflegedienstes) aber diese 2 Tage waren immer wieder begleitet von Vorwürfen und Kepplereien,

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dass niemand Zeit hat, dass Tiere (die Freundin hat einen Hund) wichtiger sind als Menschen, dass sich die Freundin auch zeitweise um ihre Enkelkinder kümmern muss, obwohl die eh schon 12 Jahre und älter sind, dass im Nachbarhaus so viel herumliegt und nicht aufgeräumt wird usw. Doch nun fallen auch diese zwei Tage weg, da ich mit meinen fast 81 Jahren ebenfalls zum gefährdeten Personenkreis zähle. Nun übernimmt auch meine Aufgaben wie die Tabletten für die ganze Woche einzuschlichten, für Nachschub sorgen, Ärztin um Rezept bitten, Einkaufsdienst und Mittagessen wärmen, der Pflegedienst.

Natürlich bin ich immer noch zuständig wenn die Waschmaschine kaputt ist oder der Gartenschlauch abreißt, ihr nicht mehr benütztes Auto zum Service und Pickerl gehört (aber verkauft darf es nicht werden).

Obwohl ich sie zu verschiedenen Ärzten fahre, mich um die Erledigung der Post kümmere, oder eine Glühbirne zu wechseln ist, muss ich mir sagen lassen: "Was machst Du denn schon."

Ich war schon nahe dran, selbst in ein Altersheim zu gehen, damit ich all diesen Verpflichtungen und Kepplereien entgehen kann. Aber Corona hat es möglich gemacht, dass ich jetzt nur noch einmal in der Woche vorbei schaue, einige Fertigmenüs und Getränke vorbeibringe. Falls ein Zahnarzttermin notwendig wird, bin natürlich wieder ich in der Verpflichtung - aber das werde ich aushalten, da ich Dank Corona einigen Abstand gewonnen habe.

Auch die Freundin zählt zu den gefährdeten Personen und außerdem wurde ihr von der Ärztin empfohlen, sich auf Grund ihrer gesundheitlichen Probleme zurückzuziehen, nicht mehr so zu engagieren. (Auch sie hat sich immer wieder aufgeregt und geärgert).

Auf den Vorschlag, entweder eine 8-Stunden-Hilfe zu nehmen oder in ein Heim zu gehen, erhält man nur eine grantige Antwort: "Brauch ich nicht".
Die Moral von der Geschichte: Man muss den Wunsch eines Menschen, zu Hause bleiben zu wollen, respektieren. Aber wie es jenen Menschen geht, die sich um ihn kümmern müssen, danach wird nicht gefragt. Egal, ob die einen Schlaganfall erleiden, Magengeschwüre bekommen, oder nervlich am Ende sind.
Da ist doch ein "Wurm" im System.

Außerdem wurde ein Ansuchen, von der Pflegestufe 1 auf eine höhere Stufe zu kommen, abgelehnt.

Dies ist nur ein kurzer Auszug aus einer jahrelangen "Leidensgeschichte".

a4807

Am Anfang war ich gar nicht böse auf die "Corona"...

Die verordnete Langsamkeit kam zwar unerwartet, löste bei mir weder Panik noch Kaufzwang aus - eher ein Wohlbefinden über die unerwartete allgemeine Gemächlichkeit.
Mein Küchenkasten und auch das Tiefkühlfach waren beruhigend bestückt und drei Klopapierrollen befanden sich dort wo sie hingehören.

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Es flatterten viele Flyers von Restaurants in den Postkasten, die  angebotenen  Köstlichkeiten würden bis vor die Tür geliefert.
Gleich am Sonntag machte ich davon Gebrauch .
Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass diese drastischen Maßnahmen länger als zwei Wochen dauern würden.  Eine stärkere Grippewelle halt, so etwas hatten wir Alten doch schon erlebt.
Mittlerweile koche ich wieder selber.

Mit Schwung begann ich mit dem anstehenden Frühjahrsputz.
Küche gereinigt, Kleiderkasten ausgemistet, Bücherschrank geordnet, Fenster noch immer nicht geputzt.
Die Einzelhaft war anfänglich erträglich, Bücher ersetzten Freunde, mittlerweile ist der Schwung  weg, die Tage verschwimmen.

Das wöchentliche  Vergnügen in Hallenbad und Sauna - nur mehr Erinnerung.
Gelassenheit ist Unbehagen gewichen.
Gerne würde ich mit Kanonen auf diese unsichtbaren, winzigen Ungeheur schießen.
Erzählungen über die "Spanische Grippe" und deren Folgen kommen in Erinnerung.
Ein Gefühl der Verlassenheit, Einsamkeit, Trägheit macht sich breit.
Nur gelegentliche Radtouren mit Freunden auf der Donauinsel vermitteln ein Gefühl von Freiheit und Lebensfreude.

Die Natur hat die Notbremse gezogen und dem menschlichen Größenwahn Grenzen gesetzt.
Menschen ersticken, die Erde atmet auf.
Das Ende des Albtraums wird sehnsüchtig erwartet.
Nachhaltige Konsequenzen wären wünschenswert - Einstein's Worte über die Dummheit der Menschen sind nicht sehr hoffnungsvoll...

Waltraud Schauer

a4808

Du hast ein Internet? Dann backen wir gemeinsam einen Kuchen!

Von der Idee habe ich schon lange vor der Corona Krise gehört. Weil sie ihre Mutter nur monatlich in Ungarn besuchen konnte, richtete die in Österreich lebende Tochter der betagten Frau einen „Skype-Zugang“ ein. Als der Mutter auf Grund zunehmender Vergesslichkeit auch das beliebte Kuchen backen schwer viel, lud sie die Mutter ein gemeinsam über den Computer zu backen. Das Zusehen und der Tochter dabei Tipps zu geben machte richtig Freude.

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Vermutlich wären je nach Situation verschiedene Varianten des „digitalen Backens“möglich. In beiden Küchen könnte parallel ein Kuchen entstehen, oder einmal hier und das nächste Mal dort.. Gemeinsam könnte auch überlegt werden, wem das Produkt zu Gute kommen soll. Ob es etwa geteilt und ein Familienmitglied/Freund übernimmt den Transport der Kuchenhälfte….oder zur Gänze einer wohltätigen Einrichtung gespendet wird….

Also auf die Plätzchen fertig los!

Norbert Partl

a4809

Doppelbelastung

Am 13. März entschied ich, zu meiner Lebensgefährtin zu ziehen. Sie sollte am 17. März ins Spital kommen. Eine Herz-Operation! Es war bereits vorauszuahnen, dass restriktive Beschränkungen auf uns zukommen würden. Völlig unklar war, ob die Operation tatsächlich stattfinden kann. Am Montag, dem 16. März, also einen Tag vor dem geplanten Einchecken im Spital, rief meine Lebensgefährtin im Spital an. Und zu unser beider Überraschung sollte sie am Tag darauf wie vorgesehen im Spital einrücken. Wir hatten damit überhaupt nicht gerechnet!

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Ich hatte unabhängig von der Pandemie vorgehabt, mich nach der Herz-OP um meine Lebensgefährtin zu kümmern. Nach so einer schwerwiegenden Operation konnte ich sie unmöglich allein lassen! Wir haben an und für sich zwei eigene Wohnungen. Unter normalen Umständen hätte ich mich einige Wochen um sie gekümmert. Nun war ich in der Wohnung und stellte mich darauf ein, einige Zeit dort alleine zu verbringen. Ich würde auf ihre Rückkunft warten und mich dann um sie kümmern.

Die Operation wurde zwei Mal verschoben und fand dann endlich vier Tage nach dem Einrücken im Spital statt. Die Verschiebungen haben an meinem Nervenkostüm gezehrt. Und meine Lebensgefährtin und ich ahnten nicht, dass ihr Spitalsaufenthalt fast fünf Wochen dauern würde. Fünf Wochen, wo ich sie nicht besuchen durfte. Fünf Wochen, die von einigen Rückschlägen gekennzeichnet waren. Und als Hintergrundgeräusch die Pandemie und die Frage, wie ich damit umgehen sollte. Nachdem eine Therapeutin gemeint hatte, es wäre besser, wenn ich nicht rausginge, habe ich mich daran gehalten. Fast drei Wochen lang. Essen habe ich mir zustellen lassen. Ich rotierte in der Wohnung. Außer der Morgengymnastik und ruhelosem Herumgehen in der Wohnung konnte ich nicht viel machen. An und für sich lese ich viel. Das war unter diesen Umständen aber auch nicht möglich. Knapp zwei Wochen nach der Operation gab es erstmals die Information, dass sie in Bälde entlassen werden sollte. Doch daraus wurde nichts. Und es war gut so! Denn der Zustand meiner Lebensgefährtin verschlechterte sich. Starker Husten und Fieber. Und es kam dazu, dass sie auf Corona getestet wurde. Ein Tag Hoffen und Bangen. Ein Arzt beruhigte. Er sagte, dass er nicht von Corona ausginge. Und er behielt Gott sei Dank recht. Aber es dauerte einige Zeit, bis sie sich wieder etwas besser fühlte. Und dann gab es ein Hin und Her. Ständig andere Ärzte bei der Visite. Und es war ein Riesenglück, dass sich schließlich, nachdem ihn meine Lebensgefährtin zufällig angesprochen hatte; also ohne zu wissen, dass er der Leiter der Abteilung war; der Primar persönlich die Sache in die Hand nahm. Es war vorher ein weiteres Mal eine Verlängerung des Spitalsaufenthalts beschlossen worden. Und das passierte deswegen, weil jeder Arzt bei der Visite eigene Vorstellungen vom Gesundheitszustand meiner Lebensgefährtin hatte. Dann war es nach knapp fünf Wochen endlich soweit, dass sie nach Hause zurück kehren konnte.

Die größte Erschütterung für mich war es, als ich von ihr erfuhr, dass sie über Ostern im Spital bleiben müsse. Wir hatten beide gehofft, Ostern gemeinsam verbringen zu können. Zu diesem Zeitpunkt war ich knapp drei Wochen in freiwilliger Quarantäne. Und dann erlebte ich fast einen Nervenzusammenbruch. Die einzige Chance, nicht völlig zusammen zu brechen, war für mich, nach draußen zu gehen, einen Spaziergang zu machen. Und genau das machte ich. Am späten Vormittag machte ich mich auf den Weg, und es war eine unglaubliche Befreiung für mich. Es war schönes Wetter, und ich genoss die zwei Stunden des Spaziergangs. Und heute weiß ich, dass der Entschluß, die Quarantäne zu beenden, für mich lebensnotwendig war. Sonst hätte ich psychische Schäden erleiden können und nicht das tun, was ich mir ja vorgenommen hatte: Mich nach der Rückkehr meiner Lebensgefährtin aus dem Spital mich um sie zu kümmern! Das geht nur, wenn ich selbst halbwegs stabil bin! Ich bin grundsätzlich ein vorsichtiger Mensch und habe sehr aufgepasst, Abstand zu halten. Und mir auch Desinfektionsmittel für unterwegs in einem Fläschchen mitgenommen.

Die Herz-OP musste unter schwierigen äußeren Umständen stattfinden. Es war einige Tage nicht sicher, ob sie nicht doch noch auf unbestimmte Zeit verschoben werden würde. Umso wichtiger war es, dass sie dann doch stattgefunden hat. Die Herz-OP war erfolgreich und das war die Hauptsache. Vor lauter Sorge um meine Lebensgefährtin waren insbesondere die ersten vier Wochen nach der OP so für mich, dass ich die Pandemie nur am Rande wahrnahm. Ich habe fast jeden Tag mit meinem besten Freund telefoniert. Das war extrem wichtig.

Jetzt kann ich mich um sie kümmern und das ist eine große Erleichterung. Und wir versuchen beide, die Pandemie nicht in den Fokus zu stellen. Im Grunde machen wir das automatisch. Denn es geht darum, dass sie wieder gesund wird. Sie trägt noch knapp drei Wochen einen Brustpanzer. Und sie gehört natürlich zur Risikogruppe. Selbst bin ich seit etwas mehr als einem Jahr arbeitslos und habe somit während der Pandemie dahingehend „nichts verloren“. Wichtig ist, dass ich mich um sie kümmern kann. Es wäre relativ leicht gewesen, einen Job zu ergattern, aber das ist in dieser Zeit irrelevant. Wie es nach der Pandemie sein wird weiß ich nicht.

Ein Virologe ist im Rahmen eines Interviews gefragt worden, ob er denn glaube, dass nach Corona alles so sein würde wie vorher? Und er hat eine bemerkenswerte Antwort gegeben: „Ja, das befürchte ich.“ Und damit sprach er das aus, was ich mir auch denke. Es wird genau so weiter gehen wie es vorher aufgehört hatte. Die meisten Menschen sehnen sich nach dem „status quo“. Damit sind sie zufrieden und mehr wollen sie auch nicht. Es wäre toll, wenn die Gesellschaft nach Corona eine andere, eine bessere wäre, als vor Beginn der Pandemie. Aber irgendwie fehlt mir der Glaube daran. Dabei gäbe es keinen besseren Zeitpunkt als JETZT, Änderungen zu bestreiten. Es ist nunmehr oft von „systemrelevanten Berufen“ die Rede. Gerade diese Berufe sollten über Corona hinaus jene Anerkennung bekommen, die sie sich verdienen. Das muss sich auch finanziell auswirken. Und zwar nicht nur mit ein paar Euro mehr pro Monat. Und ebenso im Sinne einer gesellschaftlichen Aufwertung dieser so wichtigen Tätigkeiten. Das Kümmern ist so wichtig! Sich um alte, kranke, und überhaupt Menschen zu kümmern, die keine Lobby haben. Ich würde gerne als Alltagsbegleiter arbeiten. Wie gerade jetzt erkennbar ist, brauchen alte Menschen soziale Kontakte. Sie brauchen Zuwendung, und Menschen, die ihnen zuhören. Die Pflege ist wichtig und ein Menschenrecht. Die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte aber genau so! Und es ist traurig, mir vorzustellen, dass in diesem Bereich wohl auch nach Corona nichts Gravierendes passieren wird. Ich werde versuchen, diesbezüglich aktiv zu werden. Aber werde ich damit erfolgreich sein?
Eine sorgende Gesellschaft könnte etabliert werden. Eine Gesellschaft, wo jeder Mensch gleich viel wert ist, und nicht nur nach ökonomischer Brauchbarkeit geschaut wird. Wir alle sind Menschen und brauchen einander. Wann, wenn nicht in dieser schwierigen Zeit, kann das klarer erkennbar sein? Als Gesellschaft sollten wir aus der Krise etwas lernen können. Nämlich, dass wir einander brauchen. Wie schon Martin Buber sagte: „Der Mensch wird am Du zum Ich“. Ohne Du hat das Leben keinen Sinn.  Statt Selbstoptimierung SOLIDARITÄT; das wäre doch etwas, wenn die Gesellschaft in diese Richtung gehen könnte!
Abschließend kann ich nur wiederholen, dass ich an eine große gesellschaftliche Änderung nicht glaube. Und muss zugestehen, dass ich mich in diesem Punkt sehr, sehr gerne täuschen würde!

a4810

Erfahrungen & Gedanken aus einem Krankenhaus

Als Leiterin und Hauptverantwortliche der Großküche im Krankenhaus möchte ich einige meiner Erfahrungen in der Corona-Zeit folgendermaßen beschreiben:

1. Schlüsselerfahrungen
Eine beeindruckende Erfahrung war und ist, dass mein Team in außerordentlichen Situationen zu außerordentlichen Leistungen bereit und fähig ist: sowohl, was die Diensteinteilung betrifft, als auch die Flexibilität und die Disziplin.

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Eine weitere Erfahrung war die Herausforderung, binnen kürzester Zeit die gesamte Organisation der Speisenverteilung an Patienten und Personal total umzustellen. Ebenso war es notwendig, einen Notfallplan und Notfall-Speiseplan zu erstellen, der bei meinem (möglichen) Ausfall und beim gleichzeitigen (möglichen) Ausfall meiner Vertreterin einen verlässlichen Küchenbetrieb garantiert, d. h. es war notwendig, alle Mitarbeiter einzubeziehen und für alle Bereiche eine geeignete Vertretung auszuwählen und einzuschulen.

Im Rückblick darf ich dankbar feststellen, dass ich selbst – trotz sehr großer Verantwortung – zu keiner Zeit Ängste oder große Sorge hatte, dass die Situation nicht zu bewältigen sei. Ich bin jeden Tag zuversichtlich und positiv an die Aufgaben herangegangen.

2. Was mich berührt oder erschüttert hat
Es hat mich sehr berührt, dass im Krankenhaus plötzlich von einem Tag auf den anderen alles anders war und alle Kräfte: Personal, Intensivstation, Patientenbetten für den Tag X bereitgehalten wurde. Das habe ich, und auch alle anderen, noch nie erlebt.

Erschüttert hat mich die Reaktion von zwei Mitarbeiterinnen: einerseits die große Angst selbst am Coronavirus krank zu werden, und andererseits die ebenso große Angst, auf Grund der Umstände die Arbeit zu verlieren. Indem ich auf ihre Ängste eingegangen bin, mit ihnen die Situation besprochen und sie ernst genommen habe, konnte sich ihr Befinden bald verbessern, insbesondere die unbegründete Angst auf Verlust des Arbeitsplatzes konnte rasch behoben werden.

3. Was wir als Gesellschaft nach der Corona-Zeit bewahren sollen
Wichtig ist und bleibt, dass der Staat Menschen in Not finanziell und materiell hilft.

Die Gesellschaft soll darauf achten, dass die Würde, die Ehrfurcht und der Respekt von jedem Menschen VOR materiellen und wirtschaftlichen Interessen steht.

Jene Berufsgruppen, die jetzt als „systemerhaltend“ bedankt und gelobt werde, müssen auch in Zukunft mehr Ansehen und angemessene Entlohnung erhalten.

Sr. Martina Jawor SDS

a4811

Voneinander und als Gesellschaft lernen – Trauerbegleitung JETZT!

Auch in Zeiten von COVID 19 arbeiten wir in der Kontaktstelle Trauer der Caritas weiterhin in der Begleitung von trauernden Menschen, jetzt aber nicht in unseren Räumen am Stephansplatz, im Stadtzentrum Wiens, sondern wir sind von zu Hause aus für die Menschen da.

Vor ein paar Wochen noch konnten wir uns ihm Team nicht vorstellen mit trauernden Menschen nur über Telefon oder über PC in Kontakt zu sein und doch ist es jetzt ein wertvolles Medium.

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Wie ein trauernder Mann nach einer online Trauergruppe gesagt hat: „Es ist so schön, euch zumindest in dieser Form wieder zu sehen und mich mit euch in dieser schweren Zeit austauschen zu können, aber ich freue mich noch mehr, wenn wir uns real wiedersehen, also auf Dauer möchte ich es nicht so haben“.

Berührend ist vor allem, wie sich die trauernden Menschen gegenseitig stärken und auch Mut machen. Das sehen wir ja immer wieder in unseren „realen“ Trauergruppen, aber jetzt fällt es besonders stark auf.

Diese Krise, vor allem die Isolation, setzt vielen trauernden Menschen besonders zu. Hier wieder in Kontakt mit jemanden zu sein, der ein ähnliches Schicksal erlebt hat, ist sehr wertvoll.

Die virtuellen Trauergruppen sind etwas kleiner von der Anzahl der Teilnehmenden, daher ist ein sehr intensiver Austausch möglich und so erleben wir besonders berührende Gespräche.

Als Begleiterin ist es nicht immer einfach, vor allem, wenn es sehr tiefgehende Momente sind, diese Menschen nicht „real“ zu sehen. Immer wieder kommt das Gefühl, die Gruppe nicht so „halten zu können“, wie uns das wichtig ist. Auch das Aushalten von Stille, stellt übers Telefon oder auch online jetzt eine größere Herausforderung dar. Das gemeinsame Schweigen kommt in der Trauerbegleitung vor Ort - von Person zu Person – häufig vor. Bei der telefonischen Trauerbegleitung sehe ich mein Gegenüber nicht, da wird es schwieriger ein Schweigen einzuordnen.

Die Digitalisierung ermöglicht uns jetzt diese Form der Trauerbegleitung, die für viele sehr unterstützend ist, sie kann aber niemals diesen menschlichen, realen Kontakt ganz ersetzen.

Kathrin Unterhofer

a4812

Vier Wochen Berlin

Weil wir bis zu den Sommerferien alle Seminare absagen mussten oder in den digitalen Raum verlegt haben, kann ich im Mai vier Wochen „Pflegeurlaub“ für meine Eltern nehmen. Ich fahre nach Berlin, um meinen Vater bei der Betreuung meiner demenzkranken Mutter zu unterstützen. Ohne Krise wäre das im Frühjahr sonst undenkbar, denn gerade der Mai gehört im Bildungsbereich zu den Spitzenzeiten.

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Ohne Krise wäre mein Vater aber auch nicht so bedürftig. Er ginge wöchentlich in die Chorprobe und könnte sich ab und zu mit ehemaligen Kollegen treffen. Zwei, drei Mal pro Woche würde ein Besuch in der Pizzeria oder im China-Restaurant meine Eltern von der täglichen Frage „Was kochen wir heute?“ entlasten. Der Sonntagabendgottesdienst in der Jesuitenkirche würde ins Wort bringen, was derzeit in der Luft liegt – kirchlich, gesellschaftlich, menschlich – und es mit Gottes Wort zusammenbringen. Tröstend wirkte die Stille und die Musik, die Verbundenheit mit den anderen Katholiken in der säkularen Großstadt.

In der Krise fahre ich am 2. Mai mit dem Zug nach Berlin und werde einfach dasein. Ich werde täglich gemeinsam mit meiner Mutter kochen und versuchen, sie nicht zu beschämen, wenn ihr wieder einmal etwas anbrennt oder sie das Rezept nicht mehr weiß. Ich werde lange Abende mit meinem Vater einfach im Wohnzimmer sitzen und zuhören, was er zu erzählen hat, von seinem neuen Alltag mit der Mama, über seine eigenen gesundheitlichen Sorgen, über Erinnerungen an früher und dass es kaum mehr jemanden gibt, mit dem er reden kann. Und dann werde ich immer mal wieder versuchen, mit ihm auch über mögliche Hilfestellungen zu sprechen. Denn meine vier Wochen in Berlin sind vermutlich auch wieder schnell vorbei…  

Ruth Pucher MC

a4813

ACHTSAMER 8. Nachbarschaftshilfe in der Josefstadt

Eine alte Dame mit Vergesslichkeit geht zweimal am Tag außer Haus: nachmittags zum Spazieren, vormittags, immer zur gleichen Zeit, zum Einkaufen. Ihre besorgte Nichte hat vergeblich schon alles Mögliche versucht, um sie vom Einkaufen abzuhalten – Nachrichten an der Wohnungstüre, tägliche Anrufe, Wocheneinkäufe… Das Einkaufen ist ein Jahrzehnte altes Ritual.

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Im ACHTSAMEN 8. findet sich eine Nachbarin, die nun täglich rechtzeitig mit den benötigten Lebensmitteln vor der Türe steht. Mit Erfolg: Nicht nur, dass die alte Dame nun nicht mehr auf Einkaufstour geht, sie empfängt die Freiwillige aus der Josefstadt stets freudig an der Türe, was auch diese als Geschenk empfindet. So plaudern sie lächelnd und in sicherer Distanz jeden Tag einige Zeit miteinander. Und der Nichte am anderen Ende der Stadt erzählt die alte Dame oft am Telefon von der netten, verlässlichen Nachbarin.

Daniela Martos

a4814

PLÄNE SCHMIEDEN EINER PFLEGEPERSON

Jetzt geht mir das Umarmen und Umarmt-Werden aber echt schon ein bisschen ab!
Daher habe ich einen perfiden Plan entwickelt:
Am Montag werde ich mich - wie vorgeschrieben - in der Schutzkleidung verstecken und eine Kollegin oder einen Kollegen, der das gleiche grade gemacht hat, umarmen! - NULL ANSTECKUNGSGEFAHR!
Egal, wer's ist, der mir dann gelegen kommt … Wir halten jetzt sowieso alle noch mehr zusammen als sonst!

Renate Pühringer

a4815

BLUMEN …

… nehmen viele Besucher*innen ins Krankenhaus mit, wenn sie jemanden dort besuchen.
Derzeit stehen in den Patient*innenzimmern keine Blumen. Weil es an den Krankenhäusern Besuchsverbot gibt.
Wir bekommen jetzt viele Anrufe von Angehörigen, die sich nach ihren Lieben erkundigen.
Ich habe immer das Gefühl, dass sich auf das Gespräch vorbereitet wurde. Wann rufe ich am besten an? Was möchte ich fragen?

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Und wir versuchen umfassend (und unter Beachtung des Datenschutzes) zu informieren und die Situation des Patienten/der Patientin möglichst plastisch darzustellen.
Bis hierhin: Sachlichkeit.
Und dann kommt das Ende des Gespräch.

>>> Schwester, bekommt mein Vater das mit, wenn Sie ihm ausrichten, dass ich angerufen habe?
Ja, denn ich warte, bis der beste Zeitpunkt ist, um dem schwer kranken Vater zu sagen, dass die Tochter angerufen hat. Und wenn ich denke, er hat das noch nicht erfasst, dann sage ich es ihm später noch mal.

>>> Schwester, vergessen Sie eh nicht, dass Sie meiner Mutter ausrichten, dass ich ihr liebe Grüße schicke?
Nein, ich vergesse niemals, Grüße auszurichten. Wenn möglich tue ich das sofort. Und wenn aber grade keine Zeit ist, dann notiere ich mir das und hole das ganz sicher später nach.

>>> Schwester, können Sie ihm bitte sagen, dass wir alle, die gesamte Familie, in Gedanken IMMER an seiner Seite sind ...!?
Ja, das sage ich ihm. Und spätestens dann habe ich Tränen in den Augen und denke daran, wie schwer es für die Familien ist, ihre Angehörigen nicht besuchen zu können.

Und dann bin ich beim Patienten/der Patientin und versuche das Gefühl, welches mir am Telefon übermittelt wurde, bestmöglich zu transportieren. Liebevolle Grüße. Lustige, aufmunternde Botschaften. Stille Verbundenheit. Und dann kommt es oft auch wieder dazu, dass mir Tränen in die Augen steigen, wenn ich die Reaktionen der uns anvertrauten Menschen sehe ...
Ich versichere Euch, wir sorgen gut für Eure Menschen im Krankenhaus! Gerade jetzt.

Renate Pühringer

a4816

PFLEGEKRAFT. PFLEGE. KRAFT.

In meinem Krankenhaus hat die Führungscrew in den letzten Wochen unzählige Umstrukturierungs-Maßnahmen vorgenommen, um für den zu erwartenden Anstieg der Covid19-Patient*innen gerüstet zu sein. Alle Maßnahmen wurden in engster Kooperation mit allen Krankenhäusern Oberösterreichs gesetzt.

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Im Haus wurden in allen Stabstellen, Betrieben, Netzwerken, Abteilungen sämtliche Abläufe und Prozesse bis ins kleinste Detail durchleuchtet, geändert, immer wieder adaptiert, sodass wir nun genau wissen, wie wir zu arbeiten haben, um im Haus Infektionen mit SarsCoV-2 zu vermeiden. Wir schützen die Patient*innen und uns vor einer Übertragung des Corona-Virus.
Wir sind gerüstet.
Wir wissen, es wird heftig.
Wir halten zusammen. Mehr, als jemals zuvor.
Es ist nicht mehr die Ruhe vor dem Sturm.
Es kommt bereits Wind auf.
Die Wolken am Horizont kommen näher.
Es wird eine traurige Zeit für uns alle in Österreich werden.
Helfen wir zusammen, dass wir kein kollektives, nationales Trauma erleben.

Renate Pühringer

a4817

VERSTÄNDNIS

Liebe Menschen, die hier mitlesen!
Gerade war das in einer Diskussion Thema:
Dass manche ältere Menschen trotz Ausgangsbeschränkungen rausgehen, viel zu dicht aufrücken, z. B. bei der Kassa, sich unvernünftig verhalten - während die ganze sonstige Nation ihr Leben umkrempelt, um genau diese Menschen zu schützen.

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Ich verstehe es total, dass manche sich über dieses unvernünftige Verhalten ärgern.
Aus meiner Zeit in der Altenpflege weiß ich, dass es manchmal keinen Sinn macht, mit alten Menschen zu diskutieren. Genau so, wie manche junge Menschen sich unvernünftig verhalten, so gibt es das bei alten Menschen eben auch. Wenn auch vielleicht aus ein wenig anderen Motiven. Alte Menschen sind oft sehr in ihren Gewohnheiten gefangen. Und sie sind oft sehr einsam und viel alleine - auch schon vor den Ausgangsbeschränkungen. Die wollen einfach raus und unter die Leute.
Diese alten Menschen KÖNNEN teilweise ihre Gewohnheiten nicht mehr ändern oder können auch die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen der Regierung nicht mehr richtig einordnen.
Umso wichtiger ist es dann, dass wir vernünftig agieren.
Und cool bleiben.

Renate Pühringer

 

a4818

Der geniale Schoko-Muffin

Auf der Schlaganfall-Einheit.
In Zeiten von Corona.

Kürzlich ging es auf der Stroke Unit wieder hoch her. Einige neue Patient*innen wurden aufgenommen. Allesamt sehr alt, sehr schwer akut krank, nicht in der Lage zu sprechen, teilweise desorientiert.
Nur ein Patient sticht heraus. Jung, orientiert, nach einem kleinen cerebralen Ereignis wieder völlig fit. Und nierentransplantiert.

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Das Krankenhaus ist gerade jetzt für diesen Menschen ein Ort, an dem er nicht sein sollte. Die Medikamente, die er wegen der fremden Niere in seinem Körper einnehmen muss, setzen seinem Immunsystem zu und machen ihn empfänglicher für Infektionen aller Art.
Aber die Untersuchungen, die nötig sind um herauszufinden, warum er einen kleinen Schlaganfall hatte, müssen durchgezogen werden. So ist er an zwei meiner Dienst-Tage in der Stroke Unit mein Patient.

Am zweiten Tag meines Dienstes habe ich für die Kolleg*innen Schoko-Muffins mitgebracht. Weil das nicht nur in Zeiten von Corona und erhöhtem Arbeitsaufkommen und mehr Stress als sonst gut ist, mal kurz gemeinsam einen Kaffee zu trinken und gemeinsam was Süßes zu naschen.
Und weil der eine junge Patient in der Stroke Unit keinen Besuch erhalten darf. Und weil die Cafeteria im Krankenhaus wegen der notwendigen Überwachung der Vitalfuktionen für den Patienten "unerreichbar" ist. Und weil er den Stress und die Hektik auf der Stroke Unit so mitbekommt. Und weil er sich mit den anderen, so schwer beeinträchtigten Patient*innen nicht unterhalten kann. Und weil das alles wirklich nicht leicht ist, für ihn ...
… bekommt er von mir einen Schoko-Muffin.

Ich behaupte jetzt mal, der Schoko-Muffin bleibt ihm lange in Erinnerung. Nicht, weil der einen genialen, weichen Schoko-Kern hatte. Sondern weil der Schoko-Muffin so was "Normales" in einem so extremen Umfeld war.

Renate Pühringer

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Gedanken zur sorgenden Gesellschaft

Liebe Freundinnen und Freunde aus dem Kardinal König Haus,
danke Euch für diese Initiative. Ganz spontan:

1. Meine Schlüsselerfahrungen in meinem Bereich sind die Unzahl an Menschen, die sofort bereit waren, etwas zu tun, auf die zu schauen, denen es schon vorher nicht gut gegangen ist. Es ging förmlich eine begeisterte Adrenalinwelle durch die Projekte. Lebensmittelausgabestellen wurden geschlossen und unter den neuen Bedingungen wieder eröffnet. Neue Freiwillige haben sich bereiterklärt, jene zu ersetzen, die nicht mehr helfen durften, da sie einer Risikogruppe angehören. Wärmestuben haben im Freien neuen Formen menschlicher Zuwendung kultiviert.

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2. Berührt haben mich die Selbstverständlichkeit, die Vielzahl an Engagierten, die Begeisterung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die unglaublich vielen neuen Ideen, der Wille etwas für andere zu tun, der soziale Zusammenhalt, der Humor, der bei allem da war und auch, dass es nicht einen Moment gab, in dem ich mir Sorgen um ein solidarisches Auseinanderbrechen unserer Gesellschaft machen musste. Erschüttert – ja, leider hat es auch das gegeben – hat mich die politische Entsolidarisierung im größeren Rahmen. Warum konnten wir Italien gegenüber nicht zumindest ein kleines Zeichen der Solidarität senden und wenigstens ein paar Kranke aufnehmen? Warum müssen die Länder immer gegeneinander ausgespielt werden? Warum müssen Politiker laufend betonen, wie viel besser sind als „die“ Italiener, Engländer, Schweden?

3. Wir brauche eine laute, breit getragene Diskussion um die Bedeutung der eigentlich systemrelevanten, gesellschaftserhaltenden Tätigkeiten. Wir brauchen ein Bewusstsein für den gewaltigen Wert, den die Rumänische Pflegerin, die Türkische Kassiererin, die Slowakische Krankenschwester, die Lehrerin in unsere Gesellschaft einbringt. Wir brauchen ein ehrliches Danke der Politik an diese (vor allem) Frauen, die schlecht bezahlt ihre Arbeit leisten; dieses Danke muss sich auch finanziell ausdrücken. Wir brauchen eine Entschuldigung jener Politiker, die diesen Frauen systematisch Sozialschmarotzerei unterstellt und ihnen etwa die Familienbeihilfe gekürzt haben. Wir brauchen ein gesellschaftliches Bewusstsein für den gegenüber Spitzenverdienern ungleich höheren social Return der Mitarbeiterinnen der sorgenden Gesellschaft.

Rainald Tippow

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Abschied vom würdevollen Abschied? oder: Sicherheit über alles...

Meine Nachbarin berichtet. Ihre Tochter brach sich bei einer Kollision mit dem häuslichen Türstock die Zehe. Als sie vor der Corona bedingten Sicherheits-Eingangsschleuse vor dem Krankenhaus stehen, erleben sie einen Moment der Erleichterung und einen Moment der berührten Bedrücktheit. Erleichterung, da sie ihre Tochter begleiten dürfen. Sie ist noch nicht 14 Jahre alt.

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Wäre sie ein paar Monate älter gewesen, müssten die Eltern zusehen, wie sie von den in „Plastik gehüllten“, wegen der Gesichtsmasken Antlitz losen KH-Mitarbeiter*innen ins Innere des abgeschotteten Krankenhauses geleitet wird. Bedrücktheit und mitfühlende Traurigkeit bewegt die Familie, als sie 3 weinende und verzweifelte Frauen neben sich wahrnehmen. Der Vater der Familie ist gerade im Krankenhaus verstorben. Aus Corona-Sicherheitsgründen dürfen sie nicht gemeinsam reingehen, um Abschied zu nehmen. Wie viele Menschen sterben momentan einsam, Sicherheits isoliert, ohne körperlichen Kontakt ohne in ein menschliches Gesicht – ohne Maske - sehen zu können, auf Krankenhausstationen oder in abgeriegelten Pflegeheimen? Wie viele Menschen können nun von ihren Liebsten nicht Abschied nehmen am Ende des Lebens, für sie da sein, als Mensch, in Kontakt und mit Berührung? Legitimiert das Sicherheits- und Risikominimierungsverhalten die gesamtgesellschaftliche Verabschiedung von einem würdevollen Abschied Sterbender?

Sind Sicherheit und Würde hier einander ausschließend? Auf wieviel Menschlichkeit, soziale Beziehung und Berührung sind wir bereit zu verzichten, um die (scheinbar) totale Sicherheit zu erreichen, das Virus „in den Griff“ zu kriegen, es kriegerisch zu bekämpfen - rein rechnerisch – kontrollieren zu können? Ich habe keine Antworten auf diese Fragen, aber ich habe kein gutes Gefühl, wenn wir uns als Menschen und als Gesellschaft ausschließlich Richtung Sicherheit und Kontrolle bewegen, und der „gute Umgang“ mit Corona ausschließlich von den Virologen, Epidemiologen, Mathematikern und Statistikern definiert wird. Wo sind die anderen Stimmen und Wahrnehmungen des Lebens  …??

Klaus Wegleitner

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Vom Lachen zum Weinen in vier Wochen

Die ersten vier Corona-Wochen haben mir erst besondere Nähe, dann Ärger und schließlich Grenzen erleben lassen.
Meine Freundin (75) betreute zu Hause seit längerem ihren fortgeschritten demenzerkrankten Partner (89).
Vor Corona war unser Kontakt eher lose, manchmal mit Treffen, unregelmäßigen Telefonaten und kleinen Whatsapp-Nachrichten.

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Zu Beginn der Distanz-Zeit hörte ich von ihr, dass sie alle (ohnehin spärlichen) Hilfsdienste, auch die ehrenamtlichen, stornierte, um das Ansteckungsrisiko zu senken. Die ohnehin sehr kleine Familie war weit weg, Nachbarn in die Landhäuser „geflohen.“
Also vereinbarten wird, dass ich sie täglich anrufe, um ihr einen Witz zu erzählen. Viele Tage brachte uns das beiden fröhliche, unbeschwerte Momente. Natürlich war auch Platz für ihre Erzählungen über die schwierige Betreuung, das Eingesperrtsein („dank“ Allergie konnte sie nicht mal den Balkon benutzen). Ich versuchte sie zu ermutigen, doch die Angehörigenberatung anzurufen.

Hier war die Schwelle, unbekannte Personen zu kontaktieren, aber höher als die vermutete Entlastung. Leider.
Schließlich zeigte sich eine rasche Verschlechterung im Gesundheitszustand des Partners. Er hörte auf zu sprechen, begann zu wandern und setze sich auch mal auf den Boden, um nicht mehr freiwillig aufzustehen. Die Rettung musste ihn schließlich ins Bett bringen. Als es auch mit dem Essen schwierig wurde, schlug ich palliative Begleitung vor. Ein Palliativmediziner kam, zog aber relativ unverrichteter Dinge wieder ab. Immerhin war somit klar: Es würde sich nur noch um Wochen, eher Tage handeln. Immerhin wurde die Heimhilfe wieder aktiviert, sie kam 2x täglich, allerdings nur für Haushaltshilfe. Und natürlich zur psychischen Entlastung. Ich versuchte, ein mobiles Hospizteam zu arrangieren. Irgendwie scheiterte das, es war nicht so recht festzumachen, wer hier welche Schritte hätte setzen müssen.

Mir war zu diesem Zeitpunkt vor allem wichtig, dass meine Freundin, die noch im Trauerprozess für ihre Mutter steckte, begleitet wurde, wenn auch nur am Telefon. Kompetente Ansprechpersonen für die Vorbereitung auf den Abschied hätte ich mir für sie sehr gewünscht.
Ich fühlte mich relativ hilflos, die Art unserer Beziehung ließ es nicht zu, die wirklich letzten Dinge zu besprechen, mir gegenüber musste sie die Starke bleiben. Schließlich hörte der Partner auf zu trinken. Der Karfreitag in Corona-Zeiten war vermutlich einer der historisch ungünstigsten Momente für diese Etappe. Der Palliativmediziner meinte, an diesem Tag wäre nichts zu arrangieren, er könnte am Dienstag kommen, so bis dahin nicht schon der Tod eingetreten sei. Mein Ärger und mein Frust, ihn als Stütze in dieser Zeit empfohlen zu haben, war ziemlich massiv. Immer noch gab es keinen Pflegedienst, die zuständige Stelle im Land meldete sich erst nach 24 Stunden. Dann allerdings war rasch Pflege im Haus – aber noch immer keine Palliativdienste. Am Ostermontag verstarb der Partner schließlich, es war möglich, dass er bis zuletzt Zuhause bleiben konnte. Während ich noch überlegte, ob ich die Isolation durchbrechen und meine Freundin in den Arm schließen sollte (das war eigentlich eh gar keine wirkliche Frage), kam ihre Schwester und nahm sie zu sich nach Hause. Bei aller Erleichterung zeigte sich dadurch doch auch, dass ich als Nicht-Familien-Mitglied in dieser Situation periphär blieb. Beten, Gesprächsangebote blieben mir noch.
Und der wirklich sehr große Frust darüber, dass es mir als Mitarbeiterin in einer Palliative Care-Abteilung in einem Bildungshaus trotz aller Kontakte, allen Wissens nicht gelungen ist, hospizliche Begleitung zu organisieren. Dass Experten, die ich hoch geschätzt hatte, sich als wenig hilfreich erwiesen sondern eher noch für Ärger sorgten.

Mein Fazit aus dem Prozess ist, dass man gar nie früh genug beginnen kann, das Ende durchzudenken. Dass Beratungsangebote nicht ankommen, wenn die Überlastung schon zu groß ist – weil das Reden als zu wenig erscheint („Das sind ja keine Ärzte, was können die mir schon sagen.“).
Dass es für Laien ein reines Lotteriespiel ist, wie sie begleitet werden. Dass auch wir mit unseren tollen Kontakten und unserem Wissen an ungünstigen Gemengelagen (Ostern, Freitag, Corona) kläglich scheitern. Und dass in extremis die Familie unschlagbar bleibt. Und dass „Zu Hause bis zuletzt“ ein unvorstellbar großer Auftrag ist, den man sich selbst und seinem Partner nur mit allergrößter Vorsicht versprechen sollte.

Petra Rösler

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Wir dürfen...

uns in einer nicht vorhersehbaren Situation wiederfinden. So wie Menschen die plötzlich eine Diagnose erhalten die sie vielleicht erahnt haben und nun bestätigt bekommen.

Wir dürfen uns mit Verlust, Isolation, Verunsicherung, mit uns selbst auseinnander setzen.

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Wir dürfen erleben wie es sich anfühlt wenn wir mit etwas konfrontiert sind, dass wir nicht in der Hand haben. Und uns auf das verlassen müssen, was uns andere vorschlagen und meinen, das es gut für uns ist.

Wir dürfen erfahren wie es sich anfühlt wenn wir nicht mehr so mobil sein können wie wir es gerne sein wollten.

Wie es ist, wenn wir Dinge hören die uns vielleicht überfordern weil wir nicht so ganz verstehen was, dass alles mit uns zu tun hat.

Wir dürfen wahrnehmen und spühren wie sich Ausgeliefert sein, Verzweiflung, Trauer, Wut, Ohnmacht, Ungewissheit, Rebellion und sich in die Situation ergeben anfühlen.

Wir dürfen erleben wie es sich anspührt sich in einem Wechselbad der Gefühle zu befinden, ausgelöst durch unterschiedliche Meinungen, Berichten von anderen, denen es besser oder schlechter geht als uns.

Wir dürfen erleben wie es ist, etwas nicht machen zu können auf das wir uns gefreut haben. Wie es ist wenn Menschen plötzlich Abstand zu uns halten und ausweichen.

Wir dürfen erfahren wie wichtig uns persöhnlicher Kontakt ist und das Telefonate, Skyp oder was auch immer diesen nicht ersetzen kann.

Wir dürfen aber auch lernen, das wir durch all diese Einschränkungen innerlich wachsen, dass Veränderung immer ist, wir uns selbst näher kommen, wir bei all der Verunsicherung Spezialisten für uns selbst sind.

Wir lernen was uns gut tut und was wir getrost auslassen können.

Und wir lernen was trotzdem und gerade deshalb geht.

Gabriele Skol

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Wir üben also weltweit den sozialen Rückzug und sind aufgefordert...

das Haus oder die Wohnung nur mehr für das Einkaufen, jemanden zu helfen oder sich die Beine zu vertreten zu verlassen.
Für meinen Mann und mich ist nicht viel anders als sonst.
Mein Mann ist Rollstuhlnutzer seitdem ich ihn kenne. Als Paar zusammen sind wir seit 12 Jahren und verheiratet seit 3 Jahren. Er befindet sich in Pflegestufe 7 und ist auf Unterstützung in allen Lebenssituationen angewiesen. Kommunikation ist wenig möglich und beschränkt sich weitgehend auf Fragen meinerseits und Ja und Nein seinerseits.

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An Wocheneden sind Besuche oder Unternehmungen mit Freunden oder Familie nicht an der Tagesordnung. Die Menschen die ich früher als meine Freunde bezeichnet hatte haben sich zurückgezogen und Menschen die neu in unser Leben treten wagen es erst gar nicht sich einzulassen.

Wer setzt sich schon gerne mit seinem Unvermögen, mit seiner Hilflosigkeit, mit seinen Schwächen, mit seiner Bedürftigkeit auseinander. All das sind Themen die, wenn man meinem Mann begegnet auftauchen.
Wer ist bereit sein Ego aufgeben, verzichten, immer da sein, sich ausschließlich auf einen Menschen zu konzentrieren, nicht machen können was man will. All das taucht auf, wenn man mir als pflegende Angehörigen begegnet.
Wie soll Partnerschaft gehen, wenn ein Teil davon scheinbar sehr bedürftig ist? Was kann ein so bedürftiger Partner zu einer Partnerschaft beitragen. Rollenbilder, Stellenwert und Gesellschaftsdruck, all das taucht auf, wenn man uns als Paar begegnet.

Gleiches gilt bei Konzert-, Kino.- oder Theaterbesuche für uns.
So üben wir den sozialen Rückzug seit 13 Jahren ob mit oder ohne Corona.
Wir sind mit uns, so wie jetzt auch! Eigentlich bin ich ruhiger als sonst, weil sich keine innere Stimme einschleicht, die mir zuflüstert, dieses oder jenes doch zu tun oder erleben zu müssen. Weil es eben nichts zu erleben gibt, außer zu Hause zu bleiben und sich selbst aushalten.

Manchmal ertappe ich mich, dass sich Unverständnis bei mir breit macht, wenn ich all die Berichte im Fernsehen höre oder in der Zeitung lese wo Menschen die Decke auf den Kopf fällt, weil sie es nicht mehr zu Hause aushalten und immer dieselben Menschen um sich haben. Dabei sind doch alle Wohnungen mit tollen Möbeln ausgestattet, die man sich selbst ausgesucht hat, ganz nach eigenem Geschmack und Vorstellungen.
Das gleiche gilt für den Partner oder die Partnerin. Die Kinder, die man so liebt, hält man da nicht mehr aus und muss raus und braucht Rückzug, Raum für sich und Freunde

Mein Mann besucht sonst eine Tagesstruktur in Wien, die vom FSW gefördert wird und ich arbeite für 19 in der Woche in einer basalen Tagestätte in einer anderen Organisation. Jetzt verbringen wir 24 Stunden miteinander und das seit nunmehr 6 Wochen. Ich gehe einmal die Woche einkaufen, Zwei Mal waren wir in dieser Zeit spazieren und, es ist gut.
Ich sitze neben dem Menschen, den ich liebe und von dem ich das Gefühl vermittelt bekomme, das auch ich geliebt werde. Mir ist es egal was sich da sonst noch rundherum abspielt. Was wichtig ist? Das zusammen sein! Egal wo, ob im Wohnzimmer oder am Krankenhausbett, auf der Terrasse oder am Strand, im Kino oder vor dem Fernseher. Was gilt ist die Zeit, die wir miteinander verbringen, denn die wird eine endliche sein. Wichtig ist, was wir daraus machen und das ist unsere Entscheidung und nicht abhängig von äußeren Umständen.
Wir dürfen uns durch die Maßnahmen der Regierung einmalmehr in Gelassenheit, Annehmen und Miteinander üben.
Am meisten übe ich, es mit mir selbst auszuhalten und mich besser und besser kennen zu lernen und zu mögen.
Mein Mann hat mir darin einen großen Vorsprung und ist mir einiges voraus. Übt er doch seit 32 Jahren die soziale Isolation und den Rückzug mit sich selbst.

Ich weine viel. Wegen allem möglichen schießen mir die Tränen ein. Ich bin berührt von vielem, dem Guten wie dem weniger Guten. Am meisten bin ich berührt wegen alltäglichen in meinem Umfeld.
Wenn ich über die kleine Brücke gehe, die über einen künstlich angelegten Teich, gleich in der Nähe ist und mein Blick auf das Wasser fällt.
Das wunderschön blühende Unkraut vor unserer Terrasse. Die Danksagungen in den Medien. Die vielen Toten auf der ganzen Welt, ….
Bei einem der kurzen Spaziergänge, hat mein Mann, der sonst nicht viel von sich aus spricht, plötzlich "Schön ist das!", gesagt. "Was?" habe ich gefragt. "ALLES!", war seine Antwort. Dann rinnen schon wieder die Tränen, denn Recht hat er. SCHÖN IST ES!
Schön ist es, wenn ich es schaffe in meiner Mitte zu bleiben um das was da ist wahrzunehmen. Schön ist es im Jetzt zu sein und all das, was sich sonst noch ereignet weg zu lassen.

Ich sehe diese Zeit als Klausur mit mir, um am Ende gestärkt, bewusster und liebevoller heraus zu gehen.
Ich habe in den letzten Tagen ein Buch von Ken WILBER gelesen. Darin beschreibt er das Leben mit seiner Frau, die an Krebs erkrankt und nach fünf Jahren stirbt. Beide sind sehr spirituell interessierte Menschen.
Er beschreibt darin das er erst dann gut mit der Situation zurechtgekommen ist, als er für sich begriffen hat das es drum geht mit Hingabe und aus vollem Herzen zu dienen. Dass es seine Entscheidung ist in der speziellen Situation zu sein.
Dies versuche ich einmal mehr und zu üben.
Ich übe das schon länger, manchmal vergesse ich darauf dann wird es auch oft ansträngend und ich hadere mit der Situation, in der ich gerade stecke. Wenn ich mich im Dienen übe dann wird und ist es ganz leicht und ich darf erleben das Dienen nicht klein macht.
Es hebt hoch, den anderen und in Folge auch mich.
Dies gilt es für mich zu Üben ob mit oder ohne Corona und egal in welcher Lebenssituation.

Ich verbringe den Alltag mit Haushalt, Fernsehen, Lesen, Häkeln und Stricken.
Führe im Allgemeinen ein sehr biederes Hausfrauenleben was in Zeiten außerhalb von Corona keinen großen Stellenwert hat und auch nichts Spezielles mit der Situation mit mir als pflegende Angehörige zu tun hat. Trotzdem freut es mich, dass diese Haltung eine Renaissance erfährt und das wertvolle darin erlebt werden darf.

Die Tage vergehen mir erstaunlicherweise schnell. Mittlerweile ist die gesamte Restwolle auf gestrickt und auf gehäkelt und ich habe mir schon überlegt wie ich zu neuer Wolle komme.
Und da, nach Ostern sperren die kleinen Geschäfte wieder auf und ich kann Nachschub besorgen.
Das Häkeln war ein Prozess! Erst wollte ich einen Poncho häkeln, nach mehr maligen Auftrennen ist es dann ein Teppich für die Küche geworden. Den Poncho habe ich dann inklusiven Pulswärmern erfolgreich gestrickt. Danach habe ich ein Coronaschultertuch gehäkelt und jetzt gibt es nicht einmal mehr Reste zu Hause. Auch hierbei musste ich mehrmals häkeln, auftrennen, häkeln, auftrennen, häkeln usw. und aus zwei eins machen, was wiederum auftrennen und häkeln bedeutet hat. Ich habe mich nicht einmal geärgert.
„Passt zur Zeit,“ habe ich mir gedacht, „aus bestehendem Neues machen, das wiederum überdenken und wieder anders und noch einmal von vorne beginnen um etwas zu finden mit dem man in dieser Situation zufrieden sein kann.“
Es liegt in meiner Verantwortung das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Denn jede Entscheidung für etwas ist gleichzeitig eine Entscheidung gegen vieles andere das Möglich währe.

Ich habe Glück in dieser Situation, wir sitzen gemeinsam in unserer Wohnung mit einer kleinen Terrasse und Gebüsch rundherum und können diese nutzen wie es gut für uns ist.
Oft denke ich an die, die nicht miteinander sein können. Die in einem Krankenhaus sind und seit Wochen keinen Besuch erhalten dürfen. An die, die ihre Angehörigen und Freunde nicht besuchen dürfen. Meinen Mann über Wochen nicht besuchen zu können ist für mich eine Situation, die ich mir nicht vorstellen kann.

Mein Leben ist nicht viel anders als das von so vielen in der gegenwärtigen Corona- Situation. Ich bin jetzt eine von Vielen. In den sozialen Rückzug zurückgeworfen auf mich und meinen Partner. Das Zusammenleben üben und annehmend.
Vielleicht ist sie doch anders, ich weiß das ich meine Zeit mit einem Menschen verbringe, der mich Sein lässt, so wie ich bin. Mit all meinen Unzulänglichkeiten fühle ich mich neben ihm angenommen und wert da zu sein.

Ich wünsche allen, dass sie solch eine unvoreingenommene Liebe erleben dürfen
und gestärkt aus der gegenwertigen Situation treten können.

Gabriele Skol

 
 
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Alle Informationen zur Aktion:

https://www.kardinal-koenig-haus.at/media/careundcorona_aufruf_160420_b.pdf
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Eine gemeinsame Aktion mit:  

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http://www.sorgenetz.at/
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In Kooperation mit:  

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http://www.hospiz-tirol.at
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http://www.hospizakademie-nuernberg.de
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http://www.styriavitalis.at
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http://lebensgeschichten.univie.ac.at
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https://www.hospiz-veronika.de/
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https://pastoraltheologie.uni-graz.at/de/
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https://www.gundeli-koordination.ch
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https://www.malteser.de/hospizarbeit
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https://www.katholische-akademie-berlin.de/